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Mister 6 Prozent:
 

"Hoffnungsträger" Wowereit, nachgerechnet
 ARD-Wahlstudio und infratest-dimap am Abend
der Berliner Abgeordnetenhauswahl 2006:

Der Kandidat Wowereit brachte nur 6 Prozent
der Berliner Wahlberechtigten an die Urne
Nun hat er selbst schon die Konsequenz gezogen und "will" nicht Kanzlerkandidat der SPD im Jahr 2009 werden! Das wäre wohl auch schwerlich gegangen. Die deutschlandweit in der Presse breit beachteten BIFFF...-Veröffentlichungen über die Verbindungen der von Klaus Wowereit als Regierender Bürgermeister von Berlin unterstützten Sado-Masochisten des "Folsom Europe e.V." im letzten Jahr kosteten ihn zuerst den stellvertretenden und dann den Parteivorsitz der Bundes-SPD -- der ach so beliebte "Wowi" trat schon gar nicht mehr zu den innerparteilichen Wahlen an, um die absehbaren Niederlagen zu vermeiden, obwohl seine Entourage ihn schon im Sommer 2005 als idealen Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten der Zukunft ins Gespräch gebracht hatte -- denkste!

Und jetzt die Wahlniederlage in Berlin: Die SPD verlor bei der Abgeordnetenhauswahl am 17. September 2006 unter Wowereits Führung 12 Prozent ihrer Wähler von 2001. Bei der vorangegangenen Wahl 2001 hatten noch 481 772 Berliner/innen die SPD gewählt, 2006 waren es nur noch 423 912. Der Verlust von 57 860 Wähler/innen entspricht 12 Prozent der 2001er Wähler/innen. In der letzten Woche vor der Wahl hatte der Regierende Bürgermeister noch auf die SPD-Wahlplakate einen Spruch kleben lassen: "Wer Klaus Wowereit will, muß SPD wählen."

Daß man auf die absoluten Zahlen schauen muß, um die Wahl richtig zu interpretieren, schrieben sogar die bürgerlichen Zeitungen und rechneten nach, daß unter Berücksichtigung der Nichtwähler die SPD nicht ein Wahlergebnis von 30,8 Prozent (der abgegebenen Stimmen), sondern nur noch eines von 17,5 Prozent (aller Wahlberechtigten) verbuchen konnte. Im Westteil der Stadt war der Verlust noch dramatischer: hier verlor die SPD 21 Prozent ihrer Wähler/innen von 2001 und erreichte 2006 nur noch 264 909 Stimmen (2001: 336 782; Verlust: 71 873 Menschen, die nach fünf Jahren "Nein danke, Wowi!" gesagt haben.)

Wowereit hat 2006 in ganz Berlin nur 144 130 persönliche Wähler/innen

Der von infratest-dimap mit Nachfragen vor den Wahllokalen ermittelte "Kandidatenfaktor" ist für Wowereit vernichtend. In der ARD-Wahlsendung am Abend des 17. September 2006 verkündete Moderator Jörg Schönenborn, daß nur 34 Prozent derer, die angegeben hatten, SPD gewählt zu haben, sagten, sie hätten die Partei wegen des Spitzenkandidaten Klaus Wowereit gewählt. 34 Prozent von den 17,5 Prozent SPD-Stimmen entsprechen gerade mal knapp 6 Prozent aller Berliner Wahlberechtigten. Nur 6 Prozent sind an diesem Tage wegen Wowereit zum Wahllokal gegangen. Als absolute Zahl: 144 130 Personen bilden seine persönliche Wählerschaft in ganz Berlin -- zum CSD gehen mehr!

Sein Direktwahlkreis kann ihn kaum trösten: den gewann der "Party-Meister" trotz Amtsbonus als Regierender Bürgermeister mit nur 360 Stimmen Vorsprung vor dem CDU-Konkurrenten -- so viele Menschen gehen in eine durchschnittliche Disko! Und dabei hatte sich "Wowi" diesen Wahlkreis diesmal extra ausgesucht, nachdem er 2001 in einem anderen Wahlkreis dem CDU-Gegenkandidaten Nicolas Zimmer unterlegen geblieben war. Wowereits diesjährige 8 114 Erststimmen im neuen Direktwahlkreis entsprechen 40,5 Prozent der dort abgegebenen Stimmen, was nur einen mittelmäßigen Wert unter den Ergebnissen aller Direktwahlkreise ergibt. Viel besser schnitten seine politischen Kontrahenten ab: Zimmer, der 2005 die BIFFF...-Recherchen zu "Folsom Europe" um den Vorwurf der "faschistoiden Gesinnung" bei Wowereits SM-Freunden ergänzt hatte, steigerte sein persönliches Wahlkreisergebnis 2006 auf 43,7 Prozent. Frank Steffel, Wowereits CDU-Gegenkandidat um das Amt des Regierenden Bürgermeisters 2001, der Wowereit (laut "Tagesspiegel" vom 19. 9. 06) einen "deformierten Charakter" genannt hatte, steigerte sein persönliches Wahlkreisergebnis 2006 auf 42,3 Prozent. Sogar der beste Grünen-Kandidat wurde in seinem Wahlkreis mit einem besseren Stimmenanteil (42,4 Prozent) direkt gewählt als Wowereit mit seinen 40,5 Prozent.

NPD verachtzehnfacht ihren Stimmenanteil im Gebiet des "Folsom Europe"-Straßenfestes

Noch schlechter erging es dem "Folsom Europe"-Befürworter Thomas Birk von den Grünen, der sich noch kurz vor der Wahl offensiv für seine Sado-Maso-Freunde aus dem Fenster gelegt hatte: er wurde nämlich gar nicht direkt gewählt, obwohl (oder weil?) er in dem Wahlkreis kandidierte, in dem das "Folsom Europe"-Straßenfest stattfindet. Nun zieht er über die Grünen-Liste ins Abgeordnetenhaus ein. Statt seiner gewann die frühere SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing - trotz ihrer Verwicklung in den Berliner Bankenskandal - den Wahlkreis mit großem Abstand.

Sieht man sich die Ergebnisse einzelner Stimmlokale rund um das "Folsom Europe"-Straßenfest an, das zwei Wochen vor der Wahl dort stattfand, so konnte die NPD ihre Anteile an den abgegebenen Stimmen im Vergleich zu 2001 (als es noch kein "Folsom Europe"-Straßenfest dort gab) zum Teil verachtzehnfachen! In ganz Berlin konnte die NPD ihr prozentuales Ergebnis dagegen nur knapp verdreifachen, trotz der massiven Stimmenthaltung der 42 Prozent Nichtwähler. (Angaben der Zweitstimmen-Anteile in den Wahllokalen in der Finow-Grundschule an der Welserstraße in Schöneberg, unmittelbar neben dem "Folsom Europe"-Straßenfest, nach der "Wahl Extra"-Beilage der "Berliner Morgenpost" vom 19. 9. 06.)

HVD-Kandidaten abgesackt
 
Für die rechte Sekte "Humanistischer Verband Deutschlands" brachte die Berliner Abgeordnetenhauswahl 2006 weitere Rückschläge. Die Organisation, die nach der "Wende" von Berlin aus gegründet worden war und sich 1998 selbst in die Tradition der nazistischen "Freireligiösen" stellte, mußte schon einen massiven Einbruch bei ihrer Hauptaktivität, der "Jugendweihe", hinnehmen: Hier hatte der HVD ein zwiespältiges DDR-Erbe angetreten, das ursprüglich aus der völkischen Bewegung des 19. Jahrhunderts stammte; aber immer weniger (Ost-) Berliner Eltern wollen ihren Kindern die HVD-Indoktrination antun, so daß die Zahlen der "Jugendweihlinge" drastisch abnahm.

Einen ähnlichen Einbruch mußte der HVD bei seiner Repräsentanz im Berliner Abgeordnetenhaus hinnehmen. Schon bei der Wahl 1999 mußten seine Mitglieder Katrin Fussan-Freese und Regine Koch (beide damals SPD; heute ist Katrin Fussan nach Scheidung und Coming-Out Vorsitzende der Berliner Schwusos) aus dem Abgeordnetenhaus ausscheiden. Der Europabeauftragte des Landes Berlin und Staatssekretär beim Regierenden Bürgermeister Gerd Wartenberg (SPD), ein alter HVD-Funktionär, schied mit dem Ende des rot-grünen (ersten) Wowereit-Senats 2001 aus dem Amt. 2006 erwischte es die stellvertretende HVD-Vorsitzende und "tierpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion" im Abgeordnetenhaus Jutta Weißbecker, die nicht mehr kandidierte.

Zwei Politiker der Linkspartei/PDS hat der HVD nun noch im Abgeordnetenhaus, beide mußten jedoch massive persönliche Stimmenverluste in ihren Wahlkreisen hinnehmen: Carola Bluhm, die als Carola Freundl aus dem HVD bekannt war, rutschte von 50,5 Prozent im Jahr 2001 auf nur noch 35,0 Prozent der Erststimmen ab und gewann, obwohl stellvertretende Vorsitzende der Fraktion, den Wahlkreis nur noch knapp direkt. Ihren früheren Lebensgefährten Thomas Flierl, ebenfalls seit langem aus dem HVD bekannt, erwischte es noch schlimmer: der Sentor für Wissenschaft, Forschung und Kultur rutschte von 55,0 Prozent 2001 auf nunmehr nur noch 38,2 Prozent der Erststimmen, trotz Senatoren- Bonus und PDS-Hochburg in Marzahn-Hellersdorf. (Prozentangaben der Erststimmen nach "Tagesspiegel" vom 19. 9. 06)

Wowereit, ein Mann von gestern ...
 
Die geistige Enge von Kietz-Politikern wie Wowereit oder Flierl, die niemals aus Berlin raus kamen, nur ihre Klientel bedienen und groß von Weltläufigkeit schwafeln, kommt nicht mehr in dem Maße an, wie es die Herrschenden für den verschärften Sozialabbau bräuchten. Das provinzielle "Jetzt sind WIR mal dran!", das Wowereits "Vettern"-Wirtschaft in Richtung Homosexuellenbewegung kennzeichnet, nervt so sehr, daß selbst die bisher freundlich gesonnene Presse sich nicht mehr zurück hält. "Wenig Brot, viel Spiel" befand der "Spiegel" eine Woche vor der Wahl, und zog über Wowereits Persönlichkeit her: "nach innen kannte er keine Verwandten", sondern habe "mit harten Bandagen" mögliche innerparteiliche Konkurrenten weggebissen. "Dunkle Seiten" habe er: "Zielsicher erkennt Wowereit in Senatsvorlagen die Schwachstellen und liebt es, deren Autoren vor versammelter Mannschaft zu demütigen", so der "Spiegel" weiter, als gelte es, eine intrigante SM-Tunte aus der Unterdrückungszeit zu beschreiben.

Als "kaltherzig" gelte er, schrieb die "taz" einen Tag vor der Wahl, "brutal und gönnerhaft", "ein rüpelhafter Mensch", der "hinter verschlossenen Türen demütige". Der "Tagesspiegel", der schon offen Steffels Ausspruch vom "deformierten Charakter" zitiert hatte, scheute sich zwei Tage vor der Wahl nicht einmal, auf Seite 3 "eine junge Frau, unverkennbar türkischer Herkunft" aus "Neukölln" zu zitieren: "Die alte Schwuchtel, die sollte abdanken!" Wenn bereits eine derart offen homophobe Äußerung gedruckt wird und vom "Tagesspiegel" nur mit dem Satz kommentiert wird: "In den Berliner Parteien wird über die pikante Frage schon getuschelt", dann zeigt sich, wie sich "Wowis" Ausspruch "Und das ist auch gut so!" im Alltagsgeschäft abgenutzt hat.

Das Reiten des wilden Hengstes der sexuellen Emanzipation war eine kurze Show. Ihre Tricks sind durchschaut, sie langweilt nur noch. Und "Wowis" Sado-Maso-Steckenpferd hat die Emanzipation nicht befördert, sondern um Jahre zurückgeworfen.

Man wendet sich zunehmend besorgt der Wirklichkeit eines Verarmungspolitikers zu, dessen "Glamour" sich als Provinz-Tant erwiesen hat. "Wowereit trifft in Berlin offenbar ein Lebensgefühl", sagte der "Parteienforscher" Jürgen Falter (der übrigens ursprünglich aus der rechten Ecke des Ekkehart Jesse kommt) nach der Wahl. Mit 6 Prozent Kandidatenbindung? Die Wahlforscher von ARD und infratest-dimap wußten schon mehr, als sie Wowereits Beliebtheit tiefer hängten. Wenn Hans Kollhoff, ansonsten ein erklärter Anhänger der Nazi-Architektur des Albert Speer, nunmehr für Wowereit eintritt mit dem Argument, der könne Berlin zu einem europäischen Las Vegas machen und damit die Zukunft der Stadt retten, dann kontert der "stern" zu recht: "Berlin ist zum Big Apple für Arme geworden". Wer fährt schon nach Las Vegas? Der white trash, in der Hoffnung auf den großen Gewinn und ein frivoles Abenteuer! Wer glaubt schon, Sado-Maso habe etwas mit "Weltläufigkeit" zu tun? Die verschwitzte Vorstellung von der Großen Freiheit bei Domina und Master ist Provinz pur, ob Campingwagen-Puff auf dem Autobahn-Rastplatz oder Etablissement im Schöneberger Hinterhof. Niemand kann die geistige Enge dieser Berliner Szene besser verkörpern als "Wowis" piefige Lieblings-Frau Desirée Nick, die bei dunker Hautfarbe sogleich an "Nasenringe" denken muß. Das ist Vorstadt, aber nicht suburban blues, sondern Zarah Leander (*).

"Ich habe viele Briefe bekommen, etwa aus der Provinz, die mir gezeigt haben, wie viel Hoffnung mit mir verbunden wurde", sagte Wowereit im September 2006 im Wahlwerbe-Interview der "siegessaeule", "ich habe meine Symbolkraft anfangs völlig unterschätzt."

Wowereits anderen Spruch, "Berlin ist arm, aber sexy", konterte der Korrespondent der Londoner "Times" Roger Boyes in einer Fernsehdiskussion nach der Wahl lakonisch: Jeder Urologe wisse, daß Armut impotent mache. Der Wowereit-Senat habe die einzige wirkliche Chance der Stadt (im Kapitalismus), sich zum "Tor zum Osten" zu entwickeln, nicht erkannt.

Fast die Hälfte der Berliner lebt von Sozialtransfers, die andernorts erwirtschaftet werden, mahnt der "stern". In Berlin lebt jedes vierte Kind unterhalb der Armutsgrenze. Was tun, wenn der kulturelle Kleister nicht mehr klebt? Das Nehmt Rasierklingen gegen den Frust! hat schon beim Opus Dei nicht gewirkt, wirkt nicht bei perspektivlosen Jugendlichen, die sich Gesicht und Arme "schlitzen", um vom Leben wenigsten den Schmerz zu spüren, wenn schon keine Zukunft auf sie wartet. Das "Schlitzen" oder "Ritzen" ist keine Mode, sondern heute eine verbreitete Bewältigungsstrategie in den Schulen. Am Ende stehen dann doch die teuren Psychotherapien oder die Psychiatrie, auf Kosten der Solidargemeinschaften -- Nehmt Rasierklingen! ist Snobismus, wie schon Donatien Alphonse Francois Marquis de Sade auch gezeigt hat, diesmal als Politik, auf derselben Linie wie Wir geben Euch Drückerräume!

... für welches Morgen?

Man ist kein "Global Player", wenn man mal in Mexico neben einem Clown gesessen, in Jerusalem zu Kindern "Schalom, ich bin der Klaus!" gesagt und in zahllosen Hotelbars Gin Tonic getrunken hat. Sich mit einem anderen Show-Knallkopp im Fernsehen auf dem Boden zu wälzen, bringt noch 6 Prozent. Was brauchen die Herrschenden mehr für die nächsten Jahre? Wowereit ist erpreßbar geworden, nachdem die Presse vor der Wahl die SS-Verbindung seiner SM-Freunde verschwiegen hat, die ihm den relativen Wahlsieg gekostet hätte, wäre sie breiter bekannt geworden. Denn das ist selbst in Deutschland zu viel. 2005 zeigte die konservative Presse mit dem deutschlandweiten Hype um "Folsom Europe" dem Regierenden Bürgermeister die Instrumente. Jetzt weiß er und wissen die SPD- und PDS-Landespolitiker, die mit ihm stehen und fallen: Jederzeit kann die SM-Peitsche rausgeholt werden, wenn die Wohnungsbaugesellschaften nicht privatisiert, die Kommunalgebühren, Fahrpreise, Eintrittsgelder nicht erhöht, die Hartz IVer nicht zum Wohungswechsel gezwungen, das Kapital und die "das Berliner Lebensgefühl" finanzierenden rechts regierten Bundesländer nicht entlastet werden.

(September 2006)

(*)

Kaum haben wir diesen Text veröffentlicht, bekennt sich Desirée Nick im Interview in "radio eins" des RBB als "künstlerische" Erbin Zarah Leanders, und die "Berliner Morgenpost" überschreibt einen Artikel über den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts gegen die finanziellen Ansprüche des Wowereit-Senats in ihrer Sonntagsbeilage "Berliner Illustrierte Zeitung" vom 22. 10. 06 mit der Nazi-Durchhalte-Schnulze Leanders aus der Zeit der De-Industrialisierung Berlins durch alliierte Bomber: "Davon geht die Welt nicht unter". Na also, wer sagt's denn! (Zurück zu Nick)

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