© 2009 by BIFFF... e. V. Jede Verwendung der Texte und der Abbildungen unterliegt dem Urheberrecht.
|
|
|
|
|
|
Blond
auf dem Feuerstuhl, und den Tod verlacht: "Berlin Harley Days"
mit Neonazi-Symbolik Männlichkeitswahn und Faschismus sind von je her Geschwister. Frauen taugen dabei nur als Spielzeug. Als Brigitte Bardot 1967 sang: "Je n'ai besoin de personne / En Harley Davidson / Je n'reconnais plus personne / En Harley Davidson", war sie noch nicht mit einem führenden Funktionär des neofaschistischen Front National verheiratet und auch noch nicht wegen ihrer rechtsextremen Äußerungen gerichtlich verurteilt worden. "BéBé" galt noch als dummes Hasi für jedermöchtegernmann, dem das Gehirn zwischen die Beine gerutscht ist. Ihr Liedchen machte das immer wieder kriselnde amerikanische Motorrad-Unternehmen in Europa zur Marke, noch bevor der heiße Ofen mit "Easy Rider" zum Kult wurde. Das Roadmovie kam als Versöhnung von Hippie-Freiheit und Hochkapitalismus daher und richtete sich gegen faschistoide Südstaaten-Rednecks. Doch auch in den USA haben die Harley-Clubs inzwischen den preußischen Militarismus als vermeintlichen Gipfel der Männlichkeit entdeckt. Er wird jetzt quasi re-importiert, wie die ersten "Berlin Harley Days" im August 2009 zeigten. Hier war Heavy Rider angesagt. Dominiert wurde das Kommerz-Festival vom "Eisernen Kreuz", dem preußischen Orden aus den "Befreiungskriegen" gegen das napoleonische Frankreich, die sich auch gegen die freiheitlichern Errungenschaften der Bürgerlichen Revolution wandten und den Ursprung des deutschen Nationalismus setzten. Die Militarisierung und zunehmend auch Faschisierung in der Motorradszene ist ein eher junges Phänomen. Die Gleichsetzung von Freiheit, für die der Motorride auf dem endlosen Highway stehen soll, mit Gesetzlosigkeit kommt aus rechtsextremen amerikanischen Gangs der 80er und 90er Jahre, deren Symbolik inzwischen breit vermarktet wird. Die Berliner Polizei hatte dagegen auf Bandenkrieg gesetzt. Laxe Taschenkontrollen, vom Veranstalter auf Drängen der Polizei selbst vorgenommen, sollten Schuss- und Stichwaffen entdecken. Doch die vom Verfassungsschutz beobachteten "Hells Angels" und die konkurrierenden "Bandidos", vor denen die Presse gewarnt hatte, traten hier gar nicht auf. Mit Ideologie hatte niemand gerechnet, und so konnten Austeller und Händler unter den Augen der Polizei ungehindert sogar Gürtelschnallen mit verbotener neonazistischer Symbolik verkaufen, die bisher hinter dem legalen Eisernen Kreuz (das - immer wieder leicht abgewandelt - seit 1813 bis heute das Symbol des deutschen Militärs ist) zurücktrat. Die als Kommerzveranstaltung der Motorradindustrie gedachten "Berlin Harley Days" haben nun gezeigt, wie sehr sich die Szenen bereits durchmischen. Ein
Verkaufsstand bietet die beliebten Schalenhelme ...
... und gegenüber am Stand der Firma Leder Seligmann gibt es neben dem Eisernen Kreuz ... ... auch die Reichskriegsflagge als Gürtelschnalle: Diesen
Verkaufsstand mit der in Berlin und Nordrhein-Westfalen verbotenen
Reichskriegsflagge als Gürtelschnalle betrieb das Unternehmen
Seligmann aus Dortmund ungehindert auf den "Berlin Harley Days"; es ist
im Internet bekannt dafür, auf vielen Motrorradmessen seine Waren
anzubieten.
Die in Berlin und mehreren anderen Bundesländern verbotene Reichskriegsflagge verkauft und kauft man nicht einfach so, weil sie so schön bunt ist. Sie ist heute breit bekannt als Neonazi-Symbol. Offenbar setzt dieser Händler auf diese Kundschaft bei den Motorrad-Treffen und -Messen, sonst würde er die Schnalle wohl nicht anbieten. Seit einem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom Oktober 2008 ist deutschlandweit das Keltenkreuz in einer bestimmten Form (mit Kreuz-Enden, die über den Kreis hinausstehen) verboten. Dennoch wurden an einem anderen Verkaufsstand, der seinen Inhaber nicht namentlich preisgeben wollte, gleich hinter dem Festival-Eingang, wo viel Polizei und die Polizeieinsatzleitung standen, ungehindert Gürtelschnallen mit dem verbotenen Keltenkreuz angeboten. Verbotenes
Keltenkreuz (oben im Bild unten) als Gürtelschnalle
in der Verkaufsauslage eines anonymen Händlers bei den "Berlin Harley Days": Dem preußischen Militarismus wurde bei den meisten Verkaufsständen gehuldigt. Das "Eiserne Kreuz" gab es in zahlreichen Ausführungen und Verwendungszwecken. Eine Auswahl von verschiedenen Verkaufsständen zeigt die Beliebtheit des Erkennungssymbols gleichgesinnter "Biker". EK-Auswahl
von verschiedenen Verkaufstischen bei den "Berlin Harley Days":
... und auch mal neben dem Totenkopf im schwarz-rot-gelben Flammenmeer ... ... oder gepaart mit dummen Sprüchen, alles ist möglich: Manch
einer bekommt gar nicht genug vom "Eisernen Kreuz"
und stylt gleich die ganze Maschine damit auf ... ... und den Helm nicht vergessen: Keineswegs hat das EK bei diesen Bikern etwa eine andere Bedeutung. Firmen wie die "West Coast Choppers" (WCC) oder die "Orange County Choppers" (OCC) aus Kalifornien, die große Teile des Biker-Merchandising dominieren und bei den "Berlin Harley Days" gleich an und mit mehreren Verkaufszelten und -ständen vertreten waren, werben im Internet eindeutig. Der Hamburger "OCC Shop" verkauft die "WCC"-Hemden unter der Überschrift "Iron Cross" und hat auch Hemden im Sortiment, auf denen dem Erste-Weltkriegs-Piloten Manfred Freiherr von Richthofen gedacht wird, einem "ritterlichen" Krieger im Dienste des wilhelminischen Imperialismus. Gegen "Kaiser Bill's Batman" kämpften die US-Soldaten im Ersten Weltkrieg, ihre Enkel und Urenkel erweisen dem "Red Baron" dagegen die Biker-Ehre. Der Mann als Kämpfer, die Frau als Hure oder williges Püppchen, so zeigte sich die Szene auf dem Festival. Frauenfeindlich
mit "Iron Cross", "Red Baron" und "Porn Deluxe":
Es geht alles kunterbunt
durcheinander in dieser Szene, doch gemeinsam ist alldem ein
romantisierter Männlichkeitswahn, der keineswegs unpolitisch ist.
Der Begriff des Befreiungsnationalismus beschreibt am ehesten, was hier
zusammenfindet: Indianer-Romantik, Südstaaten-Rassismus,
Che-Guevara-Hemdchen, Preußen-Kriege, Keltenkreuze und
Reichskriegsflagge -- das alles und noch mehr mischt sich seit langem
in der rechtsextremen Ideologie wild durcheinander. Schon zur
Konstruktion der Germanen-Ideologie des deutschen Faschismus musste der
Indianer als der wilde Bruder von anderen Kontinent herhalten. Das
Ressentiment braucht eben keine Logik.Oben: Über und unter "Red Baron" stehen Geburts- und Sterbe- (Abschuss-) jahr Richthofens. Unten: "Gefängniskleidung" von "OCC", gerne auch mit Schlagring ... ... und frauenfeindlicher US-Direktimport: Oben: Die Screenshots stammen von der Webseite eines deutschen Ablegers der US-Szene, der in Berlin in seinem riesigen Verkaufszelt auch Werbekarten verteilte. Unten: Screenshot von der kalifornischen "WCC"-Webseite, die ganz ungeniert mit dem wilhelminischen Kaiseradler für ihren Blog wirbt: Der Aufdruck auf dem Kapuzenhemd der "West Coast Choppers" (unten) erinnert an Nazi-Symbolik und ist auch farblich derart gestaltet: Im "WCC"-Verkaufszelt bei den Berlin Harley Days: Und der ewige Deutsche, der sich von Profis stolz neben seiner Maschine fotografieren ließ, hatte schon woanders eingekauft: In
einem Merch-Zelt auf den "Berlin Harley Days":
Die Hemden mit dem "Eisernen Kreuz" sind
passend schwarz-weiß-rot gehalten.
"Und wenn ich morgen sterbe", sang die Bardot damals auf dem Feuerstuhl, "ist es doch nur mein Schicksal." Die Gesetzlosen verlachen den Tod! Dies war schon in den 10er und 20er Jahren eine Grundlage der entstehenden deutschen und internationalen faschistischen Ideologie und der "Stahlgewitter" ihres intellektuellen Flügels, der "Konservativen Revolution". Ohne diese menschenverachtende Parole hätte kein Militarismus noch Faschismus funktioniert, von dieser Lebenseinstellung her hatte sich auch die SS den Totenkopf als Symbol gewählt. Der Berliner Presse fiel all dies nicht auf. Man war zufrieden damit, dass sich diesmal keine Rockerbanden prügelten oder beschossen. Der
"Tagesspiegel" meinte
"Gut zu hören, schön zu sehen", statt den Verkauf der Reichskriegsflagge zu kritisieren: Die "Berliner Morgenpost" lobte die Polizei indirekt fürs politische Wegsehen: (August 2009) |