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Dieses Flugblatt erschien 1993

"Heil!"-Rufe und "Deutschland über alles"-Gesänge

in der SPD zu Anfang der 90er Jahre:
 
Friedrich-Ebert-Stiftung finanzierte Fascho-Treffen
 
Faschistische Jusos hetzen gegen Ausländer -
"Baracken"-Angestellter unterstützt sie

Zweierlei Maß in der SPD: Während Parteiprominenz einhellig gegenüber der CDU den Ausschluß des rechtsextremen MdB Rudolf Krause (heute REPs) forderte, hält sie sich bei den rechtsextremen Leipziger Jusos des "Hofgeismarer Kreises" auffällig bedeckt. Dabei vertreten die Fascho-Jusos bis in die Formulierung hinein identische Positionen wie Krause. Aber was hier parteitaktische "Bestürzung" hervorrief, wird dort parteitaktisch als vermeintlich jugendlicher Überschwang verharmlost. Dabei sind die Fascho-Jusos, die inzwischen in ganz Deutschland "konspirative Stammtische" gegründet haben wollen, bereits zu einer inneren Gefahr für die SPD geworden, weil sie einen Teil des Parteinachwuchses binden können. Ein straff organisierter und geschulter Trupp, der streng nach den Regeln des intellektuellen Neofaschismus der "Neuen Rechten" agiert und dabei Sympathien bis zu dem einschlägig vorbelasteten Leiter der SPD-Parteischule, Tilman Fichter, genießt.

Belzebub Krause

Der Sprachgebrauch Rudolf Krauses scheine dem Nazi-Blatt "Völkischer Beobachter" entlehnt, meinte im Dezember 1992 die SPD-Vorstandssprecherin Cornelie Sonntag.

"Mit Bestürzung habe ich zur Kenntnis nehmen müssen, daß der CDU-Landesverband Sachsen-Anhalt wiederum nicht die notwendigen Konsequenzen aus den Äußerungen des Abgeordneten Dr. Krause (Bonese) insbesondere in seiner 'Denkschrift zu nationalen deutschen Fragen' gezogen hat", schrieb im März 1993 der Sprecher der Projekt-Arbeitsgruppe "Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt" der SPD-Bundestagsfraktion, Siegfried Vergin, an CDU-Generalsekretär Hintze.

"Krause hat mit seinen unsäglichen, von nationalistischen und extremistischen Formulierungen strotzenden Pamphleten dem Ansehen des demokratischen Rechtsstaates Bundesrepublik Deutschland Schaden zugefügt. In einer Zeit, in der nicht nur die Bürger unseres Landes, sondern vor allem auch unsere Nachbarvölker voller Sorge ein Anwachsen rechtsradikaler Strömungen in Deutschland registrieren, verstieg sich Kraus in seinen in der Sprache des Dritten Reiches abgefaßten 'Denkschriften' zu einer deutschnationalen Polemik gegen die liberalen und demokratischen grundlagen unseres Staatswesens", so die SPD-MdB's Eberhard Brecht, Evelin Fischer, Christel Hanewinckel, Manfred Hampel, Uwe Küster, Siegfried Vergin und Reinhard Weiß im April 1993 in einer Presseerklärung.

"Es ist beschämend und peinlich, daß die CDU nicht willens und in der Lage war, sich rechtzeitig und eindeutig von ihrem politischen Rechtsaußen Rudolf Krause zu distanzieren", so wieder Vergin im Mai 1993 nach Krauses Übertritt zu den REPs.

Die Engelchen von "Hofgeismar"

Krause hatte 1992 in seiner "Denkschrift" vom "nationalen Führer", "deutscher Ehre", "deutscher Größe", "deutschem Volksempfinden" in der "Volksgemeinschaft" geschwärmt, von "christlich-germanischer Kameradschaft"; er hatte vor "kriminellen Asylbetrügern", "staatszersetzendem krankhaftem" und "selbstmörderischem Liberalismus", "früheren Feindnationen" als dessen Quelle und den von diesen geistig beinflußten "westdeutschen Intellektuellen" gewarnt, denen "gesunder Nationalstolz" fehle. Abhilfe schafften seiner Meinung nach "Achtung vor der deutschen Handarbeit, Achtung vor der deutschen Mutter, deutscher Edelmut, sittliche Größe, gesundes Volksempfinden und kerndeutsche Anständigkeit". (Zitate aus Krauses "Denkschrift zu nationalen deutschen Fragen")

Die Fascho-Jusos des "Hofgeismarer Kreises" schwärmen 1992/1993 von "Führern", der "natürlichen Gliederung" der Menschheit in verschiedene Völker, von "selbstbewußten Nationen", hetzen gegen eine "multikulturelle europäische Gesellschaft", gegen Liberalismus und "den Westen", gegen das Konzept der doppelten Staatsangehörigkeit ("Wer seine alte Lebensweise und Kultur weiterpflegen will, soll dies auch mit seinem alten Paß tun."), gegen "uns wesensfremde Kulturen, wie die türkische", schüren "Angst vor Überfremdung", fordern die "Eindämmung der Scheinasylantenflut" und schreien im Stil der Neonazis: "Ein ständig weiter wachsender Zustrom von Scheinasylanten ist nicht länger zumutbar" (so in einem Flugblatt bayrischer "Hofgeismarer" vom Juni 1993. Im Stil der faschistischen Agitation gegen die Weimarer Republik schreiben sie, die Bonner Republik habe "keine deutschen Politiker. Denn von solchen erwarten wir, daß sie das Nationalbewußtsein und deutsche Werte, wie Solidarität, Treue und Pflichterfüllung im Volke wachzurufen im Stande sind" (so in ihrem Gründungsaufruf). Gemeinsame Diskussionen mit militanten Neonazis wie der FAP schließen sie nicht aus, für die rassistischen Rostocker Krawalle äußerten sie im Fernsehen Verständnis. Der Fernsehsender "vox" zitierte am 16. Juni 1993 den Kölner "Hofgeismarer" und SPD-Mitglied Bernhard Knapstein mit dem Ausspruch, Willy Brandt sei "mehr ein Verräter Deutschlands" gewesen. Auf einem Flugblatt Knapsteins, das man im Rheinland zugeschickt bekommt, wenn man an die Leipziger Jusos schreibt, heißt es: "Darum muß auch unser Motto heißen: Solidarität mit der deutschen Volksgemeinschaft" gegen "Deutschenfeindlichkeit im Zusammenhang mit der multikulturellen Bewegung". Der intellektuelle Kopf der "Hofgeismarer", Sascha Jung, trat im Mai 1993 als nationaler Redner bei der Kölner Burschenschaft Germania aus, die laut "vox" etliche REP-Funktionäre hervorbrachte; zwei Wochen vorher hatte dort bereits der Neu-REP Rudolf Krause gesprochen. Die "Hofgeismarer" inserierien in dem REP-nahen Blatt für faschistische Intellektuelle namens "Junge Freiheit" und haben in ihrem Leipziger Büro "Völkisches aus einem Neonazi-Verlag" (vox) im Bücherregal.

Ein Name mit "Vernichtungs"-Tradition

Die Fascho-Jusos nennen sich nach dem "Hofgeismarer Kreis" der 20er Jahre, der zu Teilen in die völkische Bewegung und in den Nationalsozialismus aufging und der in der SPD-Parteigeschichte einhellig als den Faschismus geistig mit vorbereitend beschrieben wird. Vorbilder der "Hofgeismarer" waren damals vor allem Ernst Niekisch und Hendrik de Man. Niekisch kritisierte Adolf Hitler und die NSDAP als "zu legalistisch" und "ungermanisch" und forderte in seinen Schriften die physische Vernichtung alles "Undeutschen", zu allererst der deutschen Juden, dann der Christen, in einer "Bartholomäusnacht und Sizilianischen Vesper" als "Selbstreinigung des deutschen Blutes von romanischem Erbgut", das aus dem "Westen" ins deutsche Volk eingedrungen sei. Der damalige SPD-Vorsitzende Otto Wels nannte Niekischs Ideen auf dem Kieler Parteitag 1927 "rein nationalsozialistisch". de Man entwarf einen verquasten völkisch-religiösen "Sozialismus", schloß sich den Nazis an, kollaborierte als belgischer Minister der frühen 40er Jahre mit der Nazi-Besatzung und wurde von Belgien als Kriegsverbrecher verurteilt.

Allerdings meinte das SPD-Mitgliedermagazin "Vorwärts" im März 1993 entgegen den Tasachen, den historischen "Hofgeismarer Kreis" von diesen Vorwürfen reinwaschen zu müssen. Der historische "Vorwärts" hatte in den 20er Jahren ganz anders geschrieben.

Friedrich-Ebert-Stiftung bezahlte

In dieser Tradition steht ein Seminar der heutigen "Hofgeismarer", das sie vom 2. bis 4. Juli 1993 gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) veranstalteten. Während es linken Gruppen innerhalb der SPD heute nur unter großen Schwierigkeiten möglich ist, ein Seminar von der FES finanziert zu bekommen, schreiben die "Hofgeismarer" stolz in die Anmeldebestätigung, die Fahrtkosten zu dem Fascho-Treffen würden von der FES erstattet.

Tilman Fichter schon wieder dabei

Hauptreferent des Seminars ist der einschlägig bekannte Chef der SPD-Parteischule Tilman Fichter, ein Angestellter des Parteivorstands aus dem Ollenhauer-Haus. Fichter hat seit langem Kontakte zu völkischen und nationalistischen Gruppen und Personen, bis hin zum offenen Nazi-Bereich. 1985 unterzeichnete Fichter eine "Denkschrift" zur Wiedervereinigung, die einem Diskussionszirkel neofaschistischer Gruppen entstammte. Mitunterzeichner waren Personen, die der NSDAP, der NPD, antidemokratischen nationalrevolutionären und völkisch-religiösen Splittergruppen entstammten. Einer der Köpfe des Zirkels und Mitunterzeichner war das ehemalige Mitglied der Hitler-Jugend-Reichsleitung, Korrespondent des "Völkischen Beobachters" und nach 1945 Zentralfigur des Neofaschismus Wolf Schenke. Dieser versuchte bis in die 80er Jahre hinein, die Reste der Hitler-oppositionellen Fraktion der NSDAP um die Gebrüder Strasser mit denen der Niekisch-Gruppe (bzw. deren Nachfolger-Gruppen) zu vereinen.

Nachdem der "Sozialdemokratische Pressedienst" 1987 die Hintergründe dieser "Denkschrift"-Gruppe veröffentlicht hatte, distanzierte sich Fichter nicht etwa; er empfahl vielmehr das Papier, das faschistische 20er und 50er Jahre-Vorstellungen über ein bündnisfreies Deutschland als sein eigener starker Block variierte, in der deutschlandpolitischen Umbruchzeit 1989/90 mehrfach als Königsweg für die SPD. (Der Mitautor dieser "Denkschrift", Peter Brandt, wird übrigens heute von der "Deutschen Nationalzeitung" des DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey wegen seines neuen nationalistischen Buches "Vaterlandslose Gesellen" hoch gelobt - so schließen sich Nazi-Kreise; vgl. DNZ vom 29. 1. 93, S. 2.)

Aus dem Liederbuch der heutigen "Hofgeismarer"

Thema des Seminars wird neben dem Fichter-Vortrag über den nationalen Gedanken in der SPD die Diskussion des "Liederbuchs Junger Sozialdemokraten" sein, das die Leipziger Fascho-Jusos herausbrachten. es handelt sich um eine Sammlung faschitischer Hymnen und militaristischer Soldatenlieder, die heutige "Hofgeismarer" am Lagerfeuer singen. Während SPD-Prominente die Liedertexte der Nazi-Skinhead-Musikgruppen anprangern, ist dieses Liederbuch, daß über SPD-Geschäftsstellen in Sachsen vertrieben wird, recht unbekannt.

Am Anfang steht zur Einstimmung "Das Lied der Deutschen: Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt" (S. 2). Dann heißt es "im Felde ist der Mann noch was wert" (S. 19), "die lieben Waffen glänzen so hell im Morgenrot; man träumt von Siegeskränzen, man denkt auch an den Tod. Du reicher Gott in Gnaden, schau her vom blauen Zelt; du selbst hast uns geladen in dieses Waffenfeld. Laß uns vor dir bestehen, und gib uns heute Sieg! Die Christenbanner wehen, dein ist, o Herr, der Krieg" (S. 25). Vom "Vaterland, Hoffnungsstrahl aller Welt", von "Muttertränen" und "Heldenblut" singen diese "Jusos", "Heil!" rufen sie aus, "himmelwärts zum Siegertod" (S. 26), "Männertugend" wird beschworen, "stolz, keusch und heilig sei, gläubig, deutsch und frei Hermanns Geschelcht!", "Schalle du, Schwerterklang, schalle du, Hochgesang aus deutscher Brust!" (S. 27). "Glorreich auf dem Erdenrunde steht das deutsche Vaterland; Nord und Süd zum ew'gen Bunde sind vereint mit Herz un Hand! Von den Alpen bis zum Meere herrscht des Deutschen Reiches Macht, und für Deutschlands Ruhm und Ehre Gut und Blut sei dargebracht. Deutsche Sitte, deutsche Treue, walt' in uns durch alle Zeit! Blühe immerdar aufs neue, Deutschlands Macht und Herrlichkeit!" (S. 28).

Bluthetze gegen Ausländer

"Haltet Euer Deutschtum hoch. Deutsche Jugend, auf zum Streite, rüste Dich mit Herz und Hand! Beug' dem Joch dich fremden Geistes nicht im eignen Vaterland! Über unsrer Väter Erde ist ein heißer Kampf entbrannt, deutsche Jugend auf zum Streite, rüste dich mit Herz und Hand!" (S. 28). Das singen die Faschos-Jusos aus Sachsen im Juli 1993 auf einem Seminar, das die Friedrich-Ebert-Stiftung finanziert. Sie sind die geistigen Verführer und Anstifter der Mordbrenner, die dann anschließend zur Tat schreiten. "Es ist beschämend und peinlich, daß die CDU, nee: SPD, nicht willens und in der Lage war, sich rechtzeitig und eindeutig von ihrem politischen Rechtsaußen Rudolf Krause, nee: den "Hofgeismarern", zu distanzieren" (SPD-MdB Vergin, abgewandelt).                   
(1993)
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