Intrigant Bahro

Auf das Buch "In bester Gesellschaft" und den dortigen Artikel von Roger Niedenführ "New Age. Die spirituelle Rehabilitation der Nationalsozialisten durch Rudolf Bahro, Rainer Langhans
und J. Kirchhoff" reagierte Rudolf Bahro u. a. mit zwei larmoyanten Briefen an Klaus Croissant, der das Vorwort zu dem Buch geschrieben hatte.

Die beiden bisher unpublizierten Briefe Bahros aus dem Archiv des BIFFF... e.V.  dokumentieren wir hier in Wort und Bild.
 

Rudolf Bahro                                                                   16.10.91
Paul Robesonstr. 43
0--1071 Berlin

Sehr geehrter Klaus Croissant,

einigermaßen betroffen, wende ich mich mit der Bitte um eine persönliche Begegnung an Sie. In einem jüngst erschienenen Buch, zu dem Sie das Vorwort geschrieben haben, werde ich ohne irgendeine Prüfung meiner Gesamtposition (höchstens aufgrund der sicherlich nicht unbestreitbaren Voraussetzung, daß spirituell-politisches Herangehen per se totalitär funktioniert) mit der "Evidenz" zitierter Sätze, denen ein Kontext zugeschrieben ist, zuzüglich einiger veritabler Fehlinformationen, als Faschist denunziert.
Ich nehme an, daß Sie die Machart jenes Artikels über mich nicht näher in Augenschein genommen haben, Wie dem auch sei, möchte ich zunächst nicht näher argumentieren, sondern Sie einfach bitten, den beiliegenden Papieren nach Inhalt und Duktus Ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden.
An erster Stelle ist da die Widmung meiner "Logik der Rettung". Das Buch selbst will ich Ihnen mit anderer Post auch noch schicken, nicht um Ihnen das Ganze zuzumuten, aber vielleicht sehen Sie an dem Rohrmoserabschnitt und an dem Grün-und-Braun-Abschnitt, daß da nicht Losungen ausgegeben werden, sondern gedacht wird; Sie mögen es falsch finden - vielleicht weniger, wenn Sie auch sonst noch hineinlesen, besonders von ganz vorn.
Zweitens ist da meine kurze Antwort auf Enzensbergers Spiegel-Artikel zum Golfkrieg, den der Spiegel auch so gebracht hat.
Dann lege ich "Antikommunist" Ihnen das 90er Nachwort zur DDR-Ausgabe der "Alternative" bei sowie einen Artikel über eine ökologische Wende in der Damals-noch-DDR, in die ich zurückkehrte, als ich noch hoffte, sie mit erhalten zu können.
Mir geht es um Ihre Wahrnehmung meiner geistig-politischen Wesensart, Anders kann man sich doch nicht echt auseinandersetzen.
Schließlich lege ich die Übersicht über meine Vorlesungen seit Herbst 1990 bei. Im Januar 1991 war Christian Sigrist im Audi max mein Gast, mit dem ich zuvor in Niederstadtfeld mehrere Seminare in freundschaftlicher Auseinandersetzung bestritten hatte.
Soweit das hier in Rede stehende Thema wichtig sein soll für meine jetzt begonnene Vorlesungsreihe im Herbst/Winter, habe ich in meinem Einleitungsvortrag am letzten Montag - ehe ich dann von Menschen, die, wie mir schien, nur zu diesem Zwecke gekommen waren, "befragt" wurde - kenntlich gemacht, daß alles andere als rabulistische Propaganda, sondern gerade eine differenzierte Behandlung gemeint ist, mit vielen Gästen an derer als meiner Position en dedail. Und ich zeigte im Hinblick auf den vorvorletzten Beitrag der ganzen Reihe an, daß ich dabei bin, den Schlußteil meiner "Logik der Rettung" aus eigenem Antrieb zu überprüfen.
Ich denke und hoffe, Sie werden mir die Begegnung mit diesen Texten und dann mit mir selbst nicht verweigern?

Mit freundlichen Grüßen Ihr
Rudolf Bahro
 


 
 
10. 11. 91

Lieber Klaus Croissant,

hier möchte ich Dir auch noch jenes erwähnte andere Entlarvungspapier schicken. (...?) "wie sich die Bilder gleichen" - obwohl hier noch rigorose Zitatfälschungen durch Weglassen und Einfügung in (...?) gegensinnige Zusammenhänge dazukommen. Vielleicht ist es ja doch zu einem Innehalten bei den Herausgebern gut, dieses Zusammentreffen anzusehen.

Mit herzlichem Gruß
Rudolf Bahro


 
Klaus Croissant schrieb uns dazu am 23. 10. 1991 u.a.: "Bahro, der hier auch schon anrief, hat sich wohl an mich gewandt, weil er mich von 'grünen Zusammenhägen' her kennt. Ich werde ihm das gewünschte Gespräch nicht verweigern, bin mir allerdings über die Einschätzung seines Wollens und Wirkens nicht so recht im klaren."

Nach dem Gespräch schrieb uns Croissant am 6. 11. 1991 u.a., Bahro habe ihm gesagt: "Von Sigrid Hunke sei ihm 'Europas eigene Religion' bekannt. Er habe diese Schrift mit Interesse gelesen, meine aber, daß sie nicht einfach als nazistisch abgetan werden könne. Ich habe B. gesagt, daß Du" (gemeint ist Peter Kratz) "ihn eventuell nach Abschluß Deines Manuskriptes 'Die braunen Götter' besuchen würdest. Damit erklärte er sich einverstanden, auch zu einem (Streit-) Gespräch."

Nachdem das Manuskript von Peter Kratz als Buch "Die Götter des New Age" erschienen war und darin Bahros Ideen ausführlich als Aktualisierung des deutschen Faschismus nachgewiesen wurden, war Bahro zu einem solchen Streitgespräch nicht mehr bereit.

...Inhalt des Buches: "In bester Gesellschaft"

...Inhalt des Buches: "Die Götter des New Age"

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