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Zum "Alternativen Nobelpreis" gab es Nazi-Geld:

 

Uri Avnery und der Antisemitismus
 
Ein "heimgekehrter" Emigrant

Als Star-Redner der Anti-Bush-Demonstration der deutschen Friedensbewegung am 21. Mai 2002 war der als "israelischer Friedensaktivist" bekannte Uri Avnery angekündigt. Er sollte als als "radikaler Kritiker israelischer Militäraktionen gegen die (!) Palästinenser" auftreten (Tagesspiegel, 8. 5. 02), nachdem Veranstalter der Demo schon im April gemeinsam mit Hizbollah- und Hamas-Aktivisten gegen Israel demonstrierten. Das Schlimmste hätte befürchtet werden können, denn im Jahr 2001 erhielten Avnery und seine Friedensorganisation "Gush Shalom" (Friedensblock) den sogenannten "Alternativen Nobelpreis", den "Right Livelihood Award" der privaten Stiftung des Jakob von Uexküll junior - einen Preis mit brauner Vergangenheit und Gegenwart.

Jakob von Uexküll junior hat die "Right Livelihood"-Stiftung 1980 mit einem Teil des Vermögens seiner baltischen Adelsfamilie gegründet, wie es damals hieß, mit dem Erlös aus dem Verkauf einer Briefmarkensammlung seines Großvaters Jakob von Uexküll senior. Die Stiftung ist Verleiherin des "Preises für richtige Lebensführung", wie die Ehrung auf deutsch heißt, die Uexküll ohne Zustimmung der Nobel-Komitees in der Öffentlichkeit gerne als "Alternativen Nobelpreis" ausgibt.

Das Familienvermögen hatte u.a. der 1944 gestorbene Jakob von Uexküll senior erwirtschaftet, zum Beispiel mit der Verbreitung nationalsozialistischer Literatur. Der vermeintliche Stammvater der Ökologiebewegung - er wurde posthum zum "Schöpfer des Umweltgedanken" ernannt - gehörte zum Zentrum der nationalsozialistischen Ideologiebildung und war mit Houston Stewart Chamberlain eng befreundet, dem Chefideologen der NSDAP, der mit seinem Bestseller-Buch "Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts" (1899 erstmals erschienen, bis 1945 Millionenauflage) dem "modernen" Antisemitismus in Deutschland und Österreich zum Durchbruch verhalf. Kurz nach dem Tod Chamberlains gab Uexküll senior als ideologischer Nachlaßverwalter des Nazi-Ideologen 1928 dessen Schriftfragmente "Natur und Leben" heraus, in denen die Grundprinzipien eines "ganzheitlichen", "organischen", "holistischen", "ökologischen" Denkens bereits ausgearbeitet waren: eine moderne Form biologistischer Philosophie und Gesellschaftslehre, wie man sie heute auch bei New Age-Ideologen findet. Sie hat den Antisemitismus zum Ausgangspunkt, und Chamberlain entwickelte sie im engen Gedankenaustausch mit Emma und Christian von Ehrenfels, zwei führenden österreichischen Antisemiten und "Holisten", wie Uexküll 1928 im Vorwort verriet. Uexküll benannte hier die kommende gesellschaftspolitische Aufgabe des Faschismus: "Auf den von Chamberlain errichteten Fundamenten weiter zu bauen".

Chamberlain war zu Beginn des 20. Jahrhunderts der führende "ganzheitliche", antisemitische und antidemokratische Ideologe in Deutschland. Legendär ist der Chamberlain-Lesekreis Kaiser Wilhelm II, in dem sich Adels- und Kapitalvertreter die antisemitische Weltinterpretation aneigneten. Ohne Chamberlain, der später noch NSDAP-Mitglied wurde und Hitler abgöttisch verehrte, hätte es den deutschen Antisemitismus nicht in der Form gegeben, die in der Shoah praktisch wurde.

Uexkülls eigene Werke waren ebenfalls rassistisch und sozialdarwinistisch. In seinem 1920 erschienenen Buch "Staatsbiologie" machte er für die ökonomischen und politischen Krisen des Kaiserreichs und der beginnenden Weimarer Republik "Parasiten am Gemeinschaftskörper" verantwortlich, und zwar insbesondere "Fremdrassige", die "in einem kranken Staate, der nur noch schwach auf ihre Eingriffe reagiert", gut gedeihen könnten. "Solange der Betrieb des Staates geregelt weiterging" (im alten Kaiserreich), habe der Staat "die Möglichkeit (gehabt), den einzelnen Arbeitsfeindlichen durch einen Arbeitswilligen zu ersetzen, der wohl stets vorhanden war. Sobald aber eine größere Zahl Arbeiter aus der Arbeitskette zurücktrat und streikte, stand das betroffene Staatsorgan vor dem Untergang". Deshalb müsse ein staatliches "Streikverbot" her.

Rassistische Tradition

Der Sohn von Jakob senior und Vater von Jakob junior, Gösta von Uexküll, trat in den 60er Jahren bei Kongressen auf, die der "Alternative Nobelpreis"-Träger von 1986, Robert Jungk, organisierte. Jungk war zeitweise mit dem SA-Funktionär und Nazi-Ideologen Werner Georg Haverbeck befreundet, der in den 80er Jahren das rassistische "Heidelberger Manifest" unterzeichnet hatte. Jüngst wurden Jungks Versuche der 50er Jahre, die erfolglosen Konstrukteure der Nazi-Atombombe als angebliche Widerstandskämpfer zu präsentieren, kritisch diskutiert, nachdem neue Quellen für eine pro-nazistische Haltung Werner Heisenbergs sprechen, der im übrigen (wie sein Mitarbeiter Carl-Friedrich von Weizsäcker) in seinen politisch-philosophischen Schriften selbst ein "holistischer" (New Age-) Ideologe war.

Auf Jungks früheren Kongressen wurden die "positive Eugenik" und "wertvolles Erbgut" beschworen, und das war durchaus rassistisch gemeint. Ein ehemaliger Redakteur des "Handwörterbuchs des Grenz- und Auslandsdeutschtums" der Jahre 1934 bis 1939 sprach hier nun auf Jungks Einladung hin über Ziele der deutschen Raumplanung und pries die "Wirtschaftskatastrophen, Hungersnöte, Kriege und großen Seuchen" als "Ausgleich zwischen Bevölkerung und überbeanspruchtem Lebensraum". Solche Positionen wurden auch in Haverbecks ökofaschistischem "Weltbund zum Schutz des Lebens" vertreten. Gösta von Uexküll gab sich auf den Kongressen elitär: "Die Urteilskraft der Massen steht in keinem Verhältnis zu ihrer Macht. Nicht einmal zur Auswahl der geeigneten Führer reicht diese Urteilskraft. Die Staatsgewalt geht von einem unreifen und unmündigen Volke aus." Da braucht es biologisch oder spirituell berufene Führer, ohne des Volkes Auswahl, die um die "Right Livelihood", die richtige Lebensweise, wissen und diese gegen die Partikularinteressen der Massen durchsetzen. Eine Jury um Jakob junior sucht sie aus und zeichnet sie aus.

Preisverleiher als Nazisekten-Freund

Die Kontakte des Jakob von Uexküll junior, in dritter Generation Rechtsaußen-Biologist und einige Jahre für die Grünen Abgeordneter des Europaparlaments, zu der Nazi-Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft e.V." (DUR) zeigen, was der "Preis für richtige Lebensführung" eigentlich meint. Die DUR wurde von früheren leitenden Funktionären der NSDAP, der SA und SS als Fortsetzung des Nazi-"Kirchenkampfes" betrieben, der Juden- und Christentum nicht nur physisch, sondern auch als Ideologien vernichten wollte. Die früher SS-nahe, in den 80er und 90er Jahren "neurechte" Ideologin Sigrid Hunke vom "Thule-Seminar", die Chamberlains Bücher modernisierte, war 1971 bis 1988 Vize- und Ehrenpräsidentin der DUR. Im Oktober 1993 war ins "Haus der Deutschen Unitarier" in Hamburg sogar der Neonazi Wolfgang Juchem eingeladen, der im August 1993 noch beim "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" gesprochen hatte. Nur wenige Monate vorher, im April 1993, hatte Jakob von Uexküll junior bei den "Deutschen Unitariern" einen Vortrag gehalten, zwei Jahre vorher schon einmal, damals gemeinsam mit dem "nationalrevolutionären" Ideologen Henning Eichberg.

Der Antisemitismus ist die Grundlage der Ideologie der "Deutschen Unitarier": Das "Judaochristentum" habe "deutsche" Denktraditionen verdrängt, ein germanisch-pantheistischer "Holismus" müsse wiedererweckt werden, so die Quintessenz der Hunke-DUR-Schriften. Auch Eichbergs Denken ist vom Rückgriff auf die deutsche völkische Bewegung gekennzeichnet. Das also sind die Verbündeten des Stifters des "Alternativen Nobelpreises". Diese Zusammenhänge sind seit langem bekannt. Auch international sind die biologistischen Schriften des Jakob von Uexküll senior und seine Nazi-Verbindungen bekannt. Man sollte meinen, Uri Avnery, der als Kind mit seinen Eltern aus Deutschland emigrieren mußte, sei sensibel für solche Zusammenhänge. Aber er erzählt ja auch im deutschen Fernsehen, die meisten Selbstmordattentäter im Nahen Osten wollten "eigentlich nur den Frieden" und würden in Israel "nicht verstanden". Avnery nahm also Preis und Geld aus dem Uexküll-Vermögen dankend an.

(Mai 2002)
Mehr zu dieser Szene in dem Buch
Peter Kratz:
Die Götter des New Age.

Im Schnittpunkt von 'Neuem Denken', Faschismus und Romantik" 

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