© 2006 by Peter Kratz. Jede Verwendung der Texte und der Abbildungen unterliegt dem Urheberrecht.
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(Zu einer Veranstaltung
der Redaktion Bahamas in der Berliner Traditionsgaststätte
"Max und Moritz" im November 2004 und
zu dem Bahamas-Text "In memoriam Theo van Gogh", der Topoi des
Antisemitismus
in den Antiislamismus überführt: Die Bedrohung kommt wieder
aus
dem Ghetto, sie wird wieder mit Sexualängsten unterlegt, im Ghetto
wohnt allerdings diesmal die Chiffre "Marokkaner", und wieder ist es
ein
Mord, der ihr Fanal sein soll. Die fremdelnde Bahamas-Sekte,
der
zum Pogrom die Macht fehlt, tagte im "Max und Moritz" als geschlossene
Gesellschaft hinter Milchglasscheiben; Kritikern wurde der Zutritt
verwehrt.)
Bürgerliche
Aufklärung,
kleinbürgerliche Radikalität:
MAX und MORITZ,
lärmend in
den Hinterhof rennend:
Ein weiterer Erfolg der
Querfront-Strategie
zeigt sich am Flugblatt "In memoriam Theo van Gogh": Waren die
Sex ist Provo "Provokation" war Goebbels' erster Weg zum Ziel, als Journalist und als Redner, allein über "Provokation" und seinen Riecher für Provo-Themen wurde er groß, bis er groß genug war für den tätigen Terror gegen die vorher nur Provozierten. "Provokation" war oft die einzige Botschaft auch der Intellektuellen der KR, den Vorläufern der intellektuellen "Neuen Rechten" (NR); Inhalte sollten erst nachgereicht werden, wenn der geistige Schlag vor den Kopf die Kontrollfunktionen abgeschaltet hatte. So funktioniert Querfront: Geist abschalten, Kritik abschalten. Bloße "Provokation" ist seit Bakunins Zeiten ein Feind der Linken, das wußte schon Marx, deshalb konnten Bahamas nicht länger seine Kinder sein, nachdem sie bei ihm mal was gelesen hatten. Als "Provokateure" feiern Bahamas den Kleinbürger Theo van Gogh und den neoliberal sich gebenden Faschisten Pim Fortuyn. Sex ist immer für Provo gut, das wußte schon Goebbels, als er den "Kirchenkampf" gegen die Katholiken eröffnete - mit dem Vorwurf gegen Priester, "Sittlichkeitsverbrechen" begangen zu haben. Schauprozesse gegen angebliche Sex-Priester und Bordell-Klöster in der Mitte der 30er Jahre sollten die moralische Verruchtheit der einzig noch funktionierenden nicht völlig gleichgeschalteten Organisation erweisen. So wenig wie Goebbels kritisierte van Gogh Religion als solche - wie hätte er auch können in den calvinistisch-katholischen Niederlanden, dem Vorbild für die Reevangelisierung Nordamerikas. Er wandte nur den alten Goebbels-Mechanismus wieder an: der Gottesmann des Islam sei ein "Ziegenficker" und "Mädchenbeflecker". Und so gierig, wie sich die verklemmten Deutschen millionenfach im "Stürmer" an den "Lämmerfickern" und "Mädchenschändern" (damals waren noch Juden und ein paar Katholiken gemeint, denn Moslems gab es nicht in nennenswerter Zahl) aus Streichers Phantasie aufgeilten, um mit rotem Kopf zum Pogrom zu eilen, läßt van Goghs Antiislamismus, der die neue vermeintliche semitische Bedrohung wegtreten soll, Bahamas die Kämme schwellen. Bahamas nennen die
Fortsetzung
des alten Nazi-"Kirchenkampfs", weil's intellektueller klingt, den
"Kulturkampf"
van Goghs. Es ist der alte Kampf der deutschen Unkultur, die sich als
Licht
ausgibt, gegen die Zivilisation, die als Dunkelheit erscheint, wenn nur
ihre Fehler angestrahlt werden. "Gegen die Dunkelmänner unserer
Zeit"
trat schon NSDAP-Chefideologe Alfred Rosenberg mit seinem
neuheidnisch-biologistischen
"Blut-Mythus" an, der als Gipfel der Ratio die Ungleichheit der
Menschen
wissenschaftlich beweisen sollte. Aufklärung nannte er seinen
Kampf
gegen die, die das Gleichheitsgebot nur mythisch bewahrten, nur als
romantische
Sehnsucht.
Der Provokateur hat kein
politisches
Ziel, er meint immer nur sich selbst. Er therapiert, und zwar nur sich
selbst. Seine Radikalität zielt auf Verblüffung, nicht auf
Veränderung.
Er diskutiert nicht, er will sprachlos machen. Er stimmt nicht ab, er
will
befehlen. Er ist in seinem ganzen Dasein kleinbürgerlich.
Pim Fortuyn, der sich den
niederländischen
Spitznamen seines Hauptorgans zum Vornamen wählte, um schon bei
seiner
Vorstellung auf die Reduktion des bloß "aufgeklärten"
Menschen
zur bloßen Biomasse verweisen zu können, die nur noch
neoliberal
zu verrechnen ist, war eine Witz-figur, die im Herrendress, mit
Hackenschlag
und Militärgruß, "At your service!",
Sado-Maso-Versatzstücke
präsentierte, ober besser: das, was der Kleinbürger
dafür
hält. Wartet nur ab: bald werden auch Bahamas ihrem Volke
dienen,
"At your service!" - Aufklärung führt zur Dienerschaft, zur
Herrschaft?
Die gesellschaftliche Bedeutung der Anschauung der Welt durch Donatien
Alphonse Francois Marquis de Sade mit ihrer schließlichen Praxis
der "zu sich selbst gekommenen Herrschaft" im Faschismus darf in
Der Provokateur braucht
die Unterdrückung,
sonst stellt sich die Verblüffung nicht ein. Er ist deshalb auch
untauglich
als Revolutionär. Van Gogh brauchte den Propheten, um ihn
beleidigen
zu können, so, wie für Juliette das Sakrileg ohne das
Sakrament
keinen Reiz hatte. Als
Provo ist arme Sau "Als Einspruch gegen die
Zivilisation
vertrat die Herrenmoral verkehrt die Unterdrückten: der Haß
gegen die verkümmerten Instinkte denunziert objektiv die wahre
Natur
der Zuchtmeister, die an ihren Opfern nur zum Vorschein kommt." Zielt
dieses
Horkheimer/Adorno-Zitat mehr gegen Fortuyn als gegen Mullahs - Fortuyn,
der auch noch damit spielte, in einer Person mal Herr, mal Diener zu
sein,
solange die Einkünfte aus seiner Vertretung der Herreninteressen
in
Parlamenten ihm zuflossen, während die Objekte seines Hasses aus
den
Armenvierteln ihn nicht mal wählen d u r f t e n -, so zielt die
Fortsetzung
des Zitats gegen Bahamas: "Als Großmacht aber und
Staatsreligion
verschreibt sich die Herrenmoral vollends den zivilisatorischen powers
that be, der kompakten Majorität, dem Ressentiment und allem,
wogegen
sie einmal stand."
Neurechts
bleibt altrechts Wie KR (inklusive Rosenberg) und NR (inklusive Rosenbergs Erben Hunke und Benoist) die Bibel als Buch voll finsterer Verbote, Judentum und Christentum als Religionen des Lohns erst im Jenseits und der drakonischen Strafen in der Wirklichkeit denunzier(t)en, immer mit Blick auf die Lust des bloß "aufgeklärten" Menschen, endlich ohne Verantwortung rauben, morden oder auch ficken zu können, so dienen Bahamas die selben Attributionen zur bloßen Denunziation des Islam. Böse ist immer der Prophet der Konkurrenz, niemals seine Grundlage obsolet. Wohl verstanden haben Bahamas den Schwenk der NR weg vom offenen Rassismus hin zum verdeckten, dem Kulturalismus: Fortuyn sei kein Rassist, schreiben sie, er habe ja nur die K u l t u r der Nicht-Weißen abgewertet."Weiße" setzen sie zwar noch in Anführungszeichen, aber die Hautfarbe bestimmt für Bahamas dennoch: "Weiße" = "Aufklärung" (und das stimmt "verkehrt" sogar), dann bleibt für "finster und dumpf" noch Nicht-Weiß. Um ihren Standort zu bestimmen, führen sie den Nationalrevolutionär Dutschke an, dem nichts so sehr am weh gespat'nen Herzen lag wie Deutschlands Einheit, und der kurz vor den Schüssen, die ihn angeblich so trafen wie Fortuyn die seinen (so vergleichen Bahamas), dem Nationalrevolutionär Wolfgang Venohr für "stern TV" ein nie gesendetes, aber vom vormaligen SA-Mann und damaligen Wiedervereiniger Deutschlands und des deutschen Rechtsextremismus, Wolf Schenke, einem Freund und Wegbegleiter Venohrs und Otto Strassers, in seinem Blättchen "Neue Politik" abgedrucktes Interview über Deutschland gab. Dieser "Sozialismus" also, und es überrascht nicht, erscheint hinter Bahamas' Zitat des van Gogh-Sozialismus. Mit CSU-"Aufklärer" Beckstein und der Glaubwürdigkeit in Person, Trittin, beklagen sie Buntheiten auf dem guten weißen deutschen Boden. "In jenen Vierteln", so Bahamas, "in denen nachts viele 'Weiße' den Fuß nicht mehr setzen" (sic!), fühle sich der Nicht-Weiße schon frech "zu Hause"! Wir verfechten keinen Mythos, ob religiösen oder biologistischen, auch nicht den einer "Aufklärung". Wir sagen nur: Bahamas halten folgerichtig der Querfronstrategie nicht stand und plazieren sich selbst bei der "Neuen Rechten", weil ihnen das Bewußtsein von der D i a l e k t i k der Aufklärung fehlt.Wie jetz "Dialekt"? Ick? |