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Zweiter Teil


Die nationalrevolutionäre Connection

Gaddafi - Mechtersheimer - Schönhuber
 


3.    Mechtersheimer - Schönhuber

3.0    Zusammenfassung

Alfred Mechtersheimer arbeitet seit Jahren und bis in die jüngsten Tage mit den nationalrevolutionären Schönhuber- und Gaddafi-Fans von "wir selbst" zusammen. Antiamerikanismus und Nationalismus ergänzen sich dabei hervorragend.

Die Neofaschisten von "wir selbst" puschten in den 80er Jahren "Friedensinitiativen", die der Friedensbewegung ein staatlich vereinigtes "Deutschland" in unklar bleibenden Grenzen als Ausweg aus der atomaren Bedrohung anpriesen und in denen Mechtersheimer kräftig mitmischte. Dabei wurde vor allem versucht, das Konzept der staatlichen Einheit der Deutschen gemeinsam mit Alt- und Neofaschisten auf die Tagesordnung zu setzen. Diese Initiativen waren und sind beherrscht von einem nationalrevolutionären Spinnennetz. Der Verdacht, daß es trotz aller Friedensschalmeien diesen Gruppen letztlich um nichts anderes als um ein "Viertes Reich" geht, liegt nahe.

Immer wieder erschienen in der von Mechtersheimer herausgegebenen Zeitschrift "Mediatus" Angriffe gegen die "Reeducation"-Politik der Sieger über den Faschismus, im Herbst 1989 z.B. verpackt in das Thema "Frauen nach 1945: Wir wurden befreit - wir sind nicht frei", sondern besetzt von den "Feinden". Derartiger Antiliberalismus wird immer mal wieder ergänzt durch Angriffe gegen die Linke: im zitierten Falle gegen die bundesdeutschen Gewerkschaftsführer der ersten Stunde, die nach 1945 - so die "Mediatus"-Autorin Gerda Guttenberg - angeblich die Nazi-Lohnpolitik unverändert fortgesetzt hätten. Wie Gaddafi meint Mechtersheimer, die Sieger des Zweiten Weltkriegs seien schlimmer als ihre Gegner, die Nazis nämlich. Mechtersheimer: "Die Siegermächte haben die Chancen von 1945 moralisch und politisch verspielt und die Menschheit an den Abgrund der Selbstvernichtung geführt. Welchen Anlaß gibt es, das Kriegsende von 1945 zu feiern?" (Mediatus, 1/1985).

3.1    Eichberg in "Mediatus"

Es gibt mehrere "Glanzstücke" der jahrelangen Zusammenarbeit Mechtersheimers mit den neofaschistischen Nationalrevolutionären. Im Heft 10/1989 von "Mediatus" präsentiert Mechtersheimer einen "Essay" von Henning Eichberg: "Herausforderungen der europäischen Identität". Als Hauptfeind wird hier wiederum der angeblich gleichmacherische Westen definiert und ein "Europa der Vielfalt" gegen die Weltkultur gefordert: "Europäische Völker haben dem römischen Reich widerstanden, und ihre Volkssprachen überlebten die lateinische Harmonisierung". Dieser Denkansatz findet sich schon bei dem Nazi-Ideologen Houston Stewart Chamberlain, der die "Germanen" als Erben der Antike ausgab, die am "Völkerchaos" des Römischen Reiches zugrunde gegangen sei.

Wird in der Abwertung der romanischen Sprachen schon deutlich, welches Europa Eichberg in "Mediatus" meint, so läßt er im nächsten Abschnitt seines "Essays" keinen Zweifel mehr daran, wessen Geistes Kind er ist: "Darum ist die Demokratie des Nordens etwas anderes als diejenige des 'Bürgers' im Süden und Westen. Sie hat ihre Voraussetzungen eher im Thing als in der Polis". In der Zeitschrift des Bundestagsabgeordneten Mechtersheimer wird somit - noch nebulös - die alte faschistische Vision eines "germanisch" bestimmten Staates propagiert.

Eichberg vergißt nicht, auch in diesem Artikel eine Verbindung zu Libyen zu konstruieren und gibt in einer Liste von ihm empfohlener Bücher, die seinen "Mediatus"-Beitrag abrundet, auch ein Buch von Jean Ziegler an. Was er nicht angibt: Ziegler war Mitglied der Juri, die den von Gaddafi gestifteten "Menschenrechtspreis" verliehen hat.

3.2    "Friedensbewegung NPD"

Mechtersheimers enger Mitarbeiter im Starnberger "Forschungsinstitut für Friedenspolitik" Erich Schmidt-Eenboom brachte in "Mediatus" Nr. 6/1989 unter dem Titel "'Friedensbewegung NPD'" (ohne Fragezeichen) und "Antimilitarismus von Rechts?" (mit Fragezeichen) eine reißerische Geschichte über die angeblich neue Entwicklung zum Neutralismus auf der extremen Rechten. Ein Flugblatt der "NPD-Initiativgruppe-Frankfurt" wird dokumentiert und scheinheilig fragt Schmidt-Eenboom: "Gibt es einen zivilen Nationalsozialismus mit Resonanz?". Er bittet die "Mediatus"-Leser um Antworten, die in Nummer 8-9/1989 abgedruckt werden. Der "Mediatus"-Redakteur Schmidt-Eenboom ist hier am Ziel, er überschreibt seinen begleitenden Artikel diesmal gänzlich ohne Fragezeichen, vielmehr mit einem Ausrufezeichen: "Antimilitarismus von Rechts!". Jetzt weiß er plötzlich, daß die NPD "schon zu Beginn der 80er Jahre auf die Verbindung von Nationalismus und Friedensbewegung" gesetzt habe und gibt zu erkennen, daß man eine Kooperation mit Faschisten nicht mehr rundheraus ablehnt. Gegen die Linke und den Habermas'schen "Verfassungspatriotismus" höhnt Schmidt-Eenboom in Erinnerung an seine rhetorische Frage nach der "Resonanz" des "zivilen Nationalsozialismus" nun: "Gehofft hatte die MEDIATUS-Redaktion, daß sich in ihrem Selbstverständnis berührte kritische Sozialwissenschaftler/innen - Typ Frankfurter Schule - von den neuen gesellschaftlichen Verwertungszusammenhängen ihrer Arbeit herausgefordert fühlen und auf den MEDIATUS-Artikel reagieren. Vielleicht ist aber gerade die Frankfurter Schule z.Z. in den Ferien. Erreicht haben Starnberg dennoch einige Leserbriefe von Mitgliedern des Forschungsinstituts für Friedenspolitik e.V.". Und die haben's in sich!

Von den sieben abgedruckten Briefen der Mechtersheimer-Anhänger ist nur einer skeptisch gegenüber der Kooperation mit Neofaschisten. Ansonsten herrscht eitel Freude:

"Jeder, der dieses Ziel (Bekämpfung des Militarismus, d.V.) mit Mitteln und auf Wegen unterstützt, die im Einklang mit dem Ziel und seinen Werten stehen, muß uns - wollen wir glaubwürdig bleiben (sic!) - willkommen sein."
"Was macht es denn, wenn sich von rechts jetzt 'unpazifistische' Stimmen gegen ausländische Truppen bei uns richten?"
"Warum soll ein deutscher Linker nicht national sein und ein deutscher Rechter Pazifist?"
"So vertragen sich extrem außen angesiedelte Weltbilder widersprüchlichster Art harmonisch."
"Freuen wir uns doch über die neue Brüderlichkeit zwischen links und rechts, die aufzukeimen beginnt. Sie wird die Legitimationskrise unserer Besatzer und ihrer deutschen Helfershelfer verstärken."
"Dennoch oder vielleicht um so eher sollte man den Antimilitarismus dieser Kreise nicht stören und bei Bitten um Hilfestellung sogar unterstützen."
Lediglich einer hat Zweifel: "Beim derzeitigen allgemeinen Entspannungstrend können auch die neuen Rechten nicht anders als sich antimilitaristisch zu geben. Später werden sie davon nichts mehr wissen wollen." 

 "Friedensbewegung NPD" in "Mediatus" -
Erich Schmidt-Eenboom lässt die Katze aus dem Sack:
 

Im August desselben Jahres hatte Schmidt-Eenboom auf einer Anhörung der SPD-Bundestagsfraktion über "Gleichberechtigte Partnerschaft im Bündnis" noch vor dem "akuten Antimilitarismus von rechts" als "gefährlich" gewarnt (S. 113 der Dokumentation), um die zögerlichen Sozialdemokraten zu eigenen Angriffen gegen die amerikanische Militärpräsenz in Europa zu bewegen.

3.3    "Mediatus" in "wir selbst"

Diese Entwicklung ist freilich keineswegs neu. Im Oktober 1985, in der "wir selbst"-Nummer 4/1985, erscheint die von Mechtersheimer, Franz Miller und Schmidt-Eenboom verfaßte "Friedensplattform '87" als eingehefteter Sonderdruck. Dies geschieht ohne Wissen der Institutsgremien des Starnberger Friedensforschungs-Instituts, als Soloaktion der Autoren. Die Kopfzeile der zu diesem Zweck gedruckten "Friedensplattform" lautet auf jeder Seite: "wir selbst - Sonderdruck - mediatus". Im Impressum zeichnet für die Seiten verantwortlich: "Forschungsinstitut für Friedenspolitik e.V., Starnberg". Es werden jedoch nur die Autoren der "Friedensplattform" genannt, keine presserechtlich verantwortliche Person. Das "Impressum" ist also keins, auch juristisch ist der "wir selbst"/"mediatus"-Sonderdruck ein unselbständiger Teil des "wir selbst"-Heftes. In dem Text, der im wesentlichen nur den Diskussionsstand der Friedensbewegung widergibt, heißt es dennoch: "Durch gemeinsame Abrüstungsschritte und vertraglich festgelegte militärische Selbstbeschränkungen sind Voraussetzungen für eine qualifizierte Souveränisierung der beiden deutschen Staaten und für eine friedensvertragliche Regelung der deutschen Frage zu schaffen".

3.4    Nationalrevolutionäre in der Friedensbewegung:
          Ein Spinnennetz

Mechtersheimers Beziehung zum Neofaschismus und den nationalrevolutionären Gaddafi-Schönhuber-Fans ist weitaus breiter. Sie rührt von dem deutschlandpolitischen Konzept des Neofaschismus her, das sich seit Anfang der 80er Jahre ideologisch und personell wie ein Spinnennetz über Teile der Friedensbewegung legte. Das Konzept läßt sich (außenpolitisch) auf den einfachen Nenner des CDU-MdB Friedmann bringen: "Einheit statt Raketen". Friedmanns heiß diskutiertes Papier wurde dann auch in Ausschnitten von "wir selbst" nachgedruckt.

Nicht das Kapitalinteresse an der Niederwerfung des Sozialismus und des konkurrierenden Kapitals sei die entscheidende Kriegsursache, so heißt es bei den Nationalrevolutionären; nicht die Raketen seien das Mittel zu diesem Kampf um Märkte und Rohstoffe, sondern die "Spaltung" Europas als solche, die Teilung Deutschlands als deren Zentrum sei die eigentliche Kriegsgefahr. Deshalb müsse die Teilung überwunden, die staatliche Einheit der Deutschen (oftmals inklusive Österreichs) durchgesetzt werden, dann komme der Frieden von selbst. Daß die Vertreter dieser Positionen heute, nach dem Zusammenbruch des "Ostblocks", immer noch an der staatlichen Einheit der Deutschen festhalten und dies nun überwiegend völkisch begründen ("Es wächst zusammen, was zusammen gehört", die Zeitschrift "Junge Freiheit" begeistert sich über Willy Brandts Berliner Rede vom 10.11.89, sie sei "eine geradezu patriotische Rede", JF Nr. 6/1989), zeigt, daß ihre Argumentation in Wahrheit immer schon genau umgekehrt verlief: Die Friedensbewegung sollte von rechts her in Dienst genommen werden, um das lang ersehnte Ziel der staatlichen Wieder- oder Neuvereinigung Deutschlands (bisweilen auch mit Österreich), der Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs zu erreichen. Ein starkes blockfreies Deutschland als sein eigener Block oder als Führungsmacht des neuen Blocks Europa - das alte Ziel der Faschisten und des deutschen Kapitals. Die atomare Hochrüstung als Gefahr für die Menschheit trat während der 80er Jahre in den Hintergrund, denn der Kampf dagegen war nur Mittel zu einem anderen Zweck.

Mechtersheimer in der "taz" vom 9.7.87: "Für mich war immer klar, seit ich mich mit Abrüstung beschäftige: eigentlich geht es gar nicht um eine Raketendiskussion, sondern um die deutsche Frage. Das ist der Kern der Debatte, es hat gar keinen Sinn, drumrum zu reden". In der "BILD-Zeitung" am 14.9.89: Die Grünen "müssen für ein grünes, neu vereinigtes Deutschland arbeiten". Am 22.8.88 (vor der Berlinwahl mit dem ersten großen REP-Anteil also) in der "taz": "Ich kann mir nicht vorstellen, daß bei uns neue faschistische Zeiten bevorstehen. Das Kapitel ist abgeschlossen".

3.4.1 Geschichtsrevision für die Linke: Das Spinnennetz wird geknüpft

Nach einigem Vorgeplänkel erscheint 1981 als Startschuß einer Geschichtsrevision für die Linke das Buch "Die Linke und die nationale Frage" von Peter Brandt und Herbert Ammon. Die völkische Interpretation der Welt wird in Vorwort und Einleitung als "links", weil angeblich volksnah ausgegeben, völkische Theoretiker wie Eichberg und radikale Rassisten wie Niekisch werden als "linke" Denker vorgeführt: "Die politische Breite unserer Zusammenstellung, der bewußte Verzicht auf die Ausgrenzung von Texten" sei "auch eine programmatische Aussage". Und natürlich wird auch wieder biologistisch "die gemeinsame Abstammung" als Nationen konstituierendes Element anerkannt (S. 21f) und es wird - das kennt man seit dem Vater der völkischen Bewegung in Deutschland, Paul de Lagarde - der angebliche Mangel an "nationaler Identität" der Deutschen für alle Unbill verantwortlich gemacht: für "die Identitätskrise der Jugend", für "Antriebs- und Willensschwäche, Narzißmus, Mißtrauen gegen die Lehrer, abgesehen von der spektakulären Drogensucht" (S. 24) - als gäbe es z.B. in Frankreich keine Drogensucht! Das geeinte Europa können sich die beiden Ethnopluralisten nur als "Völkerbund" vorstellen; an die Nazi-Verbrechen erinnert zu werden, empfinden sie als "ein Stück Fremdbestimmung"(S. 25) - Ernst Nolte und Franz Josef Strauß von "links".

Die beiden Herausgeber haben die neofaschistische Weltsicht Eichbergs internalisiert: sie sprechen selbst von "regionalistischen Bewegungen in den 'inneren Kolonien' gegen die europäischen Herrschaftszentren" (S. 18), preisen - wie Eichberg - das "deutsche Liedgut" und die "deutsche Romantik", auf die sich die völkisch-faschistische Bewegung schon immer berufen hat. Daß sie es genauso meinen wie diese, zeigen ihre Aktionseinheiten mit Völkischen und mit Faschisten.

Brandt/Ammon verlangen unter Vorgriff auf den Historikerstreit bereits 1981 eine "von ideologischen Scheuklappen befreite Unbefangenheit" im Umgang mit deutscher Geschichte und "nationaler Identität", die sie ausdrücklich gegen "universalistische Industriezivilisation" setzen (S. 19). Damit liegen sie exakt auf der Argumentationslinie des Neofaschismus. Habermas hatte 1986 im Historikerstreit gegen diese "Unbefangenheit" gefordert: "Wir können einen nationalen Lebenszusammenhang, der einmal eine unvergleichliche Versehrung der Substanz menschlicher Zusammengehörigkeit zugelassen hat, einzig im Lichte von solchen Traditionen fortbilden, die einem durch die moralische Katastrophe belehrten, ja argwöhnischen Blick standhalten" (Die Zeit, 7.11.86). Von einem "argwöhnischen Blick" halten die Brandt/Ammon überhaupt nichts, im Gegenteil: Während Habermas "Verfassungspatriotismus" zum Grundgesetz einforderte, bekritteln Brandt/Ammon, der Auftrag zur Ausarbeitung einer bundesdeutschen Verfassung sei "von den Besatzungsbehörden" gekommen (S. 22). Einen - unverfänglich klingenden - Text des antisemitischen Vernichtungshetzers Niekisch (vgl. 3.4.3.2.1) drucken sie ab und Eichberg selbst darf (Soziales gegen Völkisches austauschend) schreiben: "Identität oder Entfremdung, das ist der neue Hauptwiderspruch, Imperialismus oder unser Volk". Und Eichbergs Beitrag schließt mit dem Wort vom "Wodka-Cola-Imperialismus", das heute zum Grundwortschatz des Neofaschismus gehört.

1981 arbeitet in Berlin die "Arbeitsgruppe Berlin- und Deutschlandpolitik in der Alternativen Liste" unter Mitarbeit von Ammon und P.Brandt, von Jürgen Graalfs und Jürgen Tribowski, an der Schrift "Paktfreiheit, Atomwaffenfreie Zone in Europa, Einheit Deutschlands". "wir selbst" berichtet sogleich positiv in Heft Nr. 1/1982 darüber - im selben Heft mit dem ersten "Reisebericht des WIR SELBST-Redaktionskomitees" nach Libyen. Wenig später erscheint die überarbeitete Fassung der Schrift: "Paktfreiheit für beide deutsche Staaten oder Bis daß der Tod uns eint?". In den Literaturempfehlungen findet sich Mechtersheimer neben Niekisch und das Buch des Nationalrevolutionärs Rainer Dohse: "Der dritte Weg. Neutralitätsbestrebungen in Deutschland zwischen 1945 und 1955", das vor allem die Bemühungen der Nazis nach 1945 um eine Wiedergewinnung ihres Deutschlands positiv beschreibt, im Zentrum damals: Wolf Schenke, in dessen Verlag das Buch Dohses dann auch erschienen war. Positiv hingewiesen wird von der AL-AG auch auf Theodor Schweisfurth und den Bundeswehrgeneral Jochen Löser, beide werden später in "wir selbst" schreiben, Löser beruft sich bei dieser Gelegenheit offen auf Alain de Benoist. Die AL-AG läd schließlich 1984 Henning Eichberg zu einer Diskussion ein und löst damit einen viel beachteten Eklat in der AL aus.

1982 erscheint im rechten Lübbe-Verlag, der auch die trivialen Bastei- und Landser-Heftchen herausbringt, Wolfgang Venohrs Buch "Die deutsche Einheit kommt bestimmt". Venohr versteht sich selbst als Niekisch-Schüler und ist laut "wir selbst" einer der wenigen Nationalrevolutionäre der älteren Generation. Venohr schrieb in den 60er Jahren häufig in Wolf Schenkes Zeitschrift "Neue Politik", in der auch Niekisch und Otto Strasser publizierten.

In Venohrs 1982er Buch sind als Autoren die Personen vereint, die auch am Ende der 80er Jahre diese Szene bestimmen: der REP-Anhänger Hellmut Diwald, der Rechtsaußen Harald Rüddenklau (1988 gründet er zum Zwecke der Wiedervereinigung den "Neuen Deutschen Nationalverein", von dem "wir selbst" im Januar 1989 promt das "Grundsatzprogramm" druckt, vgl. 3.4.2.13), Theodor Schweisfurth, Peter Brandt und Herbert Ammon (sie empfehlen hier das deutsche Volkslied als Gegenmittel gegen die "Identitätskrise der Jugend") und Wolfgang Seiffert; bis auf Rüddenklau und P. Brandt werden sie alle auch in "wir selbst" schreiben. Venohr entwickelt in dem Buch seine Idee der staatlichen Wiedervereinigung eines nationalrevolutionären "Deutschland" als blockfreier "Konföderation". Das Buch gilt heute neben dem von Brandt/Ammon als grundlegend für die nationalrevolutionäre Deutschlandpolitik der 80er Jahre.

"wir selbst" (Heft 2/1982) bringt wieder einen Problemaufriß: Antiamerikanismus und neofaschistische Sozialdemagogie bestimmen den Text, der über den "Bonner Vasallenstaat" und die "gesamtdeutschen Friedensinitiativen" unter der sinnig umgedrehten Überschrift "...bis alles in Scherben fällt" berichtet. Das alte Nazi-Lied soll natürlich nicht auf die eigenen braunen Bataillone hinweisen, die bis 1945 "alles in Scherben" schlugen, sondern auf die atomare Vernichtungsdrohung der 80er Jahre, die von den Kriegsgegnern der Nazis ausgehe. Vom "Umerziehungskomplex der Deutschen" ist die Rede und es heißt: "Unbeeindruckt vom 'Nationalismus'-Vorwurf findet die gesamtdeutsche Friedensbewegung immer mehr und mehr Anhänger..., weil es sich um einen antiimperialistischen Befreiungsnationalismus handelt". Der Artikel endet mit einem als Sinnspruch gesetzten Zitat von Hellmut Diwald: "Westdeutsche Gewehrläufe und Geschütze nach Osten auf Deutsche gerichtet - das ist ein Tiefpunkt sittlicher Verwahrlosung und politischer Korruption" (S. 8). Diwalds Geschichtsverständnis beschränkt diese Bewertung auf Deutsche. Im selben "wir selbst"-Heft schreibt auch Venohr.

Ebenfalls noch 1982 bringt "wir selbst" eine offenbar von Eichberg (sonst spricht dort niemand dänisch!) verfaßte erste Bilanz der Einigungsbemühungen. Der Autor zieht selbst den Bogen von Peter Brandt über Diwald und Venohr, die NPD und Freys "Deutsche Nationalzeitung" bis zum "Thule-Seminar" und Alain de Benoist's "Nouvelle Droite".

Man wußte zu dieser Zeit allerorten sehr wohl, was man hier tat, daher die Zurückweisung des "'Nationalismus'-Vorwurfs" in "wir selbst". Die Illustrierte "stern" hatte im März 1983 den Artikel "Die roten Nazis - Die rechte Gewalt hat ein linkes Programm" über die Nationalrevolutionäre gebracht.

Die Geschichtsrevision für die Linke, die hier betrieben wurde, war Teil der Debatte um angebliche "nationale Identität", die den größten Angrff auf das Recht der Schwächeren, ihre materiellen Interessen durchzusetzen und notfalls zu erkämpfen, war, seit Ludwig Erhard in den 60er Jahren das Konzept der "Formierten Gesellschaft" präsentierte. Allerdings weist die Debatte der 80er Jahre einen erheblichen Unterschied zu der der 60er Jahre auf: Die Konservativen und Neofaschisten haben jetzt ein Thema gefunden, dem sich auch Teile der Linken nicht verschließen möchten. Denn während sie in den 60ern und 70ern kritisches Bewußtsein schaffen wollten (siehe Bildungsreform und Rahmenrichtlinien-Diskussion), will ein Teil der Linken in den 80ern die nationale Integration, auch in Zusammenarbeit mit Neofaschisten. Das "soziale Wir" der Linken wird hier durch das "nationale Wir" der Rechten ersetzt. Dies ist Ziel und Effekt der Geschichtsrevision für die Linke: nationaler Kleister zur Abwicklung der Sozialschäden des 80er/90er-Jahre-Kapitalismus. Dazu dient auf der Linken ein Rückgriff auf scheinbar sozialrevolutionäre Konzepte der "Konservativen Revolution", der Nationalrevolutionäre der 20er Jahre und des antikapitalistischen Flügels der NSDAP, auf die Vordenker des Faschismus also. Im Hintergrund steht als Ziel die Einschwörung der Linken auf territoriale Expansion, ein Konzept, gegen das sich die Linke bis zum Beginn der 80er Jahre ebenso geschlossen wie vehement zur Wehr setzte. Wie im Historikerstreit, so geht es hier darum, nicht 1933 sondern 1945 als die "deutsche Katastrophe" zu verkaufen: wenn z.B. Herbert Ammon "die Absurdität der deutschen Teilung" als die "deutsche Misere" präsentiert. Mitstreiter Wolf Schenke drückte dies in einem Aufsatztitel aus: die "Deutsche Daseinsverfehlung" sei nicht etwa die Zeit vor 1945, sondern die nach 1945. Für "Verfassungspatriotismus" bleibt hier kein Platz.

3.4.2 Die Personenbündnisse entstehen

Die Personen haben sich bis 1982 gefunden, nun geht es Schlag auf Schlag: Initiativen von immer denselben Personen werden gegründet, um via Friedensbewegung "Deutschland" zu vereinen. Eine Auswahl:

3.4.2.0 Das "Manifest neues Deutschland" des GDS

Im September 1982 bringt der GDS (der bis 1984 "Ostpolitischer Deutscher Studentenverband" ODS hieß), sein nationalrevolutionäres "Manifest neues Deutschland" heraus, zu dem der spätere Bonner REP-Kandidat Peter Boßdorf ein Vorwort schreibt. Mit einem Aufkleber der Burschenschaft "Danubia" wird es auch von München aus vertrieben. Alle inhaltlichen Punkte, die sich durch die verschiedenen Initiativen ziehen werden, tauchen hier bereits auf. Das "System von Jalta" wird für die Kriegsgefahr verantwortlich gemacht: "Die Teile Deutschlands sind zur Spielwiese für die Kraftakte der Supermächte geworden". Es gehe um "die Verhinderung eines Krieges"; "die deutsche Einheit stellt keine Gefahr für die Völker Europas und der Welt dar. Die Gefahr liegt ausschließlich in der Konfrontation der Supermächte mitten in Europa". Die (zum Teil offen militanten) Neofaschisten des GDS geben sich sozialrevolutionär: "Das Konzept eines Übergriffs des kapitalistischen Westens auf den Osten (ökonomischer Missionsgedanke) stellt eine latente Aggressionsdrohung dar und ist als deutschlandpolitische Perspektive völlig unbrauchbar". Offen wird die zukünftige Besetzung Westpolens gefordert.

Wie der spätere GDS-Bundesvorsitzende Weisig offen zugab, wurde dieses Programm als Lockangebot für die Zusammenarbeit mit sich als links ausgebenden Initiativen geschrieben. Tatsächlich gab es später enge Kontakte des GDS mit Theodor Schweisfurth (vgl. 3.4.2.6 und 3.4.3.3) und Verbindungen zur LDD (vgl. 3.4.2.4).

3.4.2.1 Die "Kölner Konferenz Grünalternative Bewegung und deutsche Frage"

Auf dieser noch von Bundesvorstand und Bundestagsfraktion der Grünen finanzierten Konferenz im November 1983 wird zum ersten Mal in der Öffentlichkeit der praktische Versuch einer Zusammenarbeit von Teilen der Friedensbewegung und Nationalrevolutionären gemacht. "wir selbst" wird den Konferenzteilnehmern zum Kauf angeboten. Auch die Anwesenheit zahlreicher Mitglieder des NRKA, die Papiere verteilen, in denen indirekt der Anschluß Österreichs und "geschlossene Siedlungsgebiete für nichtdeutsche Volksgruppen" gefordert wird, irritiert die Pressevertreter, die seit dem "stern"-Bericht über die "roten Nazis" informiert sind.

3.4.2.2 Schönhubers "Deutschlandrat"

Ende 1983 gründet u.a. Schönhuber die REPs-Partei, nur eine Woche später, Anfang Dezember 1983, finden sich intellektuelle Schönhuber-Berater im "Deutschlandrat" zusammen, der in einer Erklärung vor der "atomaren Vernichtung" warnt und die Wiedervereinigung fordert: "Wir wollen wieder eine normale Nation sein". Der "Deutschlandrat" knüpft ausdrücklich an die Friedensbewegung an. Zu seinen Mitgliedern zählen neben Franz Schönhuber drei weitere "wir selbst"-Autoren: Hellmut Diwald, Bernhard Willms und Wolfgang Seiffert sowie Armin Mohler und der rassistische Bevölkerungspolitiker Robert Hepp.

"Deutschland-Rat" hieß bereits eine Gruppe, die Wolf Schenke zu Beginn der 60er Jahre mit seinen engen neofaschistischen Mitstreitern zur Propagierung einer deutsch-deutschen Konföderation ins Leben gerufen hatte (vgl. 2.4.3 und 3.4.3.1). Herbert Ammon wird Mitte der 80er Jahre in "wir selbst" den damaligen "Deutschland-Rat"-Aktivisten Bogislaw von Bonin als Alternative zum SPD-Bundestagsabgeordneten Andreas von Bühlow und seinem sicherheitspolitischen "Bühlow-Papier" präsentieren (vgl. 2.4.9 und 3.4.3.2).

Der Deutschlandrat von 1983 findet fast nur in neofaschistischen Zeitungen Widerhall; seine Erklärung drucken "Nation Europa", "Criticon", "Deutschland in Geschichte und Gegenwart" usw.

Ende 1983 bringt "wir selbst" einen dritten Aufriß des Problems: "Entkolonisierung der Deutschen - Friedensbewegung und neuer 'deutscher Patriotismus' - eine Analyse der gesamtdeutschen Friedensbewegung". Im selben Heft schreibt auch Herbert Ammon, und der bekannte Insider der nationalrevolutionären Szene Günter Bartsch (ebenfalls Autor in "Criticon") gibt hier zum besten: "Der Nationalrevolutionär besteht auf der Unabhängigkeit jeder Nation und ist daher entschieden gegen alle universalistischen Konzeptionen. Seines Erachtens würde durch eine Vereinigung oder gar Vermischung aller Völker ein ungenießbarer Einheitsbrei angerührt, in dem die kostbare Vielfalt der Nationen und Kulturen unterginge. Für den Nationalrevolutionär enthält die nationale Frage die 'Sprengkraft für die Lösung aller anstehenden Probleme in Deutschland'" (S. 24). Ein Bild des Hitler-oppositionellen Rassisten und Antisemiten Ernst Niekisch, dem der Österreicher Hitler zu sehr von "romanischem Blut" durchflossen war, ziert diesen "wir selbst"-Artikel.

3.4.2.3 Die Gruppe "Den Frieden retten - Deutschland vereinen!"

Am 3. Februar 1984 erscheint in der "Frankfurter Rundschau" eine Anzeige unter dem Titel "Den Frieden retten - Deutschland vereinen!". Unter namentlichen Bezug auf Ernst Niekisch und die aktuelle atomare Vernichtungsdrohung wird die deutsche Einheit als Ausweg aus der Aufrüstung ausgegeben. Die Anzeige ist initiiert von ehemaligen Mitgliedern des NRAO/SdV, der nationalrevolutionären Neofaschisten der 70er Jahre also: Sven Thomas Frank und Udo W. Reinhard, die schon Ende der 60er Jahre aktiv waren, und dem NRAO/SdV-Führer Wolfgang Strauss, fleißiger Autor in "Nation Europa" und (wie Frank) im "Criticon" des Caspar von Schrenck-Notzing. Die Anzeige ist namentlich unterzeichnet von 18 Personen, unter ihnen der Sohn des Mitbegründers der Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft" und späteren Vertrauten Wolf Schenkes Gerhard Bednarski, Wolfram Bednarski, der seinerseits Mitglied der "Unitarier"-Sekte war und dessen Schwester Freya heute Funktionärin der Sekte ist (nicht die Linke, sondern die Rechte gibt so viel auf "Sippe"!); Wolfram Bednarski gehörte später dem ÖDP-Landesvorstand Niedersachsen an, der geschlossen zu den REPs übertrat (vgl. 3.4.3.1), und war Mitbegründer der weit rechten Partei "Die Weißen" in Niedersachsen; der Nationalrevolutionär Konrad Buchwald, der häufig in dem NRAO-Blatt des Wolfgang Strauss, "neue zeit", schrieb; Wolfgang Strauss und seine Mitstreiter Frank und Reinhardt; der ständige "Criticon"-Mitarbeiter Gerd-Klaus Kaltenbrunner, auf den sich heute das "Hochschul- und bildungspolitische Programm" des REP-Hochschulverbandes RHV namentlich bezieht; der Nationalrevolutionär Ottokar Runze; Schenke, die "wir selbst"-Autoren Schweisfurth, Seiffert, Venohr und Michael Vogt, ehemals Sprecher der "Danubia"-Burschenschaft, in deren Haus der REP-Hochschulverband gegründet wurde. Ebenfalls dabei: der "Anthroposoph" Gerhard Josewski vom rechtsextremistischen "Collegium Humanum" des "Heidelberger Manifest"-Unterzeichners und Altnazis Werner Georg Haverbeck.(vgl. 3.4.2.8).
Die Anzeige aus der "Frankfurter Rundschau" vom 03. 02. 1984:
 
 
Die Riege der Nationalrevolutionäre reicht vom Rassisten Buchwald, dem Alt-Nazi Schenke,
dem SPD-Mann und Burschenschaftler Schweisfurth (der dann später als Völkerrechtler
an der Frankfurter deutsch-polnischen Universität Viadrina unter der Rektorin Gesine Schwan unterkam,
wo er nebenbei versuchte, sein vermeintliches Familienerbe, eine alte Brauerei,
die zwischenzeitlich zu Volkseigentum geworden war, auf sich zu reprivatisieren),
dem "Deutschen Unitarier" Bednarski, dem eher SA-orientierten Strauss bis zu Josewski,
einem langjährigen Wegbegleiter der späteren Auschwitz-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel
vom inzwischen verbotenen "Collegium Humanum" -- ein illustrer Kreis,
bei dem die Niekisch-Anhänger Venohr und Runze so wenig fehlten
wie die konservativen Publizisten Kaltenbrunner und Seiffert.
                                                   
Josewski und Haverbeck-Wetzel betreiben zur gleichen Zeit nebenher noch
die "Aktion Gesamtdeutsche Solidarität", eine schlecht getarnte Neonazi-Veranstaltung:
 

3.4.2.4 Der Initiativkreis Linke Deutschland-Diskussion (LDD)

Im Oktober 1984 wird von dem engen persönlichen und politischen Freund (Selbstbezeichnung) sowohl Ammons als auch Mechtersheimers und Mitglied in Mechtersheimers Starnberger Forschungsinstitut für Friedenspolitik e.V., Rolf Stolz, die LDD gegründet. Stolz, Mitglied des ersten Bundesvorstands der Grünen, steht seit Jahren und bis heute auf der Gehaltsliste des Chemiemultis Bayer AG, wo er als Betriebspsychologe arbeitet, allerdings selten anzutreffen ist; vor allem während seiner Zeit als Mitglied im Bundesvorstand der Grünen munkeln Insider vom "Vertreter der chemischen Industrie im Grünen-Vorstand". Im Zusammenhang damit, daß Mechtersheimer der einzige Politiker der westlichen Welt war, der die libysche Giftgasfabrik in Rabta besichtigen konnte, könnte dies eine interessante Begebenheit am Rande sein. In Nr. 49/1989 berichtet DER SPIEGEL, bei Ermittlungen der Zollfahnder gegen die Bayer AG seien Akten über ein Chemie-Geschäft mit dem Iran beschlagnahmt worden. Ohne staatliche Exportgenehmigung habe Bayer Giftgas-Grundstoffe an die islamisch-fundamentalistischen Mullahs geliefert. 

Gründungseinladung (links) und Gründungsmitteilung (rechts) der LDD:
 


 
Höchst konspirativ unter dem Postfach der rechtsexremen Koblenzer Nationalrevolutionäre Emmrich und Kraus: "Persönliche vorherige Anmeldung ist unbedingt erforderlich !" (links unten) und zwar mit Ausrufezeichen. Auch dabei: der alte maoistische Weggefährte von Stolz, Willi Becker. "Geschäftsstelle" ist ebenfalls das NR-Postfach, die Frau des vormaligen Grünen-Spitzenfunktionärs richtet das Konto ein (rechts unten).

Gründungsmitglieder der LDD sind auch die "wir selbst"-Mitbegründer Axel Emmrich, Jürgen Kraus und H.J. Ackermann (vgl. 2.5). Als Postfach der LDD wird jahrelang dasselbe Postfach in Lahnstein angegeben, das zeitweise vom NRKA, von einer Fraktion der PO und nach deren Spaltung von der Gruppe "Neue Perspektiven" und heute von dem schwulen Motorad- und Lederclub "Schwarz Rot Gold" benutzt wird; es ist das Postfach der Nationalrevolutionäre Emmrich und Kraus (vgl. 2.5 und 3.4.3.5), die von Beginn an zentral in der nationalrevolutionären Agitation um Henning Eichberg und Rolf Stolz engagiert sind und Verbindungsglieder nach rechts außen darstellen. Entsprechend wird "wir selbst" von der LDD linken Kritikern gegenüber als linkes Blatt ausgegeben, Niekischs Faschismus rechts von Hitler als "linkssozialistische Tradition" bezeichnet.

LDD-Flugblatt gegen die "Besatzer", die alliierten Sieger über den Faschismus:
 
 
Nationalrevolutionär bis ins Detail: die Zeichnung stammt
von dem Niekisch-Freund A. Paul Weber.

Das LDD-Papier "Anstoß für eine deutsch-deutsche Alternative" wird u.a. unterstützt von Ammon, Schenke, Emmrich, Kraus, dem rechtsextremen Sektenprediger Hubertus Mynarek (der mit den "Deutschen Unitariern" zusammenarbeitet, siehe auch den Text: Zu Hubertus Mynarek, 87 KB), dem "Helios"-Verlag Bahns, dem Sprecher des NRKA Armin Krebs, H.J. Ackermann, Peter Bahn selbst, Claus-Heinrich von Wendorff (ein Schenke-Vertrauter der 60er Jahre, der damals auch im rechtsextremistischen "Volksbund deutscher Ring" Beisitzer des erweiterten Vorstands war), Schweißfurth, Venohr, Dorothea Wieczorek (die zu der von Schenke mitbegründeten AUD zählte), Ex-Grünen-MdB Christa Reetz (ebenfalls früher AUD), und einem Thomas Scharmann aus Salzburg (sic!). Ein paar Mitglieder der Grünen, unter ihnen das damalige Bundesvorstandsmitglied Brigitte Berthold, und der schon sehr alte Ossip K. Flechtheim geben dieser Liste linke Flecken. Die LDD wirbt (!) mit all diesen Namen für sich.

Die erste, dann doch nicht veröffentlichte Fassung des "Anstoß" hatten auch Jürgen Graalfs und Ingeborg Drewitz unterschrieben, die bei der veröffentlichten Fassung ihre Zustimmung wieder zurückzogen.

Der LDD-"Anstoß" fordert ein staatlich geeintes blockfreies "Deutschland" mit nationaler, "sozialistischer" Prägung.
Zu den Gründern der LDD gehört auch der nationalrevolutionäre Aktivist Willi Becker, ein alter "Kampfgefährte" von Stolz. Becker gab die Zeitschrift "Debatte" (Köln) heraus, in der auch der Neofaschist Peter Bahn publizierte.
Die LDD veranstaltet im Mai 1985 eine "Tagung" in Berlin (West) mit Reetz, Ammon und Schenke.

Über das LDD-Postfach von Emmrich und Kraus wird 1987 die Organisation "Politische Offensive" PO, die Nachfolgegruppe des "Nationalrevolutionären Koordinationsausschusses" NRKA angepriesen und vom organisierten Rechtsextremismus sofort wohlwollend umarmt. "Nation Europa" bringt einen längeren Artikel über die gerade gegründete PO, die Zeitschrift "Europa vorn" des Kölner Rechtsextremisten Manfred Rouhs (vgl. RFS, 2.4.2.1) steht den PO-Autoren für Artikel offen, wo PO-Publizist Marcus Bauer (vgl. "Nation Europa"-Artikel unten) sogleich veröffentlicht. Als es auf einem PO-Treffen zum Absingen des verbotenen Horst-Wessel-Liedes kommt, spalten Emmrich, Kraus und Teile der alten NRKA-"Aufbruch"-Redaktion die PO und versuchen ohne großen Erfolg, mit der Gruppe "Neue Perspektiven" über dasselbe LDD-Postfach die Gratwanderung zwischen Neonazis und sich "links" gebenden Nationalrevolutionären fortzusetzen. Doch da hat die Stolz-Linie ihren Zenit bereits überschritten (siehe 3.4.2.9 und 3.4.2.10).  

Nationalrevolutionäre "Politische Offensive" mit LDD-Postfach ...
 
 
... und sogleich im neofaschistischen Rassisten-Magazin "Nation Europa":
 

3.4.2.4.1 Die Grünen-Kongresse 1984/85

Durch die Verankerung der LDD innerhalb der Partei Die Grünen ist es dieser Gruppe möglich, am rechten Rand der Ökopartei entgegen den Parteitagsbeschlüssen, die sich für die Beibehaltung der deutschen Zweistaatlichkeit aussprechen, Vereinigungspolitik zu betreiben. Besonders in den Grünen-Landesverbänden Baden-Württemberg und Bayern finden sich ehemalige AUD-Mitglieder, die die LDD in diesem Bemühen unterstützen. Bayern und Baden-Württemberg sind traditionell seit den 50er Jahren Hochburgen der neofaschistischen Deutschen Gemeinschaft/Aktionsgemeinschaft unabhängiger Deutscher (DG/AUD) des August Haußleiter (vgl. R. Stöss 1980), der den größten Teil der AUD-Mitglieder 1980 in die Grünen führte.

Haußleiter beteiligte sich 1923 am Hitler-Putsch der NSDAP vor der Münchner Feldherrnhalle, wandte sich dann aber dem Hitler-oppositionellen nationalrevolutionären Flügel des Faschismus zu. Mit seiner rechtsextremistischen Partei DG der 50er Jahre, die auch in Stil und Erscheinungsbild die NSDAP und ihre Gliederungen zu kopieren versuchte, beteiligte er sich am Aufbau des Neofaschismus in der Bundesrepublik. Gemeinsam mit Wolf Schenke gründete er 1965 die AUD, die sogleich über ein Wahlbündnis zur Bundestagswahl mit der NPD verhandelte. Die AUD war gesamtdeutsch, neutralistisch und auf die Konföderation als erstem Schritt zur staatlichen deutschen Einheit ausgerichtet. In den 70er Jahren wandte sich die AUD verstärkt dem Umweltschutz zu, der bereits seit Anfang des Jahrhunderts ein Standbein der völkischen Bewegung in Deutschland war (vgl. Klönne 1984).

Im März 1984 veranstaltet der Landesverband Baden-Württemberg der Grünen einen Kongreß "Friedensvertrag, Blockfreiheit, Neutralität", bei dem Haußleiter die Eröffnungsansprache hält. Die Thesen der Berliner AL-AG zur Deutschland- und Berlinpolitik werden diskutiert, zu einer Podiumsdiskussion, die von Torsten Lange (ehemals AUD) moderiert wird, sind u.a. eingeladen die "wir selbst"-Autoren Theodor Schweisfurth und Wolfgang Seiffert. Der vom Landesverband anschließend herausgegebene Reader zum Kongreß enthält auf den vorderen Deckel Brechts "Kinderhymne", die wegen ihres ethnopluralistisch-völkischen Kerns zum Hit der Nationalrevolutionäre wurde, und auf dem hinteren Deckel eine Anzeige der Zeitschrift "MOZ", die nach einem Bericht der "taz" vom 6.4.1989 über hervorragende Verbindungen zu Gaddafi verfügt: die Geschäftsführung des Verlages, in dem MOZ erscheine, werde von Libyen betrieben, der Verlag sei in undurchsichtige Giftgas-Chemie-Lieferungen an Libyen verwickelt (vgl. Kapitel 1.2, Juni 1988).

Im November 1984 veranstaltet der Landesverband Bayern der Grünen einen deutschlandpolitischen Kongreß, auf dem wiederum Haußleiter und Alfred Mechtersheimer Eröffnungsansprachen halten; der alte Schenke-Mitstreiter Richard Sperber stellt seinen "Friedensvertragsentwurf" vor (vgl. 3.4.2.8). An der Podiumsdiskussion dieses Kongressen nehmen u.a. Haußleiter, Sperber, Wolfgang Seiffert und Rolf Stolz von der LDD teil, vorbereitet wird der Kongreß u.a. von dem ehemaligen AUD-Mitglied Dorothea Wieczorek, die schon den LDD-"Anstoß" unterschrieben hatte.

Der Landesarbeitskreis "Frieden" der bayrischen Grünen versucht noch einmal im Oktober 1985 einen ähnlichen Kongreß im kleinen Rahmen, an dessen Podiumsdiskussion wiederum Haußleiter, Mechtersheimer und Lange teilnehmen.

3.4.2.5 Die "Offener Brief"-Gruppe

Im November 1984 schreibt eine Gruppe schon genannter Personen einen "Offenen Brief an die Grünen", in dem diese aufgefordert werden, die deutsche Wiedervereinigung nach dem Modell der Konföderation in einem ethnopluralistischen Europa anzustreben. "Wir stellen die Gleichung auf: Deutsche Teilung = latente Kriegsgefahr, Deutsche Einheit = gesicherter Frieden", heißt es hier; eine Formel, die Venohr schon in seinem 1982er Buch verfocht, obwohl die Geschichte das Gegenteil bewiesen hat. Venohrs "Zehn-Punkte-Plan für die Herstellung einer Konföderation Deutschland" wird als Anlage mitverschickt. Der ethnopluralistische Ausdruck des "Europa der Vaterländer" (ein altes Waffen-SS-Konzept) kommt explizit im Text vor. Den "Offenen Brief" unterzeichnen u.a. die Nationalrevolutionärin Almute Runze, Schenke, Seiffert, Michael Vogt von der "Danubia"-Burschenschaft und Venohr.
"wir selbst" druckt in der Nummer "Februar/März 1985" den Text des "Offenen Briefes" und Venohrs "Zehn-Punkte-Plan" zu deutschen Könföderation ab.

3.4.2.6 Die Denkschrift "Friedensvertrag, Deutsche Konföderation,
Europäisches Sicherheitssystem"

Im März 1985 erscheint zuerst hektografiert für ein breiteres Publikum, dann im Laufe des Jahres 1985 gedruckt die Endfassung der "Denkschrift" von Herbert Ammon und Theodor Schweisfurth, deren Entwurf schon 1984 in einschlägigen Zirkeln kursierte. Sie ist der bisher am meisten ausgearbeitete Text zu diesem Thema aus dieser Ecke und stellt den einen Friedensvertrag mit "Deutschland" als zentralen Lösungsschritt hin, um den "Besatzungszustand" durch die Sieger des Zweiten Weltkriegs und angeblich damit auch die Kriegsgefahr für Europa zu beenden. "Deutschland" sei vom Krieg bedroht, "weil sich am Besatzungszustand materiell seit 1945 fast nichts geändert hat" (S.19); in der Zeit vor diesem "Besatzungszustand" allerdings, darauf geht man lieber nicht ein, war Europa vom Krieg nicht mehr nur bedroht! Dafür wird dann, auch ein bekanntes Vorgehen, Hitler als Person verantwortlich gemacht: am Anfang des Problems stehe "gewiß Hitlers Krieg" (S.19).

Die staatliche Einheit der Deutschen und Berlin als ihre Hauptstadt sind das Ziel der "Denkschrift": "Die Zukunft Berlins - der ganzen Stadt - liegt in der Tat in ihrer nationalen Aufgabe: Hauptstadt zu werden des Deutschen Bundes, der Deutschen Konföderation" (S.27)

Die "Souveränitätsproblematik", die ansonsten nur noch bei Manöverschäden oder Tiefflugübungen der US-Army hochgespült wird, wird zum zentralen Problem der Raketen-Hochrüstung aufgebauscht: nicht die Raketen als solche, sondern vor allem die Nationalität der Raketen ist demnach das Problem der "Denkschrift". Hierin stimmt sie mit der Argumentation der neofaschistischen Rechtsneutralisten seit 1950 überein. Im Stil der neofaschistischen Agitation heißt es in der "Denkschrift", "dem deutschen Volk" werde von den Siegern des Zweiten Weltkriegs "die innere Selbstbestimmung vorenthalten" (S.9). Die Sieger des Zweiten Weltkriegs kommen nicht als Befreier vom Faschismus vor, sondern als "die Rivalen um Deutschland" (S.28); die "geteilten Deutschen" seien von den Siegern "domestiziert" worden - auch hier sind kaum noch Unterschiede zu Diwalds Präambel des 1989er REP-Programmentwurfs (vgl. dort z.B. Abschnitt zwei).

Nationalistisch erhebt man "die Forderung nach einer Lösung der Deutschen Frage (immer mit großen "D", d.V.) als zentraler europäischer Frage" (S.10); in der von Hellmut Diwald geschriebenen Präambel des 1989er REP-Parteiprogrammentwurfs wird es heißen: "Solange Deutschland nicht wiederhergestellt ist, gibt es in Europa keinen wirklichen Frieden". In der "Denkschrift" heißt es (S.16f), man stoße überall "auf den Kern der europäischen Sicherheitsfrage: Die ungelöste Deutsche Frage".

Im Stile rechter Bundestagsredner wird die angebliche "Entspannungseuphorie" der 70er Jahre beklagt (S.15). Der Helsinki-Prozeß wird von den "Denkschrift"-Autoren nationalistisch motiviert ausdrücklich abgelehnt, weil er "nicht spezifisch deutsche Angelegenheiten" (S.37) betreffe; über die angebliche "Fruchtlosigkeit der Mammutkonferenzen" (S.15) wird lamentiert, ein bereits historisch von den Faschisten immer wieder vorgebrachtes Argument gegen Verständigung, Verhandlung und Interessensausgleich der Völker. (Erstaunlicherweise werden sich 1989 SPD-Politiker wie der Bildungsreferent beim Parteivorstand Tilman Fichter dessen ungeachtet positiv auf die "Denkschrift" beziehen, obwohl es offizielle SPD-Politik ist, die Deutschlandpolitik nicht vom Helsinki-Prozeß abzukoppeln.)

Es heißt in der "Denkschrift": "Wir wollen das 'Europa der Vaterländer' und in ihm Deutschland als unser ungeteiltes Vaterland" (S.36), und im REP-Programmentwurf 1989: "Nicht die 'Vereinigten Staaten von Europa', sondern das 'Europa der Vaterländer' ist das politische Ziel der REPUBLIKANER".

Schließlich beziehen sich Ammon und Schweisfurth auf das "Nationale Dokument" der SED-beherrschten Nationalen Front der DDR von 1962: "Natürlich ist eine solche Konföderation nicht für die Ewigkeit gedacht. Sie hätte die Zeit zu überbrücken, in der es zwei deutsche Staaten gibt. Sie würde also mit der Wiedervereinigung Deutschlands erlöschen" (S.43) und machen damit deutlich, daß die "Konförderation" nur der erste Schritt zur Landnahme ist. Im REP-Programmentwurf 1990 heißt es: "Ein erster Schritt zur Wiedervereinigung des deutschen Volkes in einem demokratischen Staat in der Mitte Europas wäre nach entsprechenden demokratischen Voraussetzungen in der DDR eine Konföderation der beiden Staaten in Deutschland".  

Denkwürdige "Denkschrift" mit Unterschriften von der greisen Karola Bloch über die Nationalrevolutionäre um Henning Eichberg und Rolf Stolz und ihren Verbündeten Josef Beuys nebst Anhang Johannes Stüttgen bis zum Alt-Nazi Wolf Schenke und dem rührigen Martin Walser:
   
 
Wieder dabei: die Ex-Maoisten Stolz und Becker, die Koblenzer LDD-Nationalrevolutionäre Emmrich und Kraus, Alt-Nazi Schenke und sein Kumpan Schwan, der Sektenprediger Mynarek (vorher bei der nazistischen "Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft" DUR engagiert), die Niekisch-Anhänger Runze und Venohr. Viel Energie war verwandt worden, um mit dem Petra-Kelly-Geliebten und späteren Petra-Kelly-Mörder Gert Bastian, der greisen Ernst-Bloch-Witwe Karola Bloch, dem skurrilen, schon seit zehn Jahren pensionierten FDP-Politiker William Borm, dem bereits weit rechts stehenden Willy-Brandt-Sohn und Ammon-Gefährten Peter Brandt (dem man vorher eine Professur an der Freien Universität Berlin verwehrt hatte, wo Ammon bereits als Deutschlehrer für ausländische Studierende tätig war), dem tiefdeutschen Künstler Joseph Beuys (der vorher schon für die tendenziell antisemitische Silvio-Gesell-Partei "Freisoziale Union" FSU kandidiert hatte) und sein künstlerisch glückloser Schüler Johannes Stüttgen, den Schriftstellerinnen Ingeborg Drewitz, Sarah Haffner und Luise Rinser und dem später noch einschlägiger bekannt gewordenen Mittelschichts-Modeschriftsteller Martin Walser sowie dem politisch wirren und bei seinen Live-Auftritten oftmals irre erscheindenden SPD-Parteivorstands-Angestellten Tilman Fichter einige Prominente mit "guten" Namen unter die rechtsextremen Nationalrevolutionäre und Altnazis gemischt zu bekommen.
 
Ebenfalls im extremem Chauvinismus und gegen die Verständigung mit den europäischen Nachbarn gerichtet, schreiben Ammon und Schweisfurth: "Die Gewohnheit, zunächst immer nach den Interessen der anderen Staaten zu fragen, ist Ausdruck politischer Unmündigkeit. Jeder Staat definiert erst einmal seine eigenen Interessen und versucht dann, diese in die internationale Politik einzubringen. Die Deutschen sollten nicht anders verfahren" (S. 32). 1989 fordert Diwald dann in der Präambel zum REP-Programmentwurf 1990 ein gegen internationale Bedenken und internationales Recht rücksichtsloses Durchsetzen der staatlichen Einheit der Deutschen. Man denkt in dieselbe Richtung, das war schon 1982 deutlich geworden, als Schweisfurth, Ammon und Diwald gemeinsam in Venohrs Buch schrieben.

Im Sinne des ethnopluralistischen Konzepts der völkischen Identität fordert die "Denkschrift", "das deutsche Volk" (natürlich nicht die fünf oder sechs Millionen ausländischen Mitbürger in diesem "Deutschland") solle "über sein soziales, politisches und ökonomisches System...letzten Endes selbst entscheiden" (S. 28), eine Forderung, die einen im Zusammenhang mit der Orientierung der "Denkschrift"-Autoren an Ernst Niekisch schaudern läßt (vgl. 3.4.3.2.1).

Die Autoren beziehen sich explizit auf Alfred Mechtersheimer (S. 19) mit dessen Zitat, "daß die westdeutsche Sicherheitspolitik deshalb keine Sicherheit für die Deutschen schaffen kann, weil sich am Besatzungszustand materiell seit 1945 fast nichts geändert hat". Das ist nicht nur historisch falsch, die Autoren geben damit auch zu erkennen, daß sie in der Nicht-Besatzungszeit vor 1945 eine größere Sicherheit für "die Deutschen" sahen. Der UdSSR werfen sie (1985!) ein "exzessives, maximalistisches Sicherheitsstreben" vor (S. 17) und zeigen auch hiermit, worauf es ihnen eigentlich ankommt.

Die "Denkschrift" fordert auch die Streichung der "Feindstaatenklausel" der UNO-Charta, nach der sich Staaten ohne Zustimmung des Weltsicherheitsrates gegen ein Wiederaufleben der gegen sie gerichteten Aggressionen einer der Achsenmächte des Zweiten Weltkriegs (Deutsches Reich, Japan usw.) oder ihrer damaligen Verbündeten zur Wehr setzen darf (S. 38). Die Forderung wird z.B. auch von den REPs erhoben, vgl. Der Republikaner Nr. 10/87. Nach Meinung der REPs und der "Denkschrift" ist die "Feindstaatenklausel" diskriminierend gegen die Deutschen.

Die "Denkschrift" erscheint als Buch 1985 im ibf-Verlag Starnberg, einem von Alfred Mechtersheimer parallel zu seinem Friedensforschungsinstituts gegründeten "Informationsbüros". Mechtersheimer schreibt zur "Denkschrift" selbst das Vorwort. Im befreiungsnationalistischen Pathos der Nationalrevolutionäre spricht er vom "patriotischen Aufschrei" der Deutschen und der "Fremdbestimmung der deutschen Politik" durch die Sieger des Zweiten Weltkriegs. "Diese Denkschrift formt das nationale Aufbegehren in ein Friedenskonzept für Mitteleuropa", meint Mechtersheimer. Mit den Worten der Neofaschisten und in Verdrehung eines Zitates von Heinrich Böll fordert Mechtersheimer die "Selbstbefreiung" der Deutschen von den Siegern des Zweiten Weltkriegs (S. 8), eine alte nationalrevolutionär-befreiungsnationalistische Forderung. Und auch beim eigentlichen Ziel wird er recht deutlich: Die "Denkschrift" sei "so angelegt, daß die Verwirklichung der Selbstbestimmung zur staatlichen Einheit Deutschlands führen müßte. Autoren und Mitunterzeichner gehen wohl davon aus, daß die deutsche Einheit, wie im Detail auch immer organisiert, als logische Konsequenz am Ende eines langen Prozesses zur Überwindung der europäischen Nachkriegsordnung stehen wird" (S. 7).

Zu den Unterzeichnern der "Denkschrift" gehören die Autoren Ammon und Schweisfurth, Peter Brandt, die vier LDD-Gründungsmitglieder Stolz (der Mitautorenschaft beansprucht), Willi Becker, Kraus und Emmrich (letztere beiden von "wir selbst"); Rheinhard Hesse, der mit Stolz zusammen einen "Materialbrief Deutsche Probleme - Probleme mit Deutschland" herausgibt; der rechtsextreme Sektenprediger Mynarek (siehe auch den Text: Zu Hubertus Mynarek, 87 KB) und sein gläubiger Gefolgsmann Hermann Benz; Jürgen Graalfs von der früheren, nationalrevolutionär geprägten Berliner AL-AG "Berlin- und Deutschlandpolitik"; der Deutschlandfunk-Redakteur Peter Joachim Lapp (ständiger Mitarbeiter des "Deutschland Archiv"), Heinrich Schirmbeck (aus dem Schenke-Kreis) und H.J. Seufert, die alle drei wie Hesse ebenfalls schon beim LDD-"Anstoß" dabei waren; die Mitglieder der "Offener Brief"-Gruppe Almute und Ottokar Runze, Schenke, Venohr sowie der Künstler Josef Beuys und sein "Meisterschüler" (Selbstbezeichung) Johannes Stüttgen, der beste Verbindungen zu den Nationalrevolutionären vom NRKA und zu "wir selbst" hat, wo er und Beuys Autoren waren. Für das "linke" Image der "Denkschrift" werden präsentiert: Gerd Bastian, Karola Bloch, William Borm, der SPD-Bildungsreferent Tilman Fichter, Ingeborg Drewitz, Sarah Haffner, Martin Walser und Luise Rinser (die allerdings später wegen ihrer Nazi-Lobesdichtungen während des Dritten Reiches in die Auseinandersetzungen um die faschistische Vergangenheit von Publizisten geriet). Die Autoren danken insbesondere Peter Brandt, Tilman Fichter und Drewitz für die Mitarbeit an der "Denkschrift" (S. 95).

"wir selbst" ist offenbar bereits sehr früh im Besitz des Textes der Denkschrift. Die Zeitschrift druckt einen Auszug in ihrer Nummer "Februar/März 1985", als selbstgedruckte Broschüre ist die Denkschrift laut Impressum ab März 1985 über eine Privatadresse in Berlin erhältlich, die Ausgabe in Mechtersheimers ibf-Verlag erscheint noch später im Jahr. "wir selbst" aber schreibt schon im März: "Wir danken Herrn Dr. Mechtersheimer vom Informationsbüro für Friedenspolitik für die Abdruckgenehmigung und weisen darauf hin, daß die vollständige Denkschrift über den wir selbst-Buchdienst bezogen werden kann" (S. 6; vgl. 3.4.4).

Im Januar 1990 verschickt Mechtersheimers "Friedenskomitee 2000" Fotokopien des Mechtersheimer-Vorwortes der "Denkschrift" als Werbung für diese ibf-Broschüre.

3.4.2.7. Der "Initiativkreis Friedensvertrag"

Der ehemalige deutschamerikanische Journalist Richard Sperber, der bereits in den 50er Jahren in Schenkes Zeitschrift "Neue Politik" auftauchte, betreibt in Hannover den "Initiativkreis Friedensvertrag", mit dem er seinen eigenen Entwurf eines Friedensvertrages für Deutschland propagiert. Sperber ist auch bei der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" dabei. Den Vertragsentwurf schickt er in alle Welt und freut sich, wenn ihm ein US-amerikanischer Kongreßabgeordneter darauf antwortet.

Gründungsmitteilung des "Initiativkreis Friedensvertrag"
 


 
 
Wieder dabei: Alt-Nazi Wolf Schenke, Grünen-MdB Roland Vogt, der SPD-nahe Herbert Ammon, Rolf Stolz und hier auch wieder der Rechtsextremist Gerhard Josewski, der mit der heutigen Auschwitz-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel im inzwischen verbotenen "Collegium Humanum" zusammenarbeitete.

In Sperbers "Initiativkreis" sitzen an einem Tisch: Stolz, Reetz, Schenke, Graalfs, Ammon, "Friedensarbeiter" und Libyen-Kontakter Roland Vogt sowie Gerhard Josewski. Josewski gehörte bereits zu den Unterzeichnern der nationalrevolutionären Anzeige in der FR (vgl. 3.4.2.3). Er führt zu dieser Zeit gemeinsam mit Ursula Haverbeck-Wetzel die "Aktion Gesamtdeutsche Solidarität", als deren Adresse das "Collegium Humanum" in Vlotho angegeben wird. Diese freie Bildungsstätte wird von Haverbeck-Wetzels Ehemann Werner-Georg Haverbeck geführt, einer zentralen Person des bundesdeutschen Neofaschismus. Haverbeck war hoher Funktionär der Nazi-Organisation "Kraft durch Freude", Autor in den wichtigen NSDAP-Zeitungen und Zeitschriften "Völkischer Beobachter" oder "Nationalsozialistische Monatshefte" bereits vor 1933, unterzeichnete in den 80er Jahren das ausländerfeindliche "Heidelberger Manifest" und beschäftigte den damaligen Vertrauten Michael Kühnens und FAP-Funktionär Michael Krämer in der Geschäftsführung des "Collegium Humanum". Haverbeck-Wetzel verteidigte dies zur Zeit der "Aktion Gesamtdeutsche Solidarität" offensiv, nachdem die Presse diese Verbindungen aufgedeckt hatte. Krämer ist heute Mitglied des oberbayrischen Bezirksvorstandes der REPs. (Vgl. zu Haverbeck auch 2.4.5.) Im "Collegium Humanum" tagte auch oft die Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft", die heute versucht, u.a. über die Welle der "Naturreligion" Anhänger zu gewinnen. Der Verfassungsschutzbericht 1984 des Landes Nordrhein-Westfalen erwähnt das "Collegium Humanum" als Tagungsstätte des von Michael Kühnen gegründeten "Komitees zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers" (KAH): Man habe sich in Haverbecks Haus unter der Tarnung eines Seminars über "Naturreligionen" getroffen.
Josewski ist zu dieser Zeit auch bei den "Achberger Anthroposophen" aktiv (vgl. 3.4.5.8). Haverbeck wird von den Anthroposophen als einer der ihren ausgegeben.

3.4.2.8 Die "Koordination Friedensvertrag"

Um die verschiedenen Initiativen zu vereinheitlichen, gleichzeitig aber verschiedene, mal mehr offen rechtsextreme, mal weniger rechte Zielgruppen erreichen zu können, versucht Rolf Stolz Ende 1985 die Gründung einer "Koordination Friedensvertrag", zu der u.a. der Nationalrevolutionär Haußleiter und die ehemaligen Mitglieder der Haußleiter/Schenke-Partei AUD, Torsten Lange und Christa Reetz aufrufen. Stolz, Reetz und Sperber bilden den "Sprecherrat". Auf einer "Koordinationskonferenz Friedensvertrag" im November 1985 (die unter röhrendem Hirsch und Kuckucksuhr im Hinterzimmer des Bonner "Kessenicher Hof" tagt) wird ein "Offener Brief an die Aktionskonferenz der Friedensbewegung" beschlossen, den unter anderem Bastian, Ammon, Peter Brandt, Schweisfurth und Roland Vogt, Stolz, Reetz und Sperber namentlich unterzeichnen. Auf dem Flugblatt, das anschließend mit dem Text der Erklärung verbreitet wird, ist zu lesen: "Für den Inhalt verantw.i.S.d.Lpg. Rolf Stolz; Druck: Eigendruck; Satz: Jürgen Kraus", der Koblenzer LDD-Nationalrevolutionär. Mit dabei auch die französische Grünen-Politikerin Solange Fernex.
 

Der "Friedensarbeiter" (Selbstbezeichnung) Roland Vogt von den rheinland-pfälzischen Grünen begleitete Mechtersheimer bei dessen persönlichen Gaddafi-Kontakten Anfang der 80er Jahre nach Wien und Tripolis (vgl. Kapitel 1).

Das Koblenzer nationalrevolutionäre Henning-Eichberg-Hausblatt "wir selbst" druckt in der Nummer "Januar 1986" die Presseerklärung der "Koordination Friedensvertrag" vollständig ab, inklusive der Adresse von Stolz, der als "Koordinationsbüro" fungiert und offenbar "wir selbst" den Text zugänglich gemacht hatte.

3.4.2.9 Der Eklat auf dem Kongreß "Frieden mit der NATO?"

Die LDD will am 12. April 1986 auf dem Kongreß "Frieden mit der NATO?" des linken Flügels der Friedensbewegung in Köln eine autonome Arbeitsgruppe abhalten, bei der Schweisfurth sprechen soll. Durch eine Aktion der "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus" (dem Vorläufer des BIFFF...) auf dem Kongreß, die unter dem Titel "Frieden mit den Nazis?" steht, wird dies verhindert. Der Kongreß beschließt mit überwältigender Mehrheit, daß die LDD mitsamt ihrem Infostand das Gebäude des Kongresses zu verlassen habe. Die französische Grünen-Politikerin Solange Fernex (eine völkische Regionalistin mit "großkeltischen" Ambitionen, die 1989 Mitglied der Grünen-Fraktion des Europaparlaments wird; nach ihrem Ableben 2006 bringt die nationalrevolutionär gewendete Tageszeitung "Junge Welt" einen Nachruf auf Fernex), möchte vor der Abstimmung für die LDD sprechen, ihr wird jedoch vom Tagungspräsidium das Wort verwehrt. Dieser Flopp für die LDD und ihren Anhang ist die erste offene und für die bundesweite Wirkung entscheidende Niederlage, die Antifaschisten den Nationalrevolutionären in der Friedensbewegung beibringen.  

Kein Frieden mit Rechtsaußen
 
 
Eine Protestaktion des BIFFF...-Vorläufers "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus", die gleich zu Beginn der Konferenz "Frieden mit der NATO?" unter dem ironisch abgeänderten Konferenz-Titel statt fand, verhinderte den Auftritt der LDD um Rolf Stolz und ihres Referenten Theodor Schweisfurth.
Der inzwischen verstorbene Hartmut Meyer (zweiter von links) hatte das Protestschild mit der Aufschrift "Kein Stolz, Kein Reich, Kein Führer!" umgehängt.
Die eingängige Parole nimmt Peter Bierl in "Ökolinx" (Nr. 16, Juli 1994) für einen Artikel über die weiteren Aktivitäten von Rolf Stolz wieder auf:
 
 
Die Aktion der Antifaschisten wird zum Wendepunkt in der Agitation der nationalrevolutionären Deutschland-Vereiniger um Stolz und Konsorten, hätte doch nach den Plänen von Stolz und Schweisfurth die Kölner Konferenz ihnen den lang ersehnten, aber ebenso lange verwehrten Durchbruch in der Friedensbewegung bringen sollen. Statt dessen wurde sie zur totalen Niederlage, die auch die prominente französische Grünen-Politikerin Fernex nicht mehr abwenden konnte. Rolf Stolz reagiert darauf mit einer Flut von Notschreiben, in denen er mehr und mehr die Fassung verliert und sich immer weiter - bei aller Larmoyanz - in einen germanischen Furor hinein steigert. Sofort nachdem die LDD vom Kongress hinaus geworfen worden war, setzt er sich hin und haut in die Schreibmaschine eine "Presseerklärung", die freilich niemand drucken möchte. Am nächsten Tag folgt noch ein Offener Brief "an alle, die es angeht". Alles geht ihm nun durcheinander (siehe Dokumente unten): DDR-orientierte DKP-Leute seien gemeinsam mit SPD-Parteivorstands-orientierten Menschen gegen ihn und seine Initivativen unterwegs (obwohl doch sein Mitstreiter Fichter im SPD-Vorstand arbeitete!), die Parteivorstände wüssten davon nichts; er suggeriert sogar, sie unterstützten eher die nationalrevolutionären Initiativen (in Wahrheit musste zum Beispiel Fichter darum kämpfen, bei der SPD nicht hinaus geworfen zu werden). Die Maßlosigkeit von Stolz in seinen Reaktionen auf die antifaschistischen Proteste ("Betonriege aus SPDlern und DKPlern" usw.), wie sie in den Dokumenten unten deutlch wird, trägt nun wesentlich zu seinem politischen Niedergang bei.
 
 


3.4.2.10 Die rechtsextreme Zeitung "student",
Protest der nordrhein-westfälischen
"Landesweiten Konferenz der antifaschistischen Initiativen
  und Organisationen" und die gescheiterte "Einstweilige Verfügung" der LDD gegen die NRW-Antifaschist/innen

Die Zeitung "student" des "Ring freiheitlicher Studenten" (RFS, vgl. 2.4.2.1, einer Vereinigung hauptsächlich von Burschenschaftlern, die sich inzwischen weitgehend den REPs und ihrem "Republikanischen Hochschulverband" - vgl. 2.2, 2.4.6 und 2.5 - angeschlossen hat) bringt im Februar 1987 einen Artikel "Der Horror vor dem eigenen Vaterland", der breit die hier dargestellten Bündnisse lobt, die LDD, die "Denkschrift", Stolz, Schweisfurth und Ammon positiv heraushebt und die linken Kritiker aus der Friedensbewegung scharf angreift, insbesondere den Kongreß "Frieden mit der NATO?". Offenbar haben die Nationalrevolutionäre aus der LDD beste Verbindungen zum RFS.

Die Neofaschisten haben die Botschaft dieser selbsternannten "Friedensinitiativen" verstanden. Für die Gegner von links verwendet der Artikel die biologistische Bezeichnung "Nationalallergetiker", die auch Schweisfurth gegen Andersdenkende schleudert. Verräterisch schreibt "student", es ginge um "die Erhaltung des Friedens und die Wiederherstellung Deutschlands" als "zwei Seiten einer Medaille". Die "Wiederherstellung Deutschlands" wird 1989 von Diwald zum zentralen Begriff des neuen Programmentwurfs der REPs erkoren. "student" weiter: "Sämliche wesentlichen Erkenntnisse des linken Nationalismus stammen aus der Zeit der Nachrüstungsdebatte und verschafften der Linken einen programmatisch nutzbaren Argumentationsstatus, der - dem bürgerlichen weit überlegen - nur hätte genutzt werden müssen. So wurde damals die Erkenntnis formuliert und begründet, daß die Teilung unseres Landes durch die Supermachtrivalität die Kriegsgefahr erhöht." In Wahrheit ist natürlich der nationalrevolutionäre Neofaschismus gemeint, der hier als "die Linke" ausgegeben wird. Weiter: "Daraus folgt die Forderung nach Abkopplung ganz Deutschlands von den Supermächten und nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit. Diese Argumentation wurde von Teilen der Friedensbewegung und der Grünen aufgegriffen, variiert und in diversen 'Deutschlandmodellen' ausgestaltet." Der Begriff "Abkopplung" wird später zum Titel des Eichberg-Buches, das im "wir selbst"-Verlag Siegfried Bublies erscheint. Schließlich schreibt "student": "Theodor Schweisfurth gehört zu den wenigen Linken, die sich trotz allem weiter mit Lösungsmodellen in Sachen Deutschland befassen und daher zu den wenigen beachtenswerten und kompetenten Kennern der Materie zählen...Friedensvertrag und Konföderationsmodell für ganz Deutschland sind die Thesen, die Schweisfurth zusammen mit Herbert Ammon ihren linken Freunden anempfehlen." Und am Ende, weil die Linke nicht auf Schweisfurth hat hören wollen, im Stil der extremen Rechten: "So erweist sich auch die Linke als sittsames Produkt der Reeducation, die Linken als Theoretiker ohne nationales Rückgrad".

Applaus von rechtsaußen: Der "Student"-Artikel (Ausschnitt):
 
 
 
Die extreme Rechte sorgt sich um Rolf Stolz:
aus einem vernünftigen Satz (der allerdings im Original "Kein Stolz, kein Reich, kein Führer!" hieß und auch nicht skandiert wurde, sondern auf einem Flugblatt und auf Sandwich-Plakaten geschrieben stand, siehe oben) von der Protestaktion der BIFFF...-Vorläufer gegen die Beteiligung der Nationalrevolutionäre um Rolf Stolz am Kongress "Kein Frieden mit der Nato" wird eine Anti-Rolf-Stolz-Parole gemacht und die ganze Stolz-Schweisfurth-Schenke-Szene hoch gelobt.

Über die Verbindungen von "student" und dem RFS zu den REPs und ihrem Hochschulverband, zum hochschulpolitischen Ausschuß des Deutschen Burschenschaft und Henning Eichberg, der "Danubia" und den Mordanschlägen der Wehrsportgruppe Hoffmann vgl. 2.4.2.1. Der enge Mitarbeiter Wolfgang Venohrs und ehemalige "Danubia"-Sprecher Michael Vogt (vgl. 3.4.2.3) erklärte laut einer Broschüre des ASTA der Universität Köln: "Wir sind aufgrund der geschilderten Umstände dazu übergegangen, uns unter dem Namen 'Ring freiheitlicher Studenten' eine eigene Basis zu schaffen". In derselben Ausgabe der RFS-Zeitung "student" wird auch der antisemitische Hetzer und rassistische NS-Vordenker der Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft", Wilhelm Hauer, gelobhudelt (student, Nr. 115, Februar 1987) - es ist immer dasselbe braune Spinnennetz.

Durch den "student"-Artikel wird nun gänzlich klar, um wen und was es sich bei diesen Initiativen handelt. Vorherige Berichte über diese rechtsextreme nationalrevolutionäre und teilweise neonazistische Szene, wie die beiden Artikel in der Bonner "Stattzeitung De Schnüss" vom Sommer 1985, werden für viele laue Zweifler nunmehr bestätigt. Und so wird das Frühjahr 1987 zum Fiasko vor allem für die LDD, die angesetzt hatte, neben den Grünen nun auch in der SPD und bei Jungsozialisten Raum für ihre Ideen zu gewinnen.

Durch die Arbeit der "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus" sind die nordrhein-westfälischen antifaschistischen Gruppen, die Stolz als ein Ziel seiner Agitation ausgesucht hatte, besonders sensibilisiert. Vertreter der LDD, die zur Agitation für ihre vermeintlich "friedenspolitischen" Ideen angetreten waren, werden von einem Vorbereitungstreffen für das "Landesweite Treffen der antifaschistischen Initiativen und Organisationen" Nordrhein-Westfalens ausgeschlossen, weil sie sich nicht von den Nationalrevolutionären in den Reihen der LDD distanzieren wollen. Rolf Stolz schäumt und wütet in einem weiterem Notschreiben, wie immer, in großer Aufregung schnell in die Maschine gehauen, nicht mal Zeit zur Verwendung des teuren LDD-Briefpapiers blieb: "Stürmer-Methoden" usw., und erhebt die irre Forderung, "alle fortschrittlichen Gruppen in der SPD, der Friedens- und Ökologiebewegung, den Gewerkschaften usw. müssen Widerstand leisten" gegen die nordrhein-westfälischen Antifaschist/innen.

Dabei rahmt sich Stolz nun ein mit den beiden rechten Jungsozialisten Peter Krahl und Christian Wipperfürth, die er als Türöffner in die SPD und in die Juso-Organisation ausersehen hat, nachdem dort die Zusammenarbeit Tilman Fichters, Peter Brandts und Herbert Ammons mit Rechten und Nationalrevolutionären (bei Brandt und Ammon: sogar mit Henning Eichberg) und Theodor Schweisfurths mit rechtsextremen Burschenschaftlern bereits zu breiter Kritik und zur weitgehenden politischen Isolation der Genannten geführt hat. Die beiden bisherigen Haupt-Mitstreiter von Stolz, die mit dem vielfach rechts außen verwendbaren Postfach, die Koblenzer Nationalrevolutionäre Jürgen Kraus und Axel Emmrich nämlich, werden nun taktisch zurück gezogen. 

 "Erklärung" an wen auch immer:
Rolf Stolz überschlägt sich nun mit Offenen Briefen:

 

Sodann wird eine obskure Veranstaltung eines von Stolz zur Tarnung betriebenen "Arbeitskreises Blockfreiheit und Befreiung", zu der man den langjährigen Kölner SPD-Bundestagsabgeordneten Konrad Gilges von der sozialistischen Jugendorganisation "SJD Die Falken" eingeladen hatte, von antifaschistischen Aktivisten kurzerhand gesprengt. Gilges, seit Jahren ein gestandener Linker, ist dankbar für die antifaschistische Aktion und veröffenlicht am symbolischen Datum "8. Mai" 1987 eine Warnung vor Rolf Stolz, seiner LDD, dem Tarn-"Arbeitskreis Blockfreiheit und Befreiung" und all den anderen nationalrevolutionären Wiedervereinigungs-Gruppen, spricht von "Täuschung" und "Etikettenschwindel" und warnt Sozialdemokraten und Linke nachdrücklich davor, sich mit den Stolz-Gruppen einzulassen.
 

Stolz schäumt. Die rechten Jusos Christian Wipperfürth und Peter Krahl müssen wieder ran, ein neuer Hassbrief wird verfasst, "Kopie an die demokratische Öffentlichkeit", wie Stolz darüber schreibt -- der Diplom-Psychologe hat sich mental nicht mehr im Griff. Er verlangt nun - größenwahnsinnig und fern ab von jeglicher Wirklichkeit -, die Vorwürfe der Antifaschist/innen müssten am 9. Mai auf der NRW-Antifa-Konferenz "öffentlich widerrufen" werden, und zwar dick unterstrichen. Stolz dreht nun verbal völlig durch, wie dieser Text (unten) zeigt, weil er - zu recht - sein Lebenswerk, die versuchte Infiltration der Friedensbewegung und der Linken mit rechtsextremen Inhalten, gefährdet sieht. Die beiden Jusos Wipperfürth und Krahl sind willige Werkzeuge des Demagogen mit den Gehaltszahlungen on der chemischen Industrie (Bayer AG). Und wieder täuscht der Meistertäuscher: in seiner Kurzbiographie am Endes des Offenen Briefes verschweigt Stolz seine politische Herkunft aus den nationalistischen maoistischen K-Gruppen der 70er Jahre.
 





Doch die "Landesweite Konferenz der antifaschistischen Initiativen und Organisationen" Nordrhein-Westfalens widerruft nicht und leistet auch nicht Abbitte, sondern beschließt am 9. Mai 1987 mit über 200 anwesenden Personen - meist Delegierte ihrer Organisationen - ohne Gegenstimmen eine Resolution "Für eine realistische Friedenspolitik - Gegen Bündnisse mit der 'Neuen Rechten'", die sich - wie die Gilges-Erklärung - ebenfalls diametral gegen die Stolz-Gruppen richtet. Hier heißt es: "In verschiedenen dieser Gruppen, die meinen, eine neue deutschlandpolitische und Wiedervereinigungsdiskussion eröffnen zu müssen, arbeiten Vertreter der 'Neuen Rechten' mit. So zum Beispiel beim 'Initiativkreis Linke Deutschland-Diskussion' (LDD), der 'Koordination Friedensvertrag', dem 'Initiativkreis Friedensvertrag', dem 'Arbeitskreis Blockfreiheit und Befreiung', der 'Denkschrift Friedensvertrag, Deutsche Konföderation, Europäisches Sicherheitssystem', die alle untereinander argumentativ und personell eng verknüpft sind. Offenbar sieht die 'Neue Rechte' hier Anknüpfungspunkte für ihre nationalistische Politik, die in die Friedensbewegung hineingetragen werden soll. Obwohl diese Gruppen vielfach aus der Friedensbewegung heraus aufgefordert wurden, sich von Vertretern der 'Neuen Rechten' zu trennen, ist dies nicht geschehen. Im Gegenteil, es wurden immer wieder Solidaritätserklärungen mit ihnen abgegeben. Offenbar verfolgen diese Gruppen also durch die Einbeziehung nationalistischer und neofaschistischer Kräfte ein politisches Ziel." Die Resolution endet, wie vorher schon die Erklärung von SPD-MdB Konrad Gilges: "Wir warnen alle friedenspolitisch Engagierten davor, sich mit diesen Gruppen einzulassen."

Kurz darauf sagt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Thomas Ebermann, den Stolz ebenfalls, wie Gilges, zu einer Diskussionsveranstaltung hatte verleiten wollen, seine Teilnahme mit Hinweis auf den Beschluss der NRW-Antifaschist/innen ab, ein schwerer Schlag für das ehemalge Bundesvorstandsmitglied der Grünen Rolf Stolz, dessen Hausmacht immer noch bei den Grünen sitzt.  

 
Ein Fiasko für Stolz und seine Leute, die mehr als zwei Jahre lang versucht hatten, mit hohem Kraftaufwand und zahlreichen Täuschungsmanövern, mit der Einbeziehung selbst greiser Personen wie der Ernst-Bloch-Witwe Karola Bloch oder dem FDP-Pensionär William Borm, die man nicht in Ruhe alt sein ließ, sondern zu Unterschriften unter "Denkschriften", "Anstößen", Erklärungen und Zeitungsanzeigen überredete, die Friedensbewegung zu unterwandern. Sie scheinen am Ende zu sein und sind es auch faktisch bereits, auch wenn sich Stolz mit Hilfe von Mechtersheimer und dessen zeitweiligen Adlatus Erich Schmidt-Eenboom noch einmal aufbäumt; zumindest ist das Jahr 1987 der Anfang ihres politischen Endes.
 

Die Aktion der nordrhein-westfälischen Antifaschist/innen, mit großer Beteiligung vieler links denkender Menschen eine klare Resolution zu verabschieden und diese sehr weit zu verbreiten, was letztlich zum Ende des Einflusses der Nationalrevolutionäre in der westdeutschen Linken führen wird, will Rolf Stolz nicht hinnehmen. Er klagt vor dem Bonner Landgericht auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen einzelne Abschnitte aus der Resolution der NRW-Antifa-Konferenz über seine Initiativen, Aufrufe, Denkschriften und Unterschriften-Gruppen. Stolz klagt hier als Privatperson, die vor Gericht angibt, selbst als "Sprecher" und "Mitglied" all der nationalrevolutionären Deutschland-Vereiniger-Gruppen betroffen zu sein (im Falle der "Denkschrift" will er plötzlich sogar "Mitautor" sein), und er muss als Privatperson klagen, weil diese Gruppen mangels Statuten und Vereinsregistereintragungen keine rechtsfähigen juristischen Personen sind. Allerdings ist auch die NRW-Antifa-Konferenz keine Rechtsperson, so dass sich Stolz jemanden schnappen will, der die Resolution "verbreitet" hat: Hartmut Meyer, den Leiter der "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus", die die Kampagne gegen die LDD usw. in Gang gebracht hatte. Im einzelnen will Stolz verboten haben: "zu behaupten ... zu verbreiten ... an der Verbreitung mitzuwirken, 1) in den Gruppen 'Initiatikreis Linke Deutschland-Diskussion', 'Koordination Friedensvertrag', 'Arbeitskreis Blockfreiheit und Befreiung' sowie 'Denkschrift Friedensvertrag, Deutsche Konföderation, Europäisches Sicherheitssystem' arbeiteten Vertreter der 'Neuen Rechten' mit; 2) obwohl diese Gruppen vielfach aus der Friedensbewegung heraus aufgefordert worden seien, sich von Vertretern der 'Neuen Rechten' zu trennen, sei dies nicht geschehen, es seien im Gegenteil immer wieder Solidaritätserklärungen mit ihnen abgegeben worden; 3) diese Gruppen verfolgten durch Einbeziehung nationalistischer und neofaschistischer Kräfte ein politisches Ziel; 4) Mitglieder der Gruppen 'Den Frieden retten - Deutschland vereinen!', 'Aktion Gesamtdeutsche Solidarität', 'Vereinigung für gesamtdeutsche Politik' ... oder der Partei 'Die Weißen' arbeiteten zum Teil auch in den unter 1) genannten Gruppen mit". Zumindest den letzten Verbotsantrag hat sich Stolz ebenso offen wie irre zusammen gelogen, denn es ist ja offensichtlich, dass in diesen Gruppen immer dieselben Namen auftauchen.

Nach der Vorlage umfangreichen Beweismaterials durch Meyer werden alle Verbotsanträge vom Bonner Landgericht mit Urteil vom 23. Juni 1987 (Aktenzeichen 7 O 242/87) zurückgewiesen. Katastrophal für diese Gruppen wirkt sich aus, dass das Gericht sogar entscheidet, die genannen Initiativen dürften nicht nur in die Kategorien "Neue Rechte" und "nationalistisch", sondern auch als "neofaschistisch" eingeordnet werden. Rolf Stolz hat alle Kosten des Gerichtsverfahrens zu tragen.

Nun wendet Stolz sich wieder der politischen Arbeitsweise zu, die er am besten beherrscht, dem Sammeln prominenter Namen auf Unterschriftenlisten unter täuschend zahm formulierte Aufrufe. "Politik der großen Namen" hatte Hartmut Meyer dies einmal genannt.

3.4.2.11 Die "Verleumdung und Diskussionsverbote"-Gruppe und die Reaktion der NRW-Antifaschist/innen

Im November 1987 erscheint in der Zeitschrift "Kommune" eine Anzeige unter dem Titel "Für Antifaschismus, gegen Verleumdung und Diskussionsverbote", die von Rolf Stolz bereits im Anschluss an die Proteste der "Landesweiten Konferenz der antifaschistischen Initiativen und Organisationen Nordrhein-Westfalens" im Mai 1987 organisiert worden ist. Über ein halbes Jahr hat Stolz Unterschriften gesammelt und versucht, die Anzeige in der linken Publikumspresse unterzubringen. Die "taz" lehnt den Abdruck ab. Zahlreiche Mitglieder der Bundestagsfraktion Die Grünen bekennen durch ihre Unterschrift ihre Solidarität mit Stolz und seiner LDD, klagen zwei Vertreter der nordrhein-westfälischen Landesweiten Konferenz der antifaschistischen Initiativen und Organisationen namentlich an und bezeichnen die Aufdeckung der nationalrevolutionären Hintergründe der LDD und verwandter Gruppen durch die Landesweite Konferenz als "Diffamierungs-, Einschüchterungs- und Abgrenzungsversuche", die "unverzüglich einzustellen" seien. Dieses Armutszeugnis demokratischer Kultur geben u.a. ab: Willi Hoss, Petra Kelly, Helmut Lippelt, die Libyen-Kontakter Alfred Mechtersheimer und Roland Vogt, Eckart Stratmann, Gert Bastian, Henning Schierholz, Karola Bloch, Milan Horacek, Günther Minnerup, Eva Quistorp, Ulrich Albrecht, Heinrich Schirmbeck und etliche weitere Unterzeichner der verschiedenen Aufrufe dieser Initiativen. 

Die Anzeige, die Rolf Stolz 1987 organisiert hat, deren Abdruck die "taz" verweigerte und die nur die Zeitschrift "Kommune" aus dem nationalistischen K-Gruppen-Spektrum abdrucken wollte: 

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Fast wörtlich waren Teile dieser Anzeige, die im Herbst 1987 in "Kommune" erschien, aus dem Text der rechtsextremen Zeitung "student" des RFS vom Februar 1987 übernommen.
Eine ganze Reihe prominenter Grüner hatte sie dennoch unterzeichnet.
Die Zeitschrift "Kommune" war (und ist auch 2008, wenngleich sehr gealtert und seltener erscheinend) ein Sammelbecken ehemaliger Maoisten, die aus dem chinesischen Kommunismus vor allem den Antiamerikanismus und die nationale Orientierung mitgenommen hatten; so waren siebestens "gerüstet", sich mit rechtsextremen deutschen Nationalrevolutionären zusammenzutun.

Bereits im Mai 1987, nach dem Ausschluss der LDD-Vertreter von der Vorbereitung der NRW-Antifa-Konferenz, sendet Stolz den Entwurf für diese Anzeige (unten) an zahlreiche Grünen-Politiker/innen, von denen er sich noch die meiste Unterstützung erhofft, und an bisherige Unterzeichner/innen der diversen Aufrufe und Denkschriften, spart jedoch diesmal offenbar, wie die Namensliste der schließlich abgedruckten Anzeige in "Kommune" zu zeigen scheint, die "harten" Nationalrevolutionäre zugunsten der Grünen-Prominenz aus, ein rein taktischer Schachzug, wie der Wortlaut seines neuerlichen Aufrufs zeigt.

Stolz-LDD-Entwurf der später in der "Kommune" abgedruckten Anzeige:



 

Noch vor der Veröffentlichung in der "Kommune" gelangen dieser Text, den Stolz weit verbreitet hat, um möglichst viel Prominenz auf die Unterschriftenliste zu bekommen, und Teile der Unterschriftenliste auch an die Vertreter/innen der Antifa-Konferenz, die ihrerseits eine Resolution gegen die Unterschriftensammlung durch Stolz und gegen die Unterstützung seiner Politik durch prominente Grüne verfassen und die Grünen zur Stellungnahme auffordern: "Wie ist Euer Standpunkt zum Beschluss der Antifa-Basis Nordrhein-Westfalens?", wird die Grünen-Prominenz, die Stolz und die LDD unterstützt, nun gefragt; "Macht Euer Antifaschismus Halt vor der 'Neuen Rechten'?" und: "Seht Ihr das Draufsatteln der Forderung nach 'Deutscher Einheit' auf die Forderungen der Friedensbewegung mit uns als friedensgefährdend an?"

Gemeinsam mit der Resolution der NRW-Antifa-Konferenz werden diese Fragen verschickt und um Unterschriften uner die Antifa-Resolution gebeten (siehe unten). Der damalige Vertreter der VVN-Bund der Antifaschisten in der Koordination der Friedensbewegung, Kurt Faller, damals Mitglied des DKP-Bundesvorstands, versucht im Sommer 1987 vergeblich, diese Unterschriftensammlung unter den Teilnehmern der nordrhein-westfälischen Landesweiten Konferenz der antifaschistischen Initiativen und Organisationen gegen den Stolz-Aufruf zu verhindern. Fallers Begründung: die DKP brauche Mechtersheimer in der Friedensbewegung als Bündnispartner und man dürfe ihn nicht angreifen. Auch Mitglieder der K-Gruppe "Bund Westdeutscher Kommunisten" BWK, die sich in den 90er Jahren der PDS anschließen und bei den Bundestagswahlen bis hin zur Wahl 2005 maßgeblich die Landesverband Nordrhein-Westfalen der PDS bzw. der Lafontaine-Partei bestimmen, wollen Kritik an Mechtersheimer verhindern, statt dessen aber auf NRW-Antifa-Konferenzen Solidarität mit der teilweise offen antisemitischen Terrorgruppe PKK und "RAF-Gefangenen" beschließen lassen. Unbeeindruckt von solchen Pressionsversuchen unterschreiben mehrere Hundert Teilnehmer/innen der NRW-Antifa-Konferenz, die sich bereits vorher eingehend und ablehnend mit diesen "Friedensinitiativen" befaßt hatten, und zahlreiche andere Personen aus der Friedensbewegung 1987 die Resolution gegen die "Verleumdung und Diskussionsverbote"-Erklärung und fordern von den dortigen Unterzeichnern endlich einen klaren Trennungsstrich zum Neofaschismus. (Die Originallisten mit den Unterschriften befinden sich heute im Archiv des BIFFF...)

Die ursprüngliche Resolution der NRW-Antifa-Konferenz vom Mai 1987 "Für eine realistische Friedenspolitik - Gegen Bündnisse mit der 'Neuen Rechten'" (eingerahmt) und der Text des Gegenaufrufs "Gemeinsam gegen Neofaschismus!" gegen Stolz, LDD usw.,den im Sommer 1987 Hunderte Friedensbewegte unterschreiben:
 
 
 
Grünen-MdB Helmut Lippelt, der später in den 90er Jahren außenpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag ist, antwortet nach dem Erscheinen der "Kommune"-Anzeige auf den Protest der NRW-Antifaschist/innen ausweichend, gibt aber die maoistische Herkunft von Rolf Stolz aus K-Gruppen preis, die die Diktatur Nordkoreas verherrlichten. Dass diese K-Gruppen den Nationalismus der Maoisten zum deuschen Nationalismus "gegen die Besatzer", gegen die Sieger über Nazi-Deutschland, ummodelten, verkennt Lippelt.
 
Lippelt-Stellungnahme zu den Protesten der NRW-Antifaschist/innen:
 

Mit dieser butterweichen Erklärung Lippelts ist der Einfluss dieser nationalrevolutionären Gruppen innerhalb der Linken im wesentlichen erst einmal besiegelt. Unfreiwillig hat Lippelt hier ein Dokument der Ab- und Ausgrenzung verfasst, hinter das die Grünen-Spitze nicht mehr zurück kann, erst recht nicht, nachdem die West-Grünen bei der Bundestagswahl 1990 an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind und die meisten Unterzeichner der "Kommune"-Anzeige ihre Prominenz verloren haben; von den Unterzeichnern kehrt nur Lippelt 1994 in den Bundestag zurück.

Die Konservativen nehmen sich Ende der 80er Jahre nun des Themas Deutsche Einheit an. Die Nationalrevolutionäre reagieren darauf positiv, was ihre Basis in der Linken weiter schmälert, und der fortschreitende Zerfall der DDR bringt die Wiedervereinigungsdebatten weg von den extremen Randgruppen und hin zur politischen Mitte. 

3.4.2.12 Der CDU-Bundestagsabgeordnete Friedmann: "Einheit statt Raketen"

Mit dem Pressewirbel um das sogenannte "Friedmann-Papier" vom Mai 1987 und dem Erscheinen seines Buches "Einheit statt Raketen" im Dezember 1987 wird auf voller Breite klar, daß die Verbindung von deutscher Einheit und Friedensbewegung gar kein "linkes" Thema ist. Der nationalrevolutionäre Spuk in der Friedensbewegung, der sich immer an sehr Bewegte, aber wenig Informierte gewandt hatte, hört schlagartig auf. Auf der extremen Rechten findet Friedmanns Forderung nach einer "operativen Deutschlandpolitik" vehemente Zustimmung. "wir selbst" druckt das Friedmann-Papier im September 1987. Schweisfurth bekennt sich im Dezember 1987 in einem Artikel für die Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte", der Beilage zur Zeitung "Das Parlament", ausdrücklich zu Friedmann, den er ausgerechnet aus dem "GDS-Info" des rechtsextremistischen GDS (vgl. 2.2) zitiert.
Der Niedergang der Friedensbewegung tut ein übriges, um diese Diskussion auf der Linken vorerst zu beenden.

3.4.2.13 Harald Rüddenklaus "Neuer Deutscher Nationalverein" (NDNV)

Gemeinsam mit dem ehemaligen deutschen Botschafter in Moskau Horst Groepper gründet Harald Rüddenklau 1988 den "Neuen Deutschen Nationalverein" (NDNV). Groepper war Autor im rechtsextremen "sinus"-Verlag, für dessen Schriften auch "wir selbst" warb, und Referent beim "Norddeutschen Forum", das vom "Bund heimattreuer Jugend" ausgerichtet und im Verfassungsschutzbericht 1986 des Bundesinnenministers als rechtsextremistisch aufgeführt wurde; er sprach hier gemeinsam mit Emil Schlee von den REPs, den "wir selbst"-Autoren Schweisfurth und Wolfgang Seiffert und "wir selbst"-Autor und Schönhuber-Berater Berhard Willms. Beim "Norddeutschen Forum" hatten im Jahr vorher (1985) schon Alain de Benoist sowie Volker Beecken vom GDS, Michael Vogt und Claus Fritzsche von der "Danubia" (Fritzsche war Bundesfahrtenführer des Bund Heimattreuer Jugend und 1989 Autor in "Der Republikaner"), und wieder Schlee und Seiffert gesprochen. 1986 gab es Straßenproteste des DGB, der VVN und anderer Antifaschisten gegen das "Forum", das deshalb später nicht mehr tagte. Groepper war auch Autor in Venohrs Buch "Ohne Deutschland geht es nicht" (1985) und in Schrenck-Notzings "Criticon".

Der NDNV Rüddenklaus lehnt sich schon im Namen an die "Vereinigung Deutsche Nationalversammlung" (VDNV) des Wolf Schenke von 1960 an, in der z.B. Bogislaw von Bonin oder Henning Eichberg und etliche spätere AUD-Mitglieder mitwirkten. Rüddenklau, auf vielen rechten Feldern deutschlandpolitisch aktiv, war schon 1982 in Wolfgang Venohrs Konföderations-Buch "Die deutsche Einheit kommt bestimmt" mit Diwald, Schweisfurth, Seiffert, Peter Brandt und Ammon dabei (vgl. 3.4.1). Mit seiner Neugründung hofft er jetzt, sowohl bei Konservativen als auch bei Grünen Boden für die staatliche Einheit der Deutschen gewinnen zu können. Da die Zeit der Friedensbewegung bereits vorbei ist, läuft seine friedenspolitisch angemalte Argumentation ins Leere. "wir selbst" druckt den Aufruf der NDNV im vorerst letzten Heft vom Dezember 1988/Januar 1989 ab.

Gemeinsam mit dem Bund der Mitteldeutschen, dessen Vizepräsident der REP-Landesvorsitzende von Schleswig-Holstein, stellvertretende Bundesvorsitzende der REPs, inzwischen Europaabgeordneter und Vorsitzender der Programmkommission der REPs Emil Schlee ist, veranstaltet Rüddenklaus als gemeinnützig anerkannte "Arbeitsgemeinschaft für Politische Gespräche e.V." im März 1989 in Oberursel am Rhein ein Seminar "Deutschlandpolitik in der Gegenwart", auf dem als Referenten auftreten: Hans Eschbach vom RFS, Rüddenklau, der von der nationalrevolutionären REP-nahen Zeitschrift "Junge Freiheit" als "Nationalmarxist" gepuschte Reinhold Oberlercher, die Referenten des "Norddeutschen Forums" Hermann von Berg und "wir selbst"-Autor Wolfgang Seiffert sowie Volker Beecken vom GDS. Anmeldungen zu diesem Seminar sind an den Venohr-Mitarbeiter, ehemaligen "Danubia"-Sprecher und RFS-Aktivisten Michael Vogt zu richten. Für dieses Seminar erhalten Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst laut Seminarankündigung Sonderurlaub, Fahrtkosten werden den Teilnehmern erstattet.

Die nationalrevolutionäre Zeitschrift "Junge Freiheit", die den REPs nahesteht, schreibt im Februar 1990 von der Gründung eines "Professoren-Beirates" für Rüddenklaus NDNV; dem Beirat gehören u.a. an: Hermann von Berg, Theodor Schweisfurth und Wolfgang Seiffert, die alle drei beim rechtsextremistischen "Norddeutschen Forum" sprachen, und Günter Kießling, bis auf von Berg alle drei "wir selbst"-Autoren.

3.4.2.14 Versuche in der Evangelischen Kirche, Propaganda des "Deutschland Archiv", Kontaktaufnahme zu Edelbert Richter

Nach langem Schweigen dieses Spinnennetzes gegenüber der Linken wird im Jahre 1989 ein Neuanfang versucht, bis der Zusammenbruch der DDR die ganze Szene und ihre nationalrevolutionären Illusionen eines blockfreien Deutschland in die politische Ecke stellt. Am Ende haben ganz andere das politische Sagen, Schweisfurth orientiert sich auf die Restitution seiner Familienbrauerei in Frankfurt/Oder, Mechtersheimer und Stolz wandern in die ganz rechte Ecke, auch wenn ein LDD-Wurmfortsatz mit Hilfe des späteren SPD-Bundestagsabgeordneen Edelbert Richter zeitweise noch eine gewisse Bedeutung zu haben scheint.

Im März 1989 erscheint in der Zeitschrift "Deutschland Archiv" eine von Ammon verfaßte Rezension des Buches "Recht ströme wie Wasser: Christen in der DDR für Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung". Über die 'gesamtdeutsche Organisation' des evangelischen Christentums wird ein neuer Anlauf mit den alten völkischen Zielen versucht. Der Eichberg-Freund Ammon schreibt hier in Anlehnung an Eichbergs Konzept der "nationalen Identität": "Durch den Bezug auf die unverkennbar gesamtdeutschen Tendenzen der Friedensbewegung weckt der Erfurter Dozent Edelbert Richter mit seinen Reflexionen zu 'Abgrenzung und nationaler Identität' Interesse. Das - keineswegs spezifisch deutsche - Dilemma, sich zwischen dem 'objektiven' - ethnisch-kulturellen - und 'subjektiven' - aufklärerisch-westlichen Nationsbegriff - hindurchlavieren zu müssen, löst Richter mit eleganter Kehrtwendung des marxistischen Klassenbegriffs: 'Was der proletarische Internationalismus an Infragestellung des Nationalen zu leisten vermag, scheint er bei uns jedenfalls geleistet zu haben: in der Spaltung der Nation'." Bei dieser von Ammon geschickt geführten Indienstnahme des nicht näher spezifizierten "Dozenten" Richter bleibt das "Ethnische", das Völkische eben, Sieger. Natürlich bringt Ammon hier wieder den Vorschlag der Konföderation als Weg der staatlichen deutschen Einheit ins Gespräch.

Bei Richter handelt es sich in Wirklichkeit um einen evangelischen Pastor und Mitarbeiter der "Predigerschule Erfurt" und Mitbegründer des DDR-"Demokratischen Aufbruchs", der sich laut FAZ vom 4.12.89 für die staatliche Einheit der Deutschen und die "Einberufung einer Deutschen Nationalversammlung" ausspricht.

Im Frühsommer 1989 veranstaltet Rolf Stolz in einem evangelischen Gemeindehaus in Köln eine Lesung mit dem Schriftsteller Heinrich Schirmbeck, der das Spinnennetz in den genannten Initiativen mitflocht.
Im Mai 1989 bringt das vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen zu großen Teilen finanzierte "Deutschland Archiv" aus heiterem Himmel eine Darstellung des Totalitarismustheoretikers Eckart Jesse (ein Assistent der Universität Trier, der sich über die Bundesanstalt für politische Bildung bekannt zu machen versucht) über den "'dritten Weg' in der deutschen Frage", die die bisher genannten Initiativen behandelt, zahlreiche ihrer rechtsextremistischen Unterstützer nennt und die Antifaschisten, die in der Vergangenheit die rechtsextremistischen Hintergründe dieser Initiativen aufgewiesen hatten, als "nicht immer fair" (S. 545) bzw. "gänzlich denunziatorisch" (S. 555) diffamiert sowie versucht, sie in den Zusammenhang von "marxistisch-leninistischen Kreisen" (S. 554) zu bringen und damit politisch zu isolieren.

Im Dezember 1989 veranstaltet Rolf Stolz in aller Eile mit dem Deutschland-Vereiniger Edelbert Richter vom DDR-"Demokratischen Aufbruch" - wiederum in demselben evangelischen Gemeindehaus in Köln wie im Frühjahr - eine Deutschland-Vereinigungs-Diskussion. Die Ankündigung sieht aus wie: "Bloß jetzt nicht den Anschluss verlieren!", schnell hingeschmiert -- die LDD gibt es nicht mehr, Rolf Stolz macht es im Alleingang und täuscht mit Filzstift und Handschrift das Milieu vor, das Richter von den DDR-Basisinitiativen her kennt.  

Edelbert Richter tritt in die SPD ein, wird von Oktober bis Dezember 1990 als Abgesandter der DDR-Volkskammer und bei den Bundestagswahlen 1994 und 1998 Bundestagsabgeordneter für die SPD Thüringen. 1991 bis 1994 ist er SPD-Abgeordneter im Europäischen Parlament. Seit 1991 ist er Mitglied der Grundwertekommission der SPD, weil man ja einen braucht aus Ostdeutschland, und am besten einen Pastor. Zeitweise beschäftigt er den früheren LDD-Funktionär Christian Wipperfürth in seinem Bundestagsbüro als Mitarbeiter. Ende der 90er Jahre propagiert Richter die Annäherung der SPD an die PDS, 2005 tritt er aus der SPD aus und tritt später in die Lafontaine-Partei ein, wo er die LDD-Verteidiger aus den 80er Jahren, die alten nordrhein-westfälischen BWK-Kader, wieder trifft.

3.4.2.15 Die "Memorandum"-Gruppe

Zum Besuch Gorbatschows in der Bundesrepublik im Frühsommer 1989 erscheint in Mechtersheimers Zeitschrift "Mediatus" ein "Offener Brief" an Gorbatschow, mit dem sich das Spinnennetz wieder auf der Linken ins Gespräch bringen will. Moderat formuliert wird wiederum ein blockfreies, staatlich geeintes "Deutschland" gefordert und an die Friedensbewegung angeknüpft. Als Kontaktadresse für die Memorandum-Gruppe fungiert wiederum der Nationalrevolutionär Rolf Stolz.  

Anzeige der "Memorandum"-Gruppe
in der "Frankfurter Rundschau" vom 14. 05. 1989
 
 
Von den "Erstunterzeichnern" sind die meisten einschlägig bekannt: Ammon, Schweisfurth, Stolz, Schmidt-Eenboom, Mechtersheimer, Peter Brandt, der LDD-Mitbegründer Willi Becker, Gerda Degen (laut Mynarek eine ehemalige Mitarbeiterin des antisemitischen Nazi-Hetzers und Vordenkers der Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft", Wilhelm Hauer), der Beuys-Schüler Johannes Stüttgen und die bereits vom LDD-"Anstoß" und/oder der "Denkschrift" und/oder der "Koordination Friedensvertrag" bekannten Ossip Flechtheim, Helmut Grieser, Franz Löser und Karola Bloch. Neu in dieses Gemisch haben sich die beiden Marxisten Peter Schütt und Leo Kofler verirrt sowie der Mitbegründer der Partei "Demokratischen Sozialisten" und vorheriger linker SPD-MdB Manfred Coppik, über den man inzwischen an anderer Stelle sonst nicht mehr redet.

3.4.2.16 Das deutschlandpolitische Konzept der REPs

Bereits in ihrem alten Parteiprogramm hatten die REPs die nationalrevolutionäre "Friedens"- und Deutschland-Diskussion der 80er Jahre beerbt: "Die illegale, unnatürliche und gewaltsame Zerstückelung des deutschen Volkes und seines Landes im Herzen Europas ist eine Gefahr für den Frieden in der Welt und eine Entwürdigung der Menschen". In der Zeitung "Der Republikaner" heißt es im April 1987: "Es ist daher die vordringliche Aufgabe des verantwortungsbewußten Patrioten, immer wieder darauf hinzuweisen, daß nicht eine auf deutsche Einheit abzielende Politik den Frieden gefährdet, sondern gerade die Aufrechterhaltung der deutschen Spaltung". Das ist die alte neofaschistische Leier seit 1950, die mit der friedenspolitischen Wirklichkeit der letzten 40 Jahre nichts gemein hat.

Ausgerechnet am 50. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen und des Beginns des Zweiten Weltkriegs am 1.9.1989 bringen die REPs ihr "Deutschlandpolitisches Konzept 1989" heraus. Autorin ist die stellvertretende und geschäftsführende Bundesvorsitzende, die Europaabgeordnete der REPs Johanna Grund. Das Papier, das später nur indirekt in Diwalds Präambel und den entsprechenden Textteil des neuen REP-Parteiprogrammentwurfs 1990 eingehen wird, enthält alle Anknüpfungspunkte bisheriger nationalrevolutionärer Deutschland-Diskussion: die Herausstellung eines völkisch verstandenen "Selbstbestimmungsrechtes" als "Schlüssel zur Lösung der deutschen Frage und der Wiedervereinigung" (die Millionen ausländischer Mitbürger haben keinen Anteil an diesem "Recht"); die "Überwindung des Status Quo in Deutschland"; die Blockfreiheit "Deutschlands" "in einem militärisch neutralen Status"; die Ablehnung der Politik der kleinen Schritte hin zu menschlichen Erleichterungen, weil dies deutschlandpolitisch kontraproduktiv sei; die Forderung nach operativer "aktiver Deutschlandpolitik"; den "Friedensvertrag" mit "Deutschland"; den Appell an die wirtschaftlichen Interessen der UdSSR zur Entwicklung Sibiriens bei Kooperation mit dem vereinigten "Deutschland", den schon Schweisfurth in seinem Beitrag in Venohrs 1982er Buch "Die deutsche Einheit kommt bestimmt" hervorgehoben hatte; schließlich die "Konföderation" der beiden deutschen Staaten als "Zwischenstadium". Sätze wie der folgende könnten fast wörtlich der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" aus Mechtersheimers ibf-Verlag entstammen: "Die Überwindung des 'Status Quo' in Deutschland mündet in eine europäische Friedensordnung und in ein wechselseitig garantiertes Sicherheitssystem, in dem die militärische Konfrontation nicht mehr stattfindet, weil an keiner Stelle Mitteleuropas die Bündnissysteme NATO und Warschauer Pakt mehr aufeinanderstoßen".

DER SPIEGEL berichtet in Nr. 48/1989 über die Deutschland-Vorstellungen der REPs: als erste Stufe "Könföderation mit einer demokratisierten DDR mit einer Nationalversammlung in Berlin als Hauptstadt eines 'blockfreien und bewaffneten Landes'" - die alte Idee z.B. aus Schenkes Organisation "Dritte Front" der 50er Jahre.

In Diwalds Präambel des neuen REP-Programmentwurfs wird dann offen mit Krieg gedroht, wenn das Verlangen der Neofaschisten nach einem geeinten Deutschland nicht erfüllt werde: "Solange Deutschland nicht wiederhergestellt ist, gibt es in Europa keinen wirklichen Frieden". "Etappenziel" sei eine "Konföderation Deutschland", die "gipfeln und enden" soll "in einem Friedensvertrag mit Deutschland". Die Ablehnung der Militärpakte und die statt ihrer angestrebte Blockfreiheit "Deutschlands" als sein eigener, militärisch starker Block in Europa macht Diwald mit seinen Ressentiments gegen die "verordnete Einbindung West- und Mitteldeutschland in unterschiedliche Besatzungs- und Gesellschaftssystemen" deutlich. Gegen die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs ruft Diwald zu offenem Widerstand und Rechtsbruch auf, als seien noch die Zeiten des faschistischen "Werwolf" angesagt.

Weitere Gemeinsamkeiten zwischen REPs und Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" vgl. 3.4.2.6.

3.4.2.17 Tilman Fichters Versuch, die "Denkschrift" in die SPD-Deutschlandpolitik einzubringen

Nach dem Zusammenbruch der Deutschlandpolitik der SPD im September 1989 versucht der Bildungsreferent beim SPD-Parteivorstand Tilman Fichter sogleich, die in Mechtersheimers ibf-Verlag erschienene Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" als eine Grundlage in die beginnende Diskussion um eine Neuorientierung der SPD-Deutschlandpolitik einzubringen. In der parteieigenen Zeitung "Berliner Stimme" vom 23.9.89 präsentiert Fichter in einem langen Artikel die "Denkschrift" als Ausweg aus der Misere. Daß diese Schrift mitten im nationalrevolutionären Neofaschismus entstand und durch "wir selbst" mit Öldollars Gaddafis gepuscht wurde, stört den SPD-Bildungsreferenten offenbar nicht. Obwohl der Eiserne Vorhang bereits buchstäblich zerschnitten ist und somit die vorgebliche Grundlage der nationalrevolutionären "Friedenspolitik", der europäische Status Quo des "Jalta-Systems", gar nicht mehr existiert, erneuert Fichter am 16.12.1989 wierum in der "Berliner Stimme" seinen Vorschlag, die "Denkschrift" zur Grundlage der SPD-Deutschlandpolitik zu machen. Deutlicher kann man das wahre Motiv, den Nationalismus, nun nicht mehr machen.

Am 12.10.89 startet Fichter in der "taz" einen für viele gänzlich unverständlichen Angriff auf den linken Publizisten Erich Kuby. Kuby hatte sich mit Blick auf die Wiedervereinigungseuphorie einiger Leute beim Besuch Gorbatschows in der Bundesrepublik (vgl. 3.4.2.14) über "Gorbimanie und Schönhuberei" hergemacht. Fichter kontert dies, indem er eine Schmierengeschichte des Jahres 1946 ausgräbt: Kuby habe sich im Dienst der amerikanischen Militärregierung in Deutschland "als deutscher Mitarbeiter der amerikanischen 'Information Control Division' (ICD)" an "Reeducation" und "Charakterwäsche" der Deutschen beteiligt! Die Begriffswahl und der Duktus des gesamten Artikels des Bildungsreferenten beim SPD-Parteivorstand macht gedankliche Nähe zum Neofaschismus deutlich: mit dem Wort "Charakterwäsche" hatte der "wir selbst"-Rezensent Caspar von Schrenck-Notzing in seinem Buch aus den 60er Jahren die Demokratisierung des faschistischen Deutschland durch die Sieger des Zweiten Weltkriegs als Überfremdung zu diffamieren versucht (vgl. 2.4.6).

Schrenck-Notzing hatte dieselbe von Fichter aufgewärmte Geschichte bereits damals als Beweis für seine wahnwitzige These angeführt, die USA hätten den Deutschen mit Hilfe der als jüdisch-marxistisch dargestellten Psychoanalyse den "nationalen Charakter" ausgewechselt. Im Gegensatz zu Schrenck-Notzing, der unterschiedslos alle Köpfe der Schriftsteller-"Gruppe 47" verantwortlich machte, geht Fichter nun klüger vor: er versucht, einzelne Mitglieder der "Gruppe 47" gegen Kuby auszuspielen. Das hat sich der Bildungsreferent der SPD wohl doch noch nicht getraut: alle deutschen Nachkriegsschriftsteller für die auch seiner Meinung nach stattgefundene "Charakterwäsche" verantwortlich zu machen. Dennoch kommt der Mann, der die Bildungsarbeit der SPD unter sich hat, 1989 zu denselben Schlüssen wie die Neofaschisten. Fichter in der "taz": "Die Anti-Hitler-Koalition hatte Deutschland besiegt und nicht befreit". Kuby habe mit der Übernahme der Zeitschrift "Der Ruf" im Auftrag der US-amerikanischen Umerzieher mit verhindert, daß "Deutschland...eine Mittlerrolle zwischen Ost und West einnehmen" könne, so Fichter 1989. Schrenck-Notzing hatte denselben Vorfall 1965 mit fast denselben Worten kommentiert: "Die Zeit der Brückenbauer zwischen West und Ost war auch auf dem Zeitschriftenmarkt vorbei" (S. 236). Wieder Fichter: "Es liegt durchaus in der Kontinuität seiner Denkweise, wenn Kuby heute den Neutralismusvorwurf wieder aufgreift und angesichts der sich verändernden deutsch-sowjetischen Beziehungen erneut in der BRD Deutschtümelei und Verrat am Westen wittert". Ginge diese Witterung wirklich so fehl, angesichts von Fichters eigener politischer Praxis?
Tatsächlich ist Fichters Angriff auf Kuby und die Praxis der genannten "Friedensinitiativen" die beste Bestätigung für Kubys Vorwürfe. Fichter kennt die wahren Hintergründe der von ihm unterzeichneten "Denkschrift" mindestens seit Februar 1987.
Natürlich bringt der "Denkschrift"-Propagierer Fichter hier auch wieder die "deutsche Konföderation" ins Spiel, gegen die Kuby, so der Eindruck des Fichter-Artikels, im Auftrag des Kriegsgegners USA bereits 1946 angetreten sei.

3.4.2.18 November/Dezember 1989: Vereinigungsforderungen hüben und drüben

Anfang November greift Alfred Mechtersheimer seine eigene Fraktion der Grünen im Bundestag scharf an: es gebe "eine grüne animalische Angst vor der deutschen Einheit" (taz, 16.11.89). Die deutschlandpolitische Position der Grünen sei "inhuman, undemokratisch und unhistorisch". Mechtersheimer tritt jetzt nachdrücklich für die Wiedervereinigung ein und sieht in der Entwicklung in der DDR "Stufen zur staatlichen Einheit", die "Voraussetzungen für einen organischen Prozeß der Vereinigung" seinen. Sein Bezug auf einen biologistischen Begriff macht deutlich, in welcher Denktradition Mechtersheimer Politik betreibt: der nazistische "Volkskörper" scheint durch den "organischen" Prozeß der Vereinigung.

Zur gleichen Zeit ist der unermüdliche nationalrevolutionäre Deutschland-Vereiniger und Mechtersheimer-Freund Rolf Stolz mit einer neuen Initiative zugange. Mit dem Mechtersheimer-Libyen-Spezi Roland Vogt, mit Eckart Stratmann von der "Verleumdungs- und Diskussionverbote-Gruppe" (vgl. 3.4.2.11) und anderen unterzeichnet er einen Text, der an Frankfurter Rundschau, Stern, SPIEGEL, taz und ZEIT geschickt wird. Darin wird auf eine beabsichtigte "Volksbefragung" in BRD und DDR verwiesen, die "eine breite Mehrheit für die deutsche Einheit" erbringen soll. Der ganze pseudolinke Firlefanz der 80er Jahre-Initiativen wird kurzerhand über Bord geworfen, wo doch das nationalistische Ziel des bundesdeutschen Kapitals nun fast erreicht ist: "Bei Verzicht (sic!) auf einen neutralistischen Sonderweg kann eine emanzipatorische Neu-Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten die Überwindung der europäischen Teilung und den blockübergreifenden Abrüstungsprozeß vorantreiben". Der Gegner ist weiterhin die Linke: "Wir finden es unerträglich, daß Status-Quo-Fixierte ihre Mauer im Kopf als 'linkes' Bauwerk vorstellen. Wir setzen uns für einen offenen und kreativen Umgang mit der neuen deutschen Frage ein: Starres Festhalten an der Zweistaatlichkeit ist keine Option für Zukunft denkende Grüne", heißt es in dem Aufruf.

Dagegen tragen antifaschistische Demonstranten am 11.12.89 angesichts der rechtsextremistischen Umtriebe in Leipzig auf der "Montags-Demonstration" ein Transparent mit der Aufschrift: "Den antifaschistischen Schutzwall braucht jetzt jeder im Kopf" (SPD-Pressedienst "PPP" vom 12.12.89).

Mußte die rechtsextremistische Zeitung "student" des RFS im Februar 1987 noch beklagen, die Konföderations- und Deutschland-Wiedervereinigungsideen seien in der politischen Praxis eine Domäne des Neofaschismus, und die Versuche, den Nationalismus über die Friedensbewegung in die Linke zu tragen, seien gescheitert, so bricht angesichts der Öffnung der DDR-Westgrenze nun die gesamte Politik der deutschen Zweistaatlichkeit zusammen. Das Konföderationsmodell, während der 80er Jahre in den politisch randständigen Zirkeln nationalrevolutionärer und rechtskonservativer Intellektueller diskutiert und entwickelt, zum Teil mit Gaddafis Unterstützung verbreitet, wird nun unerwartet zur offiziellen Regierungspolitik. Für die größte Oppositionspartei vollzieht die Bundestagsfraktionsspitze der SPD während einer Bundestagsdebatte ruckartig die Wende vom Konzept der "Kulturnation" in Zweistaatlichkeit zur völkisch motivierten staatlichen Einheit in der Konföderation. Der ehemalige Vorsitzende der ehemals systemüberwindenden Jungsozialisten Karsten Voigt schreibt im SPD-Pressedienst einen Artikel: "Durch Zusammenarbeit zur Konföderation - zu den deutsch-deutschen Perspektiven jenseits von Spaltung und Wiedervereinigung", in dem er bereits die "Umwandlung einer deutsch-deutschen Konföderation in einen Bundesstaat" anvisiert. Die seltenen Beiträge der Nationalrevolutionäre und/oder "wir selbst"-Autoren Venohr, Ammon und Schweisfurth sowie Peter Brandts in der von Tilman Fichter maßgeblich mitbeinflußten SPD-Theoriezeitschrift "Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte" zeigen offenbar ihre Wirkung. Schweisfurth wird am Tag nach der Verkündung des "10-Punkte-Planes" des Bundeskanzlers von der kapitaleigenen BILD-Zeitung auf Seite 2 (29.11.89) als Erfinder des Konföderations-Konzeptes gefeiert. Schweisfurth, für den sich bisher die Publikumsmedien in keiner Weise interessierten, ist der Mann der Stunde: Am Abend des Kohl-Vorschlags, dem 28.11.89, interviewt ihn die Jugendsendung des Südwestfunks "Popshop", am 29.11.89 ist er Stargast des ARD-"Brennpunkt" im Ersten Deutschen Fernsehen.

Shlomo Levin? GDS? "wir selbst"? Gaddafi? - Querverbindungen zum Neofaschismus interessieren im deutsch-nationalen Taumel niemanden.

Willy Brandt hatte schon am 10.11.89, nach dem "Tag der deutschen Freiheit", in Berlin ausgerufen: "Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört". Damit waren natürlich nicht die Türken Kreuzbergs und die Vietnamesen Treptows gemeint. Später wird er mit dem Namen "Deutscher Bund" für die auch von der Bonner SPD-Führung angestrebte deutsche Konföderation einen Vorschlag der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" aufgreifen, an deren Formulierung Brandt-Sohn Peter Brandt mitgearbeitet hat, wie die Frankfurter Rundschau am 27.4.1985 berichtete. In der "Denkschrift" heißt es: "Die Konföderation trägt den Namen 'Deutscher Bund'" (S.44). Die Berliner SPD schließt sich diesem Namensvorschlag im Dezember 1989 an.

Bereits im Mai 1987 hatte Willy Brand einen "Aufruf zum Frieden" losgelassen, auf den zahlreiche Prominente antworteten. Die SPD-Broschüre "Aufrufe zum Frieden" mit einigen dieser Texte enthält auch den Hinweis, daß die Antworten u.a. von Theodor Schweisfurth und Christa Reetz (vgl. 3.4.2.9) beim "Kulturforum der Sozialdemokratie" im Ollenhauerhaus "abgerufen" werden könnten.

3.4.2.19 Die Initiative für eine andere Grüne Deutschlandpolitik

Im Januar 1990 gründet Rolf Stolz eine weitere Initiative, die die Politik der deutschen Zweistaatlichkeit bei den Grünen bekämpfen will. Gemeinsam mit dem Libyen-Kontakter Roland Vogt, dem Grünen-MdB Eckhart Stratmann und dem Grünen-Mitglied des Europäischen Parlaments Eva Quistorp präsentiert er in Bonn eine Erklärung unter der ethnopluralistischen Überschrift "Einheit in der Vielfalt - Deutschland und Europa ökologisch und zivil umbauen". Nach Art des Bäumchen-wechsle-Dich hat Stolz im Januar 1990 alle Sozialismus-Demagogie, mit der er in den 80er Jahren in die Linke einzuwirken versuchte, ebenso fallen gelassen wie seine Gegnerschaft zu einem geeinten Europa. Doch der Meistertäuscher wird auch diesmal durchschaut, die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sieglinde Friess warnt öffenlich vor der neuen Stolz-Initiative und erinnert die national Taumelnden an die alten rechtsextremen Verbindungen.
 

"Europa - Einheit in der Vielfalt" hieß bereits ein 1988 erschienenes Buch des rechten Professors Reinhard Biskup; es enthielt ein Vorwort des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Georg Leber, der ein Jahr später gemeinsam mit CDU-Biedenkopf über eine DDR-Hilfsstiftung den BundesbürgerInnen Geld abnehmen will, um damit die ökonomische Eroberung der DDR durch das westdeutsche Kapital zu finanzieren. Das "Einheit in der Vielfalt"-Buch von 1988 war "Hanns Martin Schleyer zum Gedenken" gewidmet: "der Herausgeber dankt der Hanns Martin Schleyer-Stiftung für die bewährte Zusammenarbeit bei der Gestaltung des Symposiums und der Förderung des Buches". Der "Einheit in der Vielfalt"-Aufruf des Rolf Stolz von 1990 fordert - nun ganz unsozialistisch - "Deutschland" als "freiheitlichen Bundesstaat" und bekennt sich "zur Verantwortung der Bundesrepublik, die Bevölkerung der DDR beim wirtschaftlichen Aufbau und ökologischen Umbau durch ein umfassendes Hilfsprogramm zu unterstützen. Wir sind für wirtschaftliche Kooperation und westdeutsche Investitionen in der DDR".

Die angeblich so "andere" Deutschlandpolitik dieser Initiative fordert "den Aufbau konföderativer Strukturen" und eine "deutsch-deutsche Kooperation mit dem Ziel der Einheit", die "den Prozeß der europäischen Einigung fördern muß". Angesichts der Perspektive des bundesdeutschen und westeuropäischen Kapitals, Osteuropa als Hinterland zu übernehmen, entmachtet Rolf Stolz sozusagen in sich selbst den sozialrevolutionären Flügel der Neuen Rechten und legt ein Bekenntnis zur EG ab; seine "linke" Demagogie von früher ist in den heutigen Zeiten nicht mehr nötig: "Die EG muß demokratisch, zivil und ökologisch umgestaltet werden" in Richtung einer "gesamteuropäischen Wirtschaftsordnung".

Schließlich unterstützt er sogar noch den in der "Denkschrift" (vgl. 3.4.2.6) abgelehnten Helsinki-Prozeß: "Wir unterstützen daher den Vorschlag nach Einberufung der Helsinki II-Konferenz noch im Jahr 1990" - man geht nun arbeitsteilig vor: zur gleichen Zeit versendet Mechtersheimer die "Denkschrift", an der auch Stolz mitgearbeitet hatte und die den KSZE-Prozeß ablehnt, weil er "nicht spezifisch deutsche Angelegenheiten" betreffe.

Bei einer Pressekonferenz, die Stolz, Stratmann und Quistorp am 12.1.1990 in Bonn zu ihrer neuen Initiative abhielten, bezeichnete der Grünen-Vorstandssprecher Fücks diese Gruppe als "Kyffhäuser", die sich für eine Wiedervereinigung einsetzten. Libyen-Kontakter Vogt konterte mit dem Ausfall, dies sei eine "dieser üblichen Unverschämtheiten, Herr Fücks!" (FAZ, 13.1.90).

Am 19.1.1990 distanzierte sich die AL Berlin in einem Schreiben von dieser Stolz-Truppe, die versucht hatte, mit der Behauptung: "Diese Erklärung wurde gemeinsam mit dem deutschlandpolitischen Arbeitskreis der Alternativen Liste West-Berlin erarbeitet" die AL für sich zu vereinnahmen. Nach Meinung der AL stellt die Stolz-Erklärung vielmehr "Wasser auf die Mühlen der rechten Einheitsideologen dar".

3.4.2.20 Die aktuelle Fortsetzung dieser unendlichen Geschichte möge sich jede/r selbst aufschreiben.

3.4.3 Das Netz ist geknüpft: Immer dieselben Personen

Ein paar wenige Personen mit nationalrevolutionärer Ausrichtung bilden die Schnittstellen dieses Spinnennetzes. Sie haben die Fäden in der Hand, entwickeln die Konzepte, organisieren die Initiativen und sammeln die Unterstützer-Unterschriften.

3.4.3.1 Wolf Schenke

An erster Stelle, weil die historische Kontinuität personell verkörpernd, steht der 1989 verstorbene Wolf Schenke.
Er war hoher Funktionär der Reichsleitung der Hitlerjugend, zeitweise Herausgeber und Chefredakteur des anfangs nationalrevolutionär ausgerichteten HJ-Schulungsbriefes "Wille und Macht". Als Anhänger des Hilter-oppositionellen nationalrevolutionären Flügels der NSDAP lehnte er Mitte der 30er Jahre die ihm angebotene Leitung des außenpolitischen Amtes der HJ-Reichsführung ab und ging als Korrespondent für die NSDAP-Zeitung "Völkischer Beobachter" in den japanisch-chinesischen Krieg, wo er nach eigenen Angaben auch als Agent für Japan tätig war. Seine Artikel über diesen Krieg, auch in anderen Zeitschriften der Nazis veröffentlicht, waren gekennzeichnet vom nationalrevolutionären "Antiimperialismus", der antibritisch und antiamerikanisch, aber projapanisch ausgerichtet war. Den chinesischen Freiheitskampf gegen die japanische Besatzung diffamierte Schenke hier als terroristisch und beklagte, bei der japanischen Armee, die bekanntermaßen mit äußerster Brutalität gegen die unterjochten Völker Ostasiens vorging, fehle es dennoch am "unbedingten Vernichtungswillen" gegenüber den Chinesen (Zeitschrift für Geopolitik, 1938, S.705ff). 1946 wurde Schenke von den USA im Schanghaier Kriegsverbrecherprozeß angeklagt und freigesprochen.

Ab 1950 machte er in der Bundesrepublik mit alten Parteigenossen und ehemaligen Waffen-SS-Leuten, aber auch in Bündnissen mit einigen naiven Linkspazifisten, Politik für ein nationalrevolutionäres, wiedervereinigtes, blockfreies und militärisch starkes Deutschland als Viertes Reich. Die von ihm gegründete Zeitschrift "Neue Politik" (NP) diente als Sprachrohr für diese Bemühungen. Sie war in den 60er Jahren das wichtigste Diskussionsorgan des nationalrevolutionären Neutralismus mit Verbindungen in alle Bereiche des Neofaschismus, eine ähnliche Rolle, wie sie in den 80ern "wir selbst" hatte. In der NP standen auch immer wieder antisemitische Artikel, in den 60er Jahren auch Hetzartikel gegen die Auschwitz-Prozesse, Ende der 70er gegen den Film "Holocaust" (auch von Venohr).

Eine Durchsicht der Jahrgänge der NP zeigt immer wiederkehrende, zentrale Themen der extremen Rechten als Inhalte des Blattes:
- Leugnen der deutschen Kriegsschuld am Ersten und am Zweiten Weltkrieg besonders durch den NP-Autor Alexander Andrae und Leugnen der japanischen Kriegsschuld ("Wie man andere in den Krieg treibt: Roosevelts Kriegsschuld 1941", NP 1958, 32, S.5) durch Schenke und Richard Sperber (vgl. 3.4.2.8); Kampf gegen die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse und -urteile, über die Schenke noch 1983 den Eindruck zu erwecken versuchte, sie seien "nichts als Anmaßung und Willkür" gegen die Deutschen und durch von den USA gekaufte jüdische Zeugen zustande gekommen (NP 1983, 3, S.10ff); Forderungen nach Freiheit für die Nazi-Führer Speer, v.Schirach und Heß, die aufgrund der Nürnberger Urteile in Spandau einsaßen;
- subtiler Antisemitismus, der suggerieren soll, die Juden hätten an ihrer Ermordung durch die Nazis selbst Schuld: großes Herausstellen der angeblichen Finanzierung der bankrotten NSDAP durch amerikanische jüdische Bankiers und der angeblichen Wurzeln des Antisemitismus in den Texten alter zionistischer Theoretiker; Beschuldigung der USA und Englands, die Lösung der "Judenfrage" durch Ansiedlung der jüdischgläubigen Europäer in anderen Kontinenten hintertrieben zu haben (wer diese "Judenfrage" überhaupt stellte und warum Deutsche jüdischen Glaubens ihr Land hätten verlassen sollen, wird dagegen nicht problematisiert); Abdruck antisemitischer Leserbriefe zum Film "Holocaust" und ganzseitiger Anzeigen des antisemitischen Buches von Kardel "Adolf Hitler - Begründer Israels";
- Ablehnung des Existenzrechtes Israels ("Die Existenz des zionistischen Staates Israel steht nicht außerhalb jeder Diskussion", Schenke in NP 1979, 4, S.46) und Eintreten für ein "großarabisches Reich" (vgl. Gaddafis panarabische Position!), in dem die "Endlösung der Judenfrage", so Schenke 1978 die Opfer von Auschwitz verhöhnend, als "eine in der arabischen Welt lebende religiöse Minderheit" der Juden daherkomme (NP 1978, 1, S.33ff); 1985 schrieb Schenke zum negativen Echo innerhalb der Grünen-Bundestagsfraktion auf die Nahostreise einiger Grüner, die Fraktion sei von "der zionistischen psychologischen Kriegsführung" und ihrem "Psychoterror" "ins Bockshorn gejagt" worden (NP 1985, 1, S.25ff).

In der NP traten seit den 80er Jahren Autoren aus den genannten nationalrevolutionären Gruppen auf, Anzeigen für "wir selbst" wurden gedruckt; kontinuiertlich fanden sich Artikel mit nationalrevolutionärer Stoßrichtung gegen "westlichen Liberalismus" und parlamentarische Demokratie wie gegen "östlichen Marxismus" (so eine Artikelserie 1958, Hefte 23 bis 29, später z.B. 1974, 5, S.22ff).
Die bei Jenke (1961) zu findende Darstellung des Buchprogramms des Schenke-eigenen Holsten-Verlages (kriegsverherrlichende Bücher von Wehrmachtsoffizieren und ehemaligen NSDAP-Mitgliedern) rundet dieses Bild ab.

Mit seiner nationalrevolutionären Pointierung nach 1950 schloß Schenke an seine Veröffentlichungen aus den ersten Jahren des Nationalsozialismus an. Volksgemeinschaftsideologie vertrat er in "Wille und Macht" Anfang der 30er ebenso wie "die Botschaft des Sozialismus" und "die Botschaft des Reiches" gegen die "fremde Ideologie des Westens", die als "ein Element der Auflösung bestehender Ordnungen" das Individuum "aus der Gemeinschaft der Nation und der Ordnung des Staates" gelöst habe (Wille und Macht, 1934, 3, S.3ff). 1958 schrieb er dann in der NP: "Im deutschen Nationalsozialismus gab es zu Anfang wenigstens noch Elemente freiheitlich-völkischer Natur"; den "völkischen Sozialismus (d.h. einer nicht auf dem Klassenkampf beruhenden, sondern alle sozialen Kräfte im Zusammenwirken dem Gemeinwohl verpflichtenden Volksordnung)" habe Hitler jedoch abgewürgt (NP 1958, 41, S.3f). Der immer wiederkehrende Bezug der NP auf Ernst Jünger oder Oswald Spengler findet sich ebenso schon in "Wille und Macht".

Für Schenke stellte die Wiedervereinigung Deutschlands das alles überragende Ziel dar (vgl. Kapitel 2.4.3). Nach Austritt aus den Paktsysteme müßte die Vereinigung über eine Konföderation von BRD und DDR schrittweise erfolgen. In der NP wurden von anderen Autoren auch Konföderationen für die Kerngebiete des Ersten Kaiserreiches vorgeschlagen (die deutschen Staaten, Österreich, Ungarn, CSSR und zudem Polen).

Schenke war der Meinung, daß nicht die Zeit vor 1945, sondern die nach 1945 eine "Deutsche Daseinsverfehlung" (so ein Artikel Schenkes in Anlehnung an Niekisch) sei und als Vergangenheit bewältigt werden müsse. Er hatte in den 50ern/60ern intensiven Kontakt mit Otto Strasser und Ernst Niekisch, die in der NP publizierten. Ebenfalls dort häufig vertreten war Wolfgang Venohr bereits in den 60er Jahren; der Alt- und Neonazi Werner Georg Haverbeck ("Collegium Humanum", "Heidelberger Manifest", vgl. 3.4.2.8 und 3.4.2.3) publizierte ebenfalls hier und Erklärungen des von Haverbeck geführten ökofaschistischen "Weltbund zum Schutz des Lebens" wurden von der NP gedruckt.

Enge Mitarbeiter Schenkes bei seinen zahlreichen Deutschlandvereinigungs-Initiativen waren:
- der von Griechenland zu viermal lebenslänglicher Haft verurteilte Kriegsverbrecher und ehemalige Wehrmacht-Besatzungskommandant von Kreta, Alexander Andrea, nach seiner Begnadigung in den 50er Jahren ein Mitbegründer der "Deutschen Reichspartei" (SRP-Nachfolger, NPD-Vorläufer);
- Bruno Kray, der als Paul Stadtler oder K.E.Schaffner für rechtsneutralistische Positionen aktiv war, in Wirklichkeit Paul Schall hieß und von 1940 bis 1945 Chefredakteur der "Straßburger Neuesten Nachrichten" und NSDAP-Kreisleiter war;
- Bogislaw von Bonin, beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Mitglied der Operationsabteilung des Heeres, dann ein Gewinner der Nazi-Säuberungen nach dem 20.-Juli-Attentat: er wurde nun Chef der Operationsabteilung des Heeres;
- der ehemalige Botschafter Werner Otto von Hentig, der 1924 in den thüringischen Kommunistenaufstand verwickelt und später ein enger Freund Otto Strassers war (hier ergeben sich Anknüpfungspunkte zum "Nationalbolschewismus" und dem neofaschistischen "Tauroggen"-Mythos, vgl. 2.4.9); in der NP schrieb Hentig u.a. antiisraelische Artikel;
- Gerhard Bednarski, Mitbegründer der von Anhängern und engen Mitarbeitern des NSDAP-Chefideologen Alfred Rosenberg ins Leben gerufenen Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft" (DUR) und Vertrauter des Alt- und Neonazis Herbert Böhme, eines Mitbegründers der DUR ebenso wie des "Deutschen Kulturwerkes Europäischen Geistes"; später zerstritt sich Schenke mit Bednarski an der Frage der völkerrechtlichen Anerkennung der DDR, Bednarski war inzwischen dafür, Schenke dagegen.

Mit diesen Personen und dem ehemaligen NSDAP- und FDP-Mitglied Hermann Schwann gründete Schenke nach vergeblichen rechtsneutralistischen Bündnisversuchen der 50er Jahre 1960 die "Vereinigung Deutsche Nationalversammlung", der auch Henning Eichberg angehörte. Ebenfalls 1960 gründete er den "Deutschland-Rat" (vgl. 3.4.2.2), 1965 gemeinsam mit August Haußleiter die rechtsextremistische "Aktionsgemeinschaft unabhängiger Deutscher" (AUD), die sich nach Wandlungsprozessen 1980 den Grünen anschloß (vgl. Richard Stöss: Vom Nationalismus zum Umweltschutz. Die Deutsche Gemeinschaft/Aktionsgemeinschaft unabhängiger Deutscher im Parteiensystem der Bundesrepublik, Opladen 1980). Die in Kapitel 3.4.2 genannten Initiativen der 80er Jahre speisten sich zu einem erheblichen Teil aus ehemaligen AUD-Mitgliedern; die von Haußleiter in den 80ern herausgegebene, bei den Grünen aber nur wenig gelesene Zeitung "Die Grünen" puschte diese Initiativen immer wieder. Schenke schrieb das erste Programm der AUD; in seiner NP wurde über eine gemeinsame Kandidatur von NPD und AUD bei der Bundestagswahl 1965 nachgedacht (Überschrift: "Eine Antwort auf viele Fragen: Warum nicht gemeinsam?", NP 1965, 30, S.7ff), entsprechende Verhandlungen zwischen NPD und AUD hatten stattgefunden.

In den 70ern steuerte Schenke seine NP in die Richtung einer seriös erscheinenden, ökologisch orientierten politischen Monatszeitschrift, ohne seine alten Positionen aufzugeben, wie die 80er Jahre zeigten. Erst jetzt griff er seine rechtsneutralistische Politik wieder verstärkt auf.

Kurz vor ihrem Ende Mitte der 80er Jahre war die NP neben "wir selbst" ein Hauptsprachrohr all dieser Initiativen. Ohne Schenke und seine jahrzehntelange Arbeit hätte es die Initiativen der 80er Jahre nicht gegeben; als Schlüsselfigur des neofaschistischen Nationalneutralismus war er als "der Pate" dann auch bei fast allen der dargestellten Gruppen dabei.

1975 erschien im Holsten Verlag, den Schenke besaß, und der nach 1960 vor allem der Propagierung nationalneutralistischer Positionen diente, die erste Biographie Gaddafis. Die Französin Mirella Bianco hatte Gaddafi schon während der libyschen Revolution begleitet und in den ersten Jahren danach zahlreiche Interviews und Reden mit dem Revolutionsführer aufgezeichnet. Ihr Buch "Kadhafi, Messager du desert" erschien als erstes breites und positives Werk über Gaddafi 1974 in Paris; die deutsche Übersetzung "Kadhafi - Der Sohn der Wüste und seine Botschaft" brachte Schenke 1975 im Holsten Verlag heraus. Es ist ein gänzlich unkritisches Jubelbuch. Aus dem Buchrückentext des Verlages: "Mirella Bianco ist bis heute die einzige Person aus dem Westen, die an seinen verschiedenen Stationen dem Lebensweg des Vorsitzenden des libyschen Revolutionsrates in Unterhaltungen mit seinen Eltern und Geschwistern, Lehrern und Mitverschworenen nachspüren konnte. In ausgedehnten Gesprächen erhielt sie schließlich aus Kadhafis Munde auf ihre eingehenden Fragen Auskunft über seine Weltanschauung, seine ferneren Ziele und seine Meinung zu allen aktuellen Problemen der arabischen und der Weltpolitik. Mit diesen unvergleichlichen Informationen aus erster Hand ist ihr Werk bahnbrechend für das Verständnis der Persönlichkeit und der politischen Rolle des libyschen Staatschefs."

In Schenkes "Verlag Neue Politik" veröffentlichte Heinz Brill 1976 sein Buch über Bogislaw von Bonin; Mitte der 80er Jahre schrieb Brill über die Militärpolitik Gaddafis (vgl. 2.4.9).

Schenke ist in den 80ern beim Aufruf "Den Frieden retten - Deutschland vereinen!" dabei (vgl. 3.4.2.3), bei der LDD (vgl. 3.4.2.4), der "Offerner Brief"-Gruppe (vgl. 3.4.2.5), der "Denkschrift" (vgl. 3.4.2.6) und dem "Initiativkreis Friedensvertrag" (vgl. 3.4.2.8).

3.4.3.2 Herbert Ammon

Der Co-Autor von Peter Brandt und Theodor Schweisfurth ist ein persönlicher Bekannter Eichbergs. Ammon hat durch seine Bekanntschaft mit dem Sohn des ehemaligen SPD-Vorsitzenden Willy Brandt Zugang zu einigen Funktionären der SPD-Baracke. Er ist auch ein persönlicher Bekannter des SPD-Bildungsreferenten Tilman Fichter.

Ammon war ein eifriger Autor in Eichbergs Hausblatt "wir selbst".
Der "wir selbst"-Chef und REP-Kreisvorsitzende von Koblenz Siegfried Bublies sagte in einem Interview 1988: "Ich stehe Ammon näher als dem Mystiker Eichberg".

Im "wir selbst"-Heft August/September 1984 schreibt Ammon über "Politische Kultur und nationale Identität in Deutschland". Er startet hier eine vehemente Verteidigung Eichbergs, um den es kurz vorher wegen der Einladung der von Ammon mitgeführten "Arbeitsgemeinschaft Berlin- und Deutschlandpolitik" der Alternativen Liste Berlin an Eichberg Wirbel gegeben hatte. Ammon wirft den Antifaschisten "die moralische Hinrichtung eines Kulturhistorikers" vor (S. 48, gemeint ist Eichberg), schwadroniert über Konföderation, Identität und "die in der Friedensbewegung artikulierte deutsche Identitätskrise" (S. 49) und meint, im Vorgriff auf den "Historikerstreit": "Vor dem Hintergrund ungebrochener nationaler und nationalstaatlicher Bewußtseinsstrukturen in den europäischen Nachbarländern halte ich den Versuch, eine 'politische Kultur' für ein Kunstprodukt wie die BRD nachträglich zu konstituieren, für wenig erfolgversprechend" (ebd.). (Habermas hatte dagegen den "Verfassungspatriotismus" auf der Basis des Grundgesetzes eingefordert, den Bublies in "wir selbst" Nr. 1/1987 zurückwies, vgl. 2.4.5; vgl. auch 3.4.1.)

In demselben "wir selbst"-Heft wird für die neofaschistischen Bücher des "sinus"-Verlages geworben (Mohler, Niekisch, Schrenck-Notzing, Venohr, Diwald oder Heinrich Jordis von Lohausen, der 1988 auch in dem Buch des "Thule-Seminars": "Mut zur Identität - Alternativen zum Prinzip der Gleichheit" schreibt), im selben Heft schreiben Venohr (über Stauffenberg), Eichberg (über "Sinne, Mythen und volkliche Identität"), der Neofaschist und "Nation Europa"-Autor Werner Olles (über die "Staatsschutzmentalität der 'Antifa-Linken'"), Johannes Stüttgen (über den Begriff "national"), und es erscheint ein ausführliches Interview mit dem Otto-Stasser-Anhänger Karl Ernst Naske, dem Verwalter des politischen Erbes Strassers und Herausgeber des "Strasser Archivs". In dem Heft ist also der größte Teil des nationalrevolutionären Spektrums vertreten.

In "wir selbst" Februar/März 1985 empfiehlt Ammon die Ideen des Faschisten-Obersten und Gewinners bei den Säuberungen nach dem 20.-Juli-Attentat und späteren Schenke-Vertrauten Bogislaw von Bonin als Alternative zum sozialdemokratischen Bühlow-Papier und preist das Buch des Schenke-Gefolgsmannes Heinz Brill über Bonin an, das 1976 in Schenkes Verlag Neue Politik erschien (vgl. 2.4.9). Ammon beklagt hier den "de-facto-Besatzungszustand in Deutschland", beschwört "die deutsche Unruhe in Gestalt der Friedensbewegung" (S. 23), will - ganz Nationalist - eine "deutschlandpolitisch zentrierte Konfliktlösung" (S. 25).

Im selben Heft berichtet die "wir selbst"-Redaktion über ein Interview, das die arabische Zeitung Al-Moukif al-Arabi mit Bublies und Höffkes gemacht habe. Der "zukunftsweisende und programmatische zweite Teil" (Vorspann der "wir selbst"-Redaktion) der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" wird abgedruckt, Mechtersheimers und Schmidt-Eenbooms "wir selbst"/"Mediatus"-Sonderdruck beigeheftet, eine Carl-Schmitt-Apologie gedruckt; zahlreiche Rezensionen durch Höffkes und ein von Eichberg geschriebener Verriß des Buches "Wotans Wiederkehr. Blut-, Boden- und Rassereligionen" des evangelischen Sektenbeauftragten Friedrich-Wilhelm Haack runden das Heft ab. (Haack hatte in diesem Buch auch die faschistischen Hintergründe der Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft" aufgezeigt. Die Sekte hatte auch Eichberg einmal als Referenten zu ihrem Jahreskongreß geladen. "wir selbst" Autor und LDD-Unterstützer Peter Bahn war Mitglied der Sekte.) Schließlich steht in diesem Heft noch ein Artikel des Solidaristen Lothar Penz, von dem der neurechte Insider Günter Bartsch in seinem Buch "Revolten von rechts?" (1974) geschrieben hatte: "Er war maßgebender Konzepteur des Biohumanismus der Neuen Rechten, ihrer naturalistisch-philosophischen Grundlage, beteiligte sich aber auch an der Ausgestaltung des biologischen Menschenbildes" (S. 23), ein Rassist also; Penz war häufiger "wir selbst"-Autor. Das Spektrum der Nationalrevolutionäre in diesem "wir selbst"-Heft ist noch breiter als im erstgenannten.

Ammon ist in den 80ern bei der LDD engagiert (vgl. 3.4.2.4), bei der "Denkschrift" (vgl. 3.4.2.6), beim "Initiativkreis Friedensvertrag" (vgl. 3.4.2.8), der "Koordination Friedensvertrag" (vgl. 3.4.2.9) und bei der Memorandum-Gruppe (vgl. 3.4.2.15).

3.4.3.2.1 Exkurs: Zu Ernst Niekisch

Ammon hatte mit Peter Brandt bereits 1982 in dem Buch des Niekisch-Schülers Wolfgang Venohr "Die deutsche Einheit kommt bestimmt" Seite an Seite mit Schweisfurth, Rüddenklau, Seiffert und Diwald geschrieben. 1981 war von Ammon und P. Brandt das Buch "Die Linke und die nationale Frage" mit Texten Eichbergs und Niekischs erschienen, die als "Linke" ausgegeben wurden. 1987 verteidigt Ammon in einem Info-Blättchen seines Freundes Rolf Stolz den antisemitischen Hetzer Niekisch.

Die Ideen Ernst Niekischs bilden einen Zentralpunkt der in Kapitel 3.4, dem Spinnennetz, behandelten Personen und Initiativen. Auf Niekisch berufen sich alle: die Nationalrevolutionäre der Linie NRKA-PO-"Junge Republikaner"; die LDD; Venohr, der sich als Schüler Niekischs sieht und in den von ihm herausgegebenen Büchern den Willy Brandt-Sohn Peter Brandt, Ammon, SPD-Schweisfurth, Rüddenklau, REP-Diwald, den "Nouvelle Droite"-Föderer Mohler von der Siemens-Stiftung, M. Vogt von der "Danubia" und dem RFS, den eifrigen Referenten bei neofaschistischen Organisationen Wolfgang Seiffert, Wolf Schenke vereinigt. Auf Niekisch berufen sich "wir selbst" und Henning Eichberg, Peter Bahn von der Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft" bringt in seinem Verlag ein Niekisch-Buch heraus. Auf Niekisch beruft sich die Erklärung "Den Frieden retten - Deutschland vereinen!" explizit, die von Schweisfurth, dem Mitarbeiter des "Criticon" Schrenck-Notzings Kaltenbrunner, dem "Antroposophen" Josewski von Haverbecks "Collegium Humanum" oder dem "Unitarier" und REP-Mitglied Bednarski unterzeichnet wurde. In dem von Rolf Stolz herausgegebenen "Materialbrief" wird Niekisch verteidigt, P. Brandt und Ammon drucken Niekisch in ihrem Quellenbuch "Die Linke und die nationale Frage". Usw.

Was Niekisch wollte, ist also zentral zum Verständnis und zur Einordnung des Spinnennetzes. Daß man sich überall auf ihn bezieht, ihn aber nirgends wirklich zitiert (außer in dem Buch Brandt/Ammons mit einem harmlos erscheinenden Textausschnitt), hat seinen grund.

Niekisch war vor allem in den 20er und 30er Jahren politisch aktiv. Nach 1945 spielte er eine kurze Rolle in der SED, bis man ihn dort hinauswarf. Wie viele Faschisten (prominente Beispiele: Mussolini oder Otto Strasser) stammt er aus der sozialistischen Bewegung, war 1918/19 an der Münchner Räterepublik beteiligt. (Allerdings soll die historische "Thule-Gesellschaft", ein Geheimorden, dem zahlreiche spätere NSDAP-Größen angehörten, in den ersten Tagen der bayrischen Revolution Verbindungsleute in linke Gruppen der Räterepublik eingeschleust haben, vgl. Braun 1987.) Später greift Niekisch den Kopf der Räterepublik, Kurt Eisner, an, er habe in Wahrheit "auf Seiten des 'edlen' Frankreich" gestanden und die bayrisch-deutschen Interessen verraten (1929, S. 32). Niekischs Politik ist prinzipiell gegen "den Westen", "das Welsche", den Liberalismus und Marxismus, gegen den Ausgang des Ersten Weltkrieg gerichtet. Wie heute die REPs in der Präambel zu ihrem Parteiprogrammentwurf 1990, so stellt Niekisch in den 20er Jahren alles unter den Primat des "völkischen Lebenswillens" (1929, S. 52). In seinem Buch "Politik und Idee" (Dresden 1929a) schreibt er: "Wer sich der Moral so sehr verpflichtet fühlt, daß er selbst die Rettung seines Volkes nicht durch die Preisgabe sittlicher Grundsätze erkaufen wollte, mag zu manchen Dingen taugen; unter keinen Umständen ist er dazu berufen, Staatsmann zu sein" (S. 15). Die nationalrevolutionären angeblichen "Friedenspolitiker" der 80er Jahre berufen sich auf einen Niekisch, der 1929 schrieb: "Die pazifistische Idee ist der schillernde Schleier, den satte Besitzhaltungsinstinkte - seien es solche der Engländer oder der um große Kolonien bangenden Holländer - sich umwerfen" (S.47); Pazifismus sei "die Proklamation des Willens zur Ohnmacht" (S. 62). Und er macht noch eine Kampflinie klar, die man aus dem Neofaschismus der "Neuen Rechten" kennt: "Das deutsche Volk verurteilte sich selbst; indem es demokratisch wurde, hatte es jene Wertmaßstäbe gewählt, durch die seine frühere Art zu sein verdammt wurde...Damit wurde das deutsche Volk ein entwurzeltes Volk, dem sein geistiges Gesetz von außen her aufgezwungen wurde" (1929b S. 81). Schließlich: "Deutschlands Heil liegt nicht bei Girls, liegt nicht bei emanzipierten Frauen; für Deutschland ist der Feminismus mit all seinen pazifistischen, humanitären, ethisierenden und ökonomisierenden Masken der politische Krebs. Deutschland hat es zu schwer, als daß es sein Schicksal Weibern anvertrauen dürfte" (1929b S. 298) - das kennen wir ebenfalls, von Gaddafi bis Schönhuber.

In seinem Buch "Entscheidung" (Berlin 1930) fordert Niekisch die Deutschen zur Entscheidung zwischen ihrer angeblichen völkischen Identität und dem "Westen" auf, der sie überfremde. Seitenweise lobhudelt er im Stile der Nazis das deutsche Bauerntum gegen das "westliche" Städtertum. Der extreme Rassist Niekisch meint aber lange nicht alle Deutschen: "Soviel romanisches Blut floß in die Menschen südlich des Grenzwalles ein (des römischen Limes, d.V.), daß nicht nur ihr leibliches, sondern auch ihr geistiges und seelisches Dasein dem Gesetz römisch-lateinischen Wesens verfiel" (S. 19). Dagegen sei "Verheidung" nötig: "Der Weltkrieg" (sic!) habe "im deutschen Volk seelische Schichtungen freigelegt, bis zu denen hinunter noch nie eine Wurzel des Christentums drang und für deren unerschlossene ursprüngliche Fruchtbarkeit das Christliche ein fremdes Gewächs ist" (S. 152). Er beschwört die "Aufwallungen jener germanischen Zornmütigkeit, die lieber tot als Sklave der Welschen sein möchte" (S. 153). "Seit Jahrhunderten ist das Christentum am Werk, das Germanisch-Heroische zu domestizieren und für die romanische Knechtschaft reif zu machen" (S. 153), eine These, die man schon bei Lagarde und Chamberlain las, die man heute bei Hunke, Alain de Benoist und dem "Thule-Seminar" liest. Niekisch fordert eine "Selbstreinigung des deutschen Blutes von romanischem Erbgut" (S. 166) und im Kapitel "Der Mut zum Abgrund" heißt es: "Weil es um Sein oder Nichtsein geht, bleibt Deutschland, wenn es sich selbst erhalten will, das Schwerste nicht erspart: die Bartholomäusnacht und Sizilianische Vesper gegen alles, was an Welschem in ihm lebt. Mit grausamer Härte muß es in sich selbst ausrotten, was in ihm dem Westen verbündet ist, dem Westen Zuträgerdienste anbietet, dem Westen Vorschub leistet" (S. 162f). Das ist die Forderung nach dem Völkermord, der dann in Auschwitz stattfand. Niekisch sogleich weiter: "Das Bürgerlich-Liberale ist unter den heutigen Weltverhältnissen für Deutschland 'Feind im Land'; es ist die Romanisierungs-, Zivilisations-, Urbanisierungs-, Verwestlichungs- und Entdeutschungsform des deutschen Menschen. Je mehr einer Bürger ist, desto weniger ist er Deutscher" (ebd.). Um keinen Zweifel zu lassen, gegen wen es geht, hetzt Niekisch bereits in "Gedanken über deutsche Politik" (1929b): "Nie kann der Jude, auch wenn er besten Willens und edelster Absichten voll ist, Führer des andersgearteten Volkes sein; er ist nicht Fleisch und Blut von dessen Fleisch unf Blut; für dessen Takt, Rhythmus, Gerichtetsein fehlt ihm das Organ: einem anderen, ihm eingeborenen Takt, Rhythmus, Gerichtetsein gehorcht er; wo er führt, unterwirft er das andersgeartete Volk einer fremden Gesetzlichkeit; er vergewaltigt es. Es ist für ein jedes Volk ein Zeichen geschwächten Lebenswillens, wenn Juden nach seiner politischen Führung streben dürfen" (S. 99). Die angebliche Fremdheit der Juden hatte auch Henning Eichberg in dem von Schrenck-Notzing rezensierten "wir selbst"-Heft behauptet, vgl. 2.4.5. Zur Ermordung Rathenaus merkt Niekisch an, "die Ministerschaft Rathenaus jedoch (sei) ein Triumph des Judentums über die Art deutschen Daseins" gewesen (S. 100); "im Attentat gegen Rathenau suchte er (der "deutsche Mensch", d.V.) sich dem blutsaugerisch zupackenden Shylockgriff des internationalen Finanzkapitals zu entwinden" (S. 101).

Auch die außenpolitischen Ziele sind 1929 klar und seltsam aktuell: "Es ist eine der unfaßlichsten politischen Instinktlosigkeiten Deutschlands gewesen, selbst dieses Polen geschaffen zu haben" (1929b S. 251). "Deutschland als Kopf, Organisator und Bestandteil eines vom Großen Ozean (d.i der Pazifik, d.V.) bis an den Rhein ausgedehnten Staatenblocks: davor hätte Frankreich freilich zu zittern" (S. 255). Deutschland habe "nur noch die Freiheit, zwei Wege einzuschlagen: entweder asiatisch oder afrikanisch zu werden, sich an das vernegerte Frankreich oder das tatarische Rußland zu schmieden" (S. 255); Niekisch neigt letzterem zu, da er von der Kreuzung des "germanischen Barbarismus" mit der "russischen Volksseele" träumt. "Vielleicht aber bleibt dieses düstere Entweder-Oder Deutschland noch erspart, vielleicht winkt ihm noch die dritte Möglichkeit: das deutschgeführte Mitteleuropa" (S. 256) - ebenfalls eine sehr aktuelle Perspektive!

Niekisch fordert "Gehorsam, Disziplin, Unterordnung, Treue, Hingabefähigkeit, Dienstwilligkeit" (S. 292) und die Hinwendung zum deutschen Bauerntum: "Ländlicher werden heißt ärmer und primitiver werden, vielleicht auch roher und barbarischer, sicher aber auch wieder deutscher. Barbarismus trägt sein Recht in sich, wo er Kraft und insbesondere, wo er die Kraft deutscher Selbstverteidigung ist. Dem deutschen Volke tut der Mut zu seinem Barbarentum not; seine Stärke ruht in Germaniens Wäldern; je tiefer es sich dorthin zurückzieht, desto mehr findet es sich selbst. Es braucht die Schluchten des Teutoburger Waldes, um den Welschen die Köpfe abschlagen zu können" (1930, S. 100). "Seine innere Haltung ist entscheidend: daß es in der westlichen Zivilisation seinen Abgrund und in der Abkehr davon sein Heil erblicke" (1930 S. 101). Und schließlich Niekischs Vision: "Deutschland hört auf, noch mehr Zivilisation zu wollen; wird es durch seine Haltung sogar Ursache ihrer Vernichtung, so weicht es auch vor dieser geschichtlichen Mission nicht zurück" (S. 115); was er hier 1930 schrieb, wurde ja dann auch Wirklichkeit.

1932 schreibt er das Buch "Hitler - ein deutsches Verhängnis", in dem er den Faschismus rechts von Hitler predigt. "Die nationalsozialistische Bewegung ...kann aufwühlende Pflugschar, sie kann Kampf schöpferischen Gebärens, sie kann das Gewitter sein, daß die Erde tränkt und die Luft reinigt" (S. 6), wenn sie sich nur endlich von Hitler trenne. Hitler sei zu sehr "Demokrat", "eine Spielart des demokratischen Menschen" (S. 7). Und positiv über den Hitler-Ludendorff-Putsch von 1923: "In den ersten Jahren allerdings war Hitler unleugbar noch ein Mundstück des deutschen Protestes...Das Aufgebot, das der Eifer des Demagogen (d.i. Hitler, d.V.) in Bewegung setzte, war ein deutscher Glücksfall (sic!), wenn der Feldherr (d.i. Ludendorff, d.V.) vorbereitet war, es zu ordnen und zweckvoll einzusetzen" (S. 7f). Dann aber seien bei Hitler die nicht-deutschen Gene bestimmend geworden: "Er ist romanisierter Deutscher; gegenreformatorische Instinkte, halb wittelsbacher, halb habsburger Färbung, trägt er in seinem Blute" (S. 9). Das habe zur "römischen Überfremdung" des Nationalsozialismus geführt, "ein gebrochenes deutsches Rückgrad" (ebd.). Hitler habe mißachtet, "daß die räumliche Mittellage Deutschlands ein Höchsmaß an Zwang, an 'Kaserne', an 'Selbstverzicht', an 'Unnatur' fordert" (S. 10). Schließlich sei Hitlers Politik "jüdischen Ursprungs" (S. 12). "Wer an den geistigen Werten, den zivilisatorischen Gütern des Abendlandes hängt, gehört zu Versailles; er gibt Deutschland preis, um diese Werte und Güter nicht zu gefährden...Das Abendland kannte stets das beklemmende Grauen vor dem, was nördlich der Donau und östlich der Elbe liegt" (S. 16), dort, wo Niekisch sein "Deutschland", seinen "germanischen Barbarismus" sucht. Hitler sei (1932!) davor zurückgeschreckt, "die alte Welt in Flammen" zu setzen (S. 25), habe sich statt dessen der Legalität verschrieben, aber: "Weder Weimar noch Versailles läßt sich legal vernichten" (S. 26). Niekischs Vorwurf gegen die Nazis: "Ein tiefgreifendes Mißtrauen gegen die abendländische Überfremdung war in Deutschland erwacht; der Nationalsozialismus schläferte das Mißtrauen wieder ein" (S. 29).

Das also ist der wirkliche Niekisch, auf den sich die Schweisfurth, Ammon, P. Brandt, Stolz, Venohr, Eichberg, "wir selbst" usw. berufen. Niekisch hat von alledem niemals auch nur eine Zeile zurückgenommen oder bereut, zu schweigen davon, daß er ein Schuldbekenntnis für die geistige Mitvorbereitung des Völkermords abgelegt hätte. Seine beiden Schriften "Im Reich der niederen Dämonen" und "Deutsche Daseinsverfehlung" stellen lächerliche Versuche dar, die eigene Schuld auf die Hitler-Linie des deutschen Faschismus zu übertragen, selbst ausgestellte Persilscheine. Niekisch glaubte nach 1945, seine Positionen zuerst in der SED und dann - nach seinem Rauswurf dort - im nationalrevolutionären Niemandsland erneut angehen zu können - war er doch ab 1937 ein "Verfolgter" des Naziregimes, einer von zahlreichen Hitler-oppositionellen Faschisten, die in die Zuchthäuser kamen. Allerdings wurde Niekisch dort - im Gegensatz zu sozialdemokratischen und kommunistischen oder manchen christlichen Häftlingen - kein Haar gekrümmt.

Das also sind die geistigen Quellen, denen sich das Spinnennetz verpflichtet fühlt. Für Ammon ist Niekisch eine Quelle seiner Deutschland-Politik; daß er ein erbitterter Feind der Weimarer Republik war, die er für undeutsch hielt, paßt in Ammons heutiges Konzept der Agitation gegen die Bundesrepublik, die von Gnaden der westlichen Sieger des Zweiten Weltkriegs und keineswegs deutsch gewollt sei. Im "Materialbrief" Nr. 8/9 (Februar 1987) des Rolf Stolz startet Ammon nach Angriffen von Antifaschisten gegen die Niekisch-Anhänger eine - wie er schreibt - "Ehrenrettung" Niekischs, auf den er offenbar nicht verzichten will: Niekisch gehöre zum "Vermächtnis des deutschen Widerstandes" gegen Hitler.

3.4.3.3 Theodor Schweisfurth

Schweisfurth ist Mitglied der SPD und konnte - wie Ammon - sicher mit Unterstützung des "ständigen Mitarbeiters" der SPD-Theoriezeitschrift "Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte" (NG), dem SPD-Bildungsreferenten Tilman Fichter, auch in dieser Zeitschrift seine Positionen verbreiten - im Gegensatz zu antifaschistischen SPD-Mitgliedern (vgl. z.B. Venohr in NG 1982, S. 712-806; Ammon in NG 1982, S. 950-954; Schweisfurth in NG 1982, S.943-949; Ammon in NG 1984, S. 703-711; Hesse in NG Nr. 10/1986 und Nr. 4/1988; P. Brandt/G. Minnerup in NG Nr. 8/1987).

Ansonsten hält sich Schweisfurth offenbar gern im Neofaschismus auf.
Im April 1987 spricht er beim rechtsextremistischen GDS (vgl. 2.2; der stellvertretende Bundesvorsitzende des GDS Peter Boßdorf kandidierte 1989 für die REPs). Im April 1986 spricht Schweisfurth bei dem vom Bund Heimattreuer Jugend (BHJ, in dem der "wir selbst"-Verleger Höffkes engagiert war) veranstalteten "Norddeutschen Forum" gemeinsam mit dem vom Verfassungsschutzbericht genannten Veranstalter Gernot Mörig, mit dem "wir selbst"-Autor und Schönhuber-Berater Bernhard Willms, dem REP-Bundesvorstandsmitglied Emil Schlee, dem "sinus"- und "Criticon"-Autor Horst Groepper (der mit Rüddenklau den "Neuen Deutschen Nationalverein" gründete, vgl. 3.4.1 und 3.4.2.13) und Frank Butschbacher von der "Danubia"-Burschenschaft, die nicht nur eng mit dem GDS verbunden ist, sondern auch bei der Gründung des REP-Hochschulverbandes Hilfe leistete. Diese Veranstaltung wird auch im Bundesverfassungsschutzbericht 1986 als rechtsextremistisch aufgeführt. Die dort gehaltenen Reden erscheinen später im rechtsextremistischen, BHJ-nahen Arndt-Verlag als Buch - neben Hetzbüchern gegen Polen, Lobhudeleien der Waffen-SS und kriegsverherrlichender Literatur, Arno Breker-Bildbänden und einem Buch des Goebbels-Adjutanten Wilfred von Oven über den spanischen Bürgerkrieg und die Legion Condor; Venohr veröffentlichte ebenfalls bei Arndt. (Übrigens erschien der "LaPlata Ruf", die von W. von Oven herausgegebene Exilzeitschrift der Nazis, für die Bundesrepublik über denselben "Verlag Peter Wegener", in dem die langjährige Vize- und Ehrenpräsidentin der Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft" und "Thule-Seminar"-Mitarbeiterin Sigrid Hunke publizierte; Wegener ist ein alter Nazi-Aktivist, der wegen mehrerer, auch politischer Delikte in den 50er Jahren Haftstrafen verbüßte.) 1985 hatte auf dem vorhergehenden "Norddeutschen Forum" der europäische Chefideologe der Neuen Rechten persönlich, Alain de Benoist, gesprochen, gemeinsam mit "wir selbst"-Autor Wolfgang Seiffert, REP-Emil Schlee, dem GDS-Funktionär Volker Beecken, dem Mitarbeiter Venohrs Michael Vogt (von der "Danubia"-Burschenschaft, die Geburtshilfe bei der Gründung des REP-Hochschulverbandes leistete) und dem "Danuben" Claus Fritzsche, 1989 Autor in "Der Republikaner" - es ist immer dasselbe Spinnennetz.

1985 tritt Schweisfurth, "ein alter Corpsstudent" (Burschenschaftliche Blätter Nr. 8/1985), auf einem Kongreß der Deutschen Burschenschaft ("Deutschland in Europa - Freiheit, Ehre, Vaterland") gemeinsam mit dem k.u.k.-Enkel Otto Habsburg auf. 1984 gehört Schweisfurth mit Schenke, Seiffert, Venohr, Michael Vogt u.a. zu den Unterzeichnern der nationalrevolutionären Anzeige in der FR (vgl.3.4.2.3). Seine guten Kontakte zum militant-neofaschistischen GDS beweist Schweisfurth auch im Dezember 1987, als er sich in der Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" positiv auf eine interne Informationsschrift des GDS bezieht; die SPD-Parteizeitung "Vorwärts" hatte dagegen kurz vorher mehrmals über die rechtsextremistische Ausrichtung des GDS berichtet - bei Schweisfurth ohne Wirkung.

Schweisfurth gehört bereits 1982 zu den Autoren in Venohrs Buch "Die deutsche Einheit kommt bestimmt", gemeinsam mit Ammon, P. Brandt, Schönhuber-Berater Willms, Seiffert, Rüddenklau. Hier schreibt er unter dem Titel "Das Ziel: Blockfreiheit", "Deutschland" sei heute ein "Tummelfeld fremder Mächte" (S. 81) und greift die internationalistische Linke scharf an: "Die Nationalallergetiker haben...giftige Vokabeln schon ausgestreut. Wer denkt bei 'deutschnationaler Erweckungsbewegung', bei 'Nationalfuror' nicht an das 'Deutschland erwache!' ? Derartige Ängste müssen und können zerstreut, derartige Verdächtigungen und Unterstellungen müssen und werden entlarvt (sic!) werden" (S. 82f). Daß dunkle ausländische Mächte angeblich gegen den deutschen Nationalstolz aufträten, hatte man schon bei Schrenck-Notzings "Charakterwäsche" 1965 gelesen (vgl. 3.4.3.4). Was Schweisfurth in Wirklichkeit vorschwebt, sagt er deutlich: "Das einige Deutschland unter der Kanzlerschaft Bismarcks war nicht aggressiv ('Deutschland ist saturiert')" (S. 97f, Hervh. Org.).

Schweisfurth und Ammon bekennen sich im Juli 1986 im sozialdemokratischen Pressedienst "Blick nach rechts" ausdrücklich zu Rolf Stolz und Wolf Schenke. Wegen eines kritischen Artikels, der dort erschienen war und Schenkes Nazismus nachwies, erklären die beiden ausdrücklich ihre Solidarität mit Schenke. Von einer kritischen Distanz zu diesem Alt- und Neofaschisten lassen sie nichts erkennen.
Daß Schweisfurth und Ammon sowohl in Mechtersheimers "Mediatus" schreiben (z.B. 1983, 1988) als auch bei Diskussionsveranstaltungen in Starnberg Gäste des Mechtersheimer-Friedensforschungsinstituts sind (z.B. 1986), erstaunt nicht mehr.
"wir selbst" gibt Schweisfurth als Autor der Zeitschrift an.

In den 80ern ist Schweisfurth bei dem nationalrevolutionären Aufruf "Den Frieden retten - Deutschland vereinen!" engagiert (vgl. 3.4.2.3), bei der LDD (vgl. 3.4.2.4), Autor der "Denkschrift" (vgl. 3.4.2.6) und bei der Memorandum-Gruppe (vgl. 3.4.2.15).

3.4.3.4 Rolf Stolz

Stolz ist ein Hauptorganisator des Spinnennetzes. Er knüpft die Verbindungen zu den Personen, verteidigt sie notfalls gegen Angriffe der Linken und ruft unermüdlich immer neue Initiativen mit denselben Leuten und denselben Zielen unter neuen Namen ins Leben. Er ist Gründer der LDD (vgl. 3.4.2.4), Mitautor der "Denkschrift" (vgl. 3.4.2.6), beim "Initiativkreis Friedensvertrag" (vgl. 3.4.2.8), Gründer der "Koordination Friedensvertrag" (vgl. 3.4.2.9), der Memorandum-Gruppe (vgl. 3.4.2.15) und bei der Initiative für eine andere Grüne Deutschlandpolitik beteiligt (vgl. 3.4.2.19). Er ist jahrelang Mitherausgeber des "Materialbrief Deutsche Probleme - Probleme mit Deutschland" (MB) und hat als ehemaliges Mitglied des allerersten Bundesvorstandes der Grünen und Bundestagskandidat der Grünen 1983 in Köln hervorragende Verbindungen in die Ökopartei, insbesondere zum AUD-Flügel. Er ist mit Ammon wie mit Mechtersheimer politisch wie auch persönlich befreundet und Mitglied des Mechtersheimerschen "Forschungsinstituts für Friedenspolitik" in Starnberg. Seit Jahren als Angestellter der Bayer AG in Dormagen tätig, hat Stolz im Gegensatz zu anderen prominenten Mitgliedern der Grünen, die Arbeitnehmer der Bayer AG waren, wegen seines herausgehobenen Engagements in der Umweltpartei bisher keine Schwierigkeiten mit dem Arbeitgeber bekommen (vg. 1.2, November 1987).

In seinem "Materialbrief" druckt Stolz Texte des Neofaschisten Peter Bahn, Anzeigen für den Schenke-eigenen Holsten-Verlag (in dem die erste deutschsprachige Gaddafi-Biographie erschien), für den "Helios"-Verlag Bahns, für die nationalrevolutionäre Zeitschrift "Aufbruch" und ihre Mutterorganisation NRKA (vgl. 2.4.1 und 2.4.3), auch ein "Leserbrief" des NRKA an den MB erscheint. "Mediatus"-Artikel werden nachgedruckt, die nationalrevolutionäre Anzeige aus der FR wird nachgedruckt und - teilweise kritisch - kommentiert (vgl. 3.4.2.3). Ein Vortrag Günter Kießlings vor der nationalrevolutionär beeinflußten Deutschen Burschenschaft erscheint. (1978 hatte Eichberg sein neofaschistisch grundlegendes Werk "Nationale Identität" in Zusammenarbeit mit der Deutschen Burschenschaft veröffentlicht.) Der neofaschistische Neuheide Peter Bahn rezensiert im MB Venohrs Buch "Ohne Deutschland geht es nicht" aus dem rechtsextremen "sinus"-Verlag mit dem Schönhuber-Berater Diwald, Rüddenklau, Groepper, Schenke und Seiffert als Autoren und wettert dabei gegen "pfäffisches Abendländertum" (MB Juli 85, S.31; Bahn wird dies bei der nazistisch-religiösen "Artgemeinschaft" 1988 wieder tun, vgl. 2.4.3) Der MB bezieht sich positiv auf die "Offener Brief"-Gruppe (vgl. 3.4.2.5).

Stolz verschickt über sein Büro auch Stellungnahmen Schenkes. Ammon verteidigt im MB (Februar 1987) den antisemitischen Hetzer Ernst Niekisch.
Stolz verteidigt seine Zusammenarbeit mit Neofaschisten im MB gegen Angriffe von links ausgerechnet mit einem Zitat Oswald Spenglers.

Den meisten Aufschluß über die Geisteshaltung von Stolz geben seine eigenen Artikel. Hier wird deutlich, daß er in den Kategorien der Nationalrevolutionäre der 20er Jahre und des antikapitalistischen Flügels der NSDAP um die Gebrüder Strasser denkt und schreibt. Er will "den nationalen Kampf (der Deutschen, d.V.) um Selbstbestimmung des eigenen Volkes verschmelzen mit dem sozialen Kampf um gesellschaftliche Selbstbestimmung" (MB Feb 84, S.30), die "nationale Befreiung" von der "Fremdbestimmung des deutschen Volkes" und dem "Doppeljoch einer Fremdbestimmung" (MB Nov.84, S.25f). Die deutlichen Anklänge an die faschistische Agitation gegen "Versailles" (gegen das Niekisch "Widerstand" leisten wollte) werden überall deutlich: "Jalta" sei "ein friedensfeindliches und undemokratisches Kriegsbeendigungsdiktat" (MB Mai 85, S. 15). Die Bonner Politiker ergingen sich in "hündischer Ergebenheit" gegenüber den USA (ebd). Stolz fordert die "nationale und soziale Emanzipation" (MB Nov.84, S. 27) und meint dies durchaus als Abkehr vom antifaschisten Konsens des Grundgesetzes: "Von der Gemeinsamkeit der Demokraten müssen wir weg - und die einzige Richtung, in der Licht am Ende des Tunnels sichtbar wird, ist der vielbeschworene deutsche Sonderweg in die Neutralität" (S. 25). Im November 1989 läßt er die Neutralitätsforderung, die taktisch auf die Linke gerichtet war, kalt fallen (vgl. 3.4.2.18). Die Agitation des Rolf Stolz ist antiwestlich und nationalistisch, hat Vorbehalte gegen die Demokratie und ist damit von derselben Qualität, wie sie in den 20er Jahren von den verschiedenen Fraktionen des aufkommenden Faschismus gegen die Weimarer Republik vorgebracht wurde. Er greift im Stil der Neofaschisten "die geschichtsblinde Reeducation" an (S. 27), wettert mit der völkischen "Neuen Rechten" gegen Universalismen und den "Einheitsbrei 'Menschheit'" (MB Sep. 87, S.21), will "eine große deutsche Befreiungsbewegung" ins Leben rufen (in der Schrift "Weder Nationalismus noch Status Quo", S.10) und hetzt gegen die Solidaritätsbewegung mit der Dritten Welt, sie sei eine "kleingeistige Fluchtideologie abgewrackter Soli-Kampagnarden, die vor der realen deutschen Misere in die Dritte (Traum) Welt entfliehen" (ebd.). Im Stil des "Charakterwäsche"-Arguments wirft er der bundesdeutschen Linken vor, sie "kultiviert selektiven Deutschen- und Selbsthaß" (MB Sep.87, S.21), die Mehrheit der Grünen sei wegen ihres Festhaltens an der deutschen Zweistaatlichkeit "Anhänger eines grotesken deutschen Selbsthasses" (S.27). Stolz beklagt wie Eichberg angebliche "Versuche einer Zerstörung der deutschen Identität durch das Aufpfropfen einer Kolonialvolkmentalität", ruft zur "nationalen Befreiung" gegen die "Fremdbestimmung des deutschen Volkes" auf und will gar die "Renaissance (sic!) einer sich über die fremdbestimmten Grenzen hinwegsetzenden Gefahren- und Befreiungsgemeinschaft der deutschen Nation" (in Stolz 1985), was ebensogut als Aufruf zum offenen Rechtsbruch gegen internationales Völkerrecht verstanden werden kann. (Diwald schreibt in der Präambel zum REP-Parteiprogrammentwurf 1990: "Wer sein Recht nicht wahrnimmt, gibt es preis. Unsere Politik entzeiht sich deshalb dem Diktat und den Auflagen der Siegermächte von 1945".)

Dafür, daß die hungernden und frierenden Menschen am Ende des Zweiten Weltkriegs sich nicht sogleich auf den Sonderweg machten, sondern nur an Wohnung und Essen dachten, tragen nach Meinung von Stolz Ausländer die Verantwortung: "die geschichtslose Blindheit der Reeducation" (MB Nr. 2, S. 27), "Denkverordnungen" (Stolz 1985, S. 6), "psychologische Massenmanipulation" (ebd.), "inländische fünfte Kolonnen" (S. 111) hätten die Deutschen von der Wiedervereinigung abgebracht, jede Umorientierung werde auch heute "argwöhnisch von außen beobachtet und ebenso unverschämt wie heimtückisch beeinflußt" (S. 112f). Hier ziehe auch die antinationalistische Linke mit, die mit "rhetorischen Killerphrasen" (S. 22) und "Bannworten" national Denkende "exorzieren" wolle (ebd.). Dieser ganze Argumentationsstrang einer Drahtziehertheorie über dunkle ausländische Mächte, den man schon bei Schrenck-Notzing kennenlernte (vgl. 2.4.5) kommt bei Stolz in die Nähe blinden Ausländerhasses, wenn er nicht nur die ausländischen Truppen auf deutschem Boden, sondern auch gleich noch die zivilen Einrichtungen der Alliierten von Wohn- und Einkaufszentren bis zu Bildungseinrichtungen angreift ("allein 140 amerikanische und fast 100 englische Schulen" auf deutschem Boden!, S. 106). Das Bekenntnis zum nationalrevolutionären Konzept des Befreiungsnationalismus geht bei Stolz einher mit dem Bekenntnis zum Hauptprinzip des Ethnopluralismus, der Betonung völkischer Unterschiede und daraus abgeleiteter Apartheid. Stolz kleidet es in seine Definition von Souveränität einer menschlichen Gemeinschaft, die für ihn nur "in Abgrenzung von anderen Gemeinschaften" möglich sei (S. 98f.). "Eine Gemeinschaft, die nicht genug eigene Identität und spontanes Autonomiestreben entwickelt, um sich von den sie umgebenden Gemeinschaften abzuheben und sich von ihnen zu emanzipieren, wird niemals objektiv souverän sein" (S. 99), so Stolz ethnopluralistisch. Die Ideen eines vereinten Europa sind für ihn dagegen nur die "dummen Phrasen von Europäertum" (MB Nr. 4, S. 15), die Idee einer "Einen Welt" (die freilich in der UNO auch ein Ergebnis der Niederlage des Faschismus im Zweiten Weltkrieg war) und weltweiter gemeinsamer Verantwortung, die sich für die Linke heute in Solidaritätsaktionen mit der Dritten Welt und globaler Ökopolitik festmacht, erscheinen ihm als "kleingeistige Fluchtideologie". Logisch aus dem Bekenntnis zum Ethnopluralismus folgend, sind Stolz' politische Forderungen nach - nicht etwa nur kultureller, sondern ohne jedes Adjektiv eingeschränkter - "Autonomie der deutschsprachigen Ostbelgier, der Südtiroler, der Rußlanddeutschen usw." (MB Nr. 0, S. 29), wobei man nicht nur gerne wissen möchte, was sich noch alles hinter diesem "usw." verbirgt, sondern auch, wo hier noch der Unterschied zu der nationalrevolutionären Forderung nach Neuziehung der europäischen Grenzen nach völkischen Gesichtspunkten ist. Vor allem, wenn Stolz zur Erreichung seiner Ziele zur "Diskussion mit allen (sic!) deutschsprachigen Bewegungen, wo immer man uns dazu auffordert" bereit ist (ebd.); Mechtersheimers Mitarbeiter Schmidt-Eenboom bezieht dies sogar auf die NPD, vgl. Kapitel 3.2. In Stolz' Reden und Schriften taucht auch der deutsche Erbfeind Frankreich wieder auf: so spricht er von Frankreich als "Möchtegernweltmacht" (S. 32) und erinnert (wie Schenke) an das "Verbrennt die Pfalz" Ludwig XIV., wenn er schreibt, die französischen Atomwaffen seien "überwiegend zur Ausrottung der Deutschen und zur Verwüstung Deutschlands" bestimmt (1985, S. 108).

In dem LDD-Text "Wege zu einem anderen Deutschland" (1987) wird zwar die freie Wahl der Arbeitsstätte für alle Deutschen aus der DDR und der BRD gefordert; die 4,5 Millionen ausländischer Mitbürger allein in der Bundesrepublik kommen aber in dem Text nicht mehr vor. Für sie ist in dem "anderen Deutschland" offenbar kein Platz mehr; das NRKA, mit dem sich Stolz verbündete und das von Stolz offen gegen Angriffe der Linken verteidigt wurde, hatte ja bereits apartheidmäßig "geschlossene Siedlungsgebiete für nichtdeutsche Volksgruppen" gefordert.

Die LDD bringt ein Flugblatt zum Abzug ausländischer Truppen heraus, das eine Karikatur des Niekisch-Freundes A.Paul Weber abbildet (Weber hatte 1932 die Niekisch-Schrift "Hitler - ein deutsches Verhängnis" illustriert) und in dem es heißt: "Soll Deutschland besetzt bleiben - für den nächsten Krieg? Fremde Soldaten: Ihr sagt, ihr seid als Befreier gekommen. Aber geblieben seid ihr als Besatzer. Geht heim als Freunde!" Die Verwendung des Adjektivs "fremd" für die ausländischen Truppen ist ebenso verräterisch wie die Tatsache, daß die "Jungen Nationaldemokraten" ein Plakat mit ähnlichem Text verbreiteten - einige LDD- und "wir selbst"-Gründer stammen aus den "Jungen Nationaldemokraten". Stolz-Freund Mechtersheimer gründet im April 1989 das "Starnberger Komitee für die Befreiung Deutschlands von fremden Truppen und die totale Entmilitarisierung", ein in der ersten Hälfte deutlich am nationalrevolutionären Befreiungsnationalismus orientierter Name; den Vorsitz des Komitees hat Schmidt-Eenboom (vgl. 3.2), Geld wollen die Gaddafi-Freunde über "Spenden" bekommen.
Rolf Stolz hatte - kein Wunder - die Möglichkeit, seine Thesen auch in der von AUD-Haußleiter herausgegebenen Zeitung "Die Grünen" zu verbreiten.

In seinem "Materialbrief Nr. 12/13" vom Juni 1988 schreibt Stolz, die inzwischen zu den REPs übergegangegene nationalrevolutionäre Gruppe "Politische Offensive" (PO) zeige "positive Ansätze, die eigene rechte Vergangenheit zu überwinden" (!, S.23). In seinen "12 Thesen zur Selbstbefreiung Deutschlands" (ebd., S. 27) schreibt er dann: "Wir streben einen historischen Kompromiß an zwischen allen, die in Deutschland Frieden, Blockfreiheit, Volkssouveränität, Selbstbestimmung und Selbstverteidigung wollen - einen Kompromiß, der politische Handlungsfähigkeit sichert, ohne einen weltanschaulichen Konsens vorauszusetzen"; Mechtersheimers Schmidt-Eenboom wird diesen "Kompromiß" ein Jahr später auch auf die namentlich genannte NPD ausdehnen.

Zum Strategiekongreß der Grünen 1989 bringt Stolz dann schließlich ein Flugblatt "Wenn Ihr es wollt, wird es kein Alptraum sein!" heraus, in dem er offen die biologistische These der Neofaschisten vom angeblichen Aussterben der Deutschen aufgreift und - als Kritik an angeblicher "Vergreisung dieser Gesellschaft" getarnt - die Grünen auffordert, familienpolitisch gegen die "0,5-Kind-Familie als Regelfall" anzugehen.

All dies hindert im Januar 1990 weder den Grünen-Bundestagsabgeordneten Stratmann noch die Grünen-Europaabgeordnete Quistorp daran, mit Stolz und dem Libyen-Kontakter Vogt eine "Initiative für eine andere Grüne Deutschlandpolitik" zu gründen (vgl. 3.4.2.19).

Im Laufe der 90er Jahre driftet Mechtersheimer, dem sich Rolf Stolz nun mehr und mehr anschließt, mehr und mehr nach ganz rechts außen ab, sein Name erscheint schließlich sogar in Verfassungsschutzberichten. Je mehr Mechtersheimer offensichtlich erledigt ist, desto mehr versucht Stolz, der innerhalb der Linken verbrannt ist und aus den Grünen austritt, sich dem konservativen Lager anzudienen. Gastspiele bei der Hanns-Seidel-Stiftung der CSU, Artikel in der "Welt" und in der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte" der Wochenzeitung "Das Parlament" -- niemand spricht von seiner K-Gruppen-Zeit.

Der Kölner Rolf Stolz nähert sich nun öffentlich inhaltlich dem früheren RFS- und REPs-Funktionär und rechtsextremen Kölner Lokalpolitiker Manfred Rouhs (vgl. 2.4.2.1) an, der vor allem Politik gegen Migrant/innen aus islamischen Kulturen macht. Stolz ist dabei ein Trendsetter, ist einer der ersten, der gegen eine angeblich drohende Islamisierung Europas hetzt und Rouhs die Stichworte liefert. Rouhs trägt zehn Jahre später mit seiner Partei "Bürgerbewegung pro Köln" die Stolz-Propaganda auf die Straße und veranstaltet im September 2008 einen "Anti-Islamisierungskongress" gemeinsam mit der österreichischen FPÖ und der belgischen Partei "Vlaams Belang", auf dem auch der französische "Front National"-Führer Jean-Marie Le Pen und der "Nation Europa"-Herausgeber Harald Neubauer sprechen sollen; der zunächst mit angekündigte Alfred Mechtersheimer taucht auf dem Ankündigungsflugblatt nicht mehr auf, Stolz selbstverständlich ebenfalls nicht, weil er seine guten politischen Verbindungen ja nicht durch offene Zusammenarbeit mit allzu bekannten Rechtsextremisten ruinieren will. Stolz begnügt sich nun mit der inoffiziellen Rolle als geistiger Pate und Nestor im Hintergrund.

Der nationalrevolutionäre Autor Rainer Zitelmann, der inzwischen Leiter der Sub-Redaktion "Geistige Welt" der Tageszeitung "Die Welt" ist, gibt Stolz im März 1994 die Titelseite der Abteilung "Geistige Welt" der "Welt" für einen Hetzartikel gegen islamische Migrant/innen, der in Stil und Duktus den oben dokumentierten Stolz-Pamphleten der 80er Jahre in nichts nachsteht. 

Rolf Stolz in Zitelmanns "Geistiger Welt":
 
 

Nach Art eines irren Hetzers suggeriert er in dem Artikel, der als "Vorabdruck" aus dem Stolz-Buch 'Die Mullahs am Rhein. Der Vormarsch des islamistischen Fundamentalismus" präsentiert wird, die drohende "Herrschaft Allahs über die Welt", ganz im Stil des klassischen Antisemitismus des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, als Antisemiten, Nazis und ihre Vorläufer, von der angeblich drohenden Weltherrschaft Jahwes phantasierten. "Wer würde annehmen, daß eine Religion, die von vornherein darauf besteht, zu herrschen und nicht beherrscht zu werden, sich auf die Dauer damit zufriedengeben wird, der Ewige Zweite zu sein?", endet sein "Geistige Welt"-Artikel, am Rande der Volkserhetzung, nicht ohne noch eine Assoziation an den "Ewigen Juden" zu setzen, den die (Alt-) Nazi-Mitstreiter von Stolz aus den 80er Jahren schon vorher für alle Unbill verantwortlich gemacht hatten.

Im November 1998 ermöglicht es ihm der bekannte anti-israelische und bisweilen antisemitische Redakteur Ludwig Watzal von der regierungs-offiziösen Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte" der Wochenzeitung "Das Parlament", seine Hetze noch weiter zu adeln. "Das Parlament" ist die Zeitung des Deutschen Bundestages, die "Beilage" wird herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung, die dem Bundesinnenminister untersteht -- im November 1998 heißt der bereits Otto Schily, ein alter Bekannter von Stolz aus den Zeiten im Bundesvorstand der Grünen. Zehn Jahre später fordert der Zentralrat der Juden in Deutschland vom Bundesinnenminiser Watzals Entlassung wegen dessen fortwährenden Ausfällen.  

Rolf Stolz, rot-grün-regierungsoffiziös:
 
 
In einer "Vorbemerkung" erinnert Stolz an seine nationalrevolutionären 80er Jahre und an die LDD, so dass allen der Bogen klar wird, den Stolz von den rechtsextremen bis neofaschistischen deutschtümelnden Wiedervereinigungs-Initiativen zur offenen Xenophobie gewandert ist. Weil er vorher mit Figuren wie dem Altnazi Schenke oder dem Neonazi Josewski und mit völkischen Reinheitsaposteln aus dem Koblenzer Eichberg-Schönhuber-Zirkel zusammen gearbeitet hat, schreibt er nun: "Nichts liegt mir also ferner als Ausländerfeindlichkeit". Der Artikel ist dann eine einzige Hetze um die Behauptung, die von Stolz unterstellte Kriminalität von Migrant/innen koste den "deutschen" Steuerzahler unermessliche Summen Geldes, die verschwörerischen und korrupten Regierungen würden aber diese angeblich wahren Kosten der Zuwanderung Nichtdeutscher dem "Volk" verschweigen, weil sie "ökonomische und politische Profite durch Mißbrauch, Betrug und Organisierte Kriminalität" der Migranten einfahren würden. "Wer die Kosten der Zuwanderung nach Deutschland bilanzieren möchte", so schreibt Stolz hier, "der stößt merkwürdigerweise auf verschlossene Türen, Ressentiments und Verdächtigungen", es würden sogar schon "in verschiedenen Fällen statistische Zahlen nicht mehr erfasst", um - so suggeriert der Artikel - die Unterwanderung und Ausbeutung der Deutschen durch die Nichtdeutschen staatlicherseits zu vertuschen.

Am Ende entwickelt er noch Bürgerkriegs-Phantasien, die später auch Bernd Rabehl vertreten wird: "Von der Faktenamnesie zur präventiven Generalamnestie, von der Ghetto-Gesellschaft zur Ghetto-Guerilla?", überschreibt er ein Kapitel dieses Artikels, auch hier nicht ohne Assoziation an die europäischen Juden. "Ghetto" hieß bekannlich das jüdische Viertel Venedigs, bevor der Name zum generellen Begriff für die Zwangs-Wohnviertel der Juden und schließlich für ihre Ermordung durch die Deutschen und im "Warschauer Ghetto-Aufstand" für die jüdische Gegenwehr gegen die Vernichtung wurde. Assoziation und Suggestion, die rechtsextremen Leser verstehen auch Inhalte zwischen den Zeilen: "Ghetto-Aufstand" damals, "Ghetto-Guerilla" heute, beide Male erscheinen "die Deutschen" als "Volk" bedroht von den Einwanderern aus dem Morgenland. Gerade an solchen Sprachspielen erkennt man, in welchem geistigen Umfeld sich Stolz bewegt. Seine "Verteidigungs"-Rhetorik, die er in den Pamphleten der 80er Jahren gegen die Friedensbewegung und die internationalistische Linke richtet, hat mit der "Zuwanderung als Problem" ein neues Objekt gefunden. Richtete sich die Forderung nach "Befreiung Deutschlands" in den 80ern noch gegen die "Besatzer", die Sieger über Nazi-Deutschland, und gegen die "Reeducation", die Kultur der Demokratie, die Ex-Nazi-Deutschland wieder beigebracht werden mußte, so ist die "Befreiung" heute gegen die "Zuwanderung" gerichtet, eine Rückkehr zum klassischen Rechtsextremismus, der sich gegen die "Zuwanderung" der Juden im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert wandte.

Das Denken des frühere Grünen-Vorstands Rolf Stolz ist Ende der 90er Jahre gänzlich untergegangen in der Wahnvorstellung einer Versklavung der Deutschen an die Zuwanderer, eine Wahnvorstellung, die der des klassischen Antisemitismus, die sich in den "Protokollen der Weisen von Zion" und den darauf fußenden späteren Ideologieschriften der Nazis zeigte, in nichts nachsteht. Allerdings muß man der Wahrheit die Ehre geben: einen weiteren Artikel in einer regierungsoffiziösen Publikation hat Rolf Stolz danach nicht mehr veröffentlicht. Statt dessen wurde er zum ehrlichen Kolumnisten der rechtsextremen Wochenzeitung "Junge Freiheit" und zum Ko-Autoren des weit rechts stehenden CSU-Bundestagsabgeordneten Helmut Koschyk, Jahrgang 1959, aber Vorsitzender der Gruppe "Vertriebene und Flüchtlinge" in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion -- zum Thema "Zuwanderung" publizierten beide gemeinsam. Und während Stolz nach Aussage seines früheren Paten Lippelt ein maoistischer Propagandist des nordkoreanischen Diktators Kim Il Sung war, ist Koschyk heute Vorsitzender der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe.

3.4.3.5 Die NRKA-Leute Bahn, Kraus, Emmrich, Ackermann

Über sie wurde bereits in den vorangegangenen Kapiteln das wichtigste gesagt (vgl. 2.2, 2.4.1, 2.4.3, 2.4.4, 2.4.5 und 2.5). Auch sie mischen bei etlichen der genannten Initiativen mit, darauf wurde mehrfach verwiesen.
Kraus und Emmrich betreiben heute einen "Motorrad- und Lederclub Schwarz Rot Gold", der sich - nach den Mitteilungen in der Club-Zeitschrift zu urteilen - um eine Zusammenarbeit mit den REPs bemüht.

Der neurechte Ideologe Bahn versuchte jahrelang, innerhalb der Linken Verwirrung zu stiften. Heute hat er sich nach eigenen Angaben auf "Ahnenforschung" für "bekannte deutsche Familien" zurückgezogen; im September 1987 schrieb er in "wir selbst" über "den Adel". Tatsächlich taucht er aber immer wieder im religiös-ideologischen Feld des Neofaschismus auf. Der "wir selbst"-Autor Gerd Vonderach hatte Bahn vor kurzem eine zeitlich befristete Stelle ausgerechnet an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg besorgt. In der REP-nahen nationalrevolutionären Zeitschrift "Junge Freiheit" vom Dezember 1989 schrieb Bahn einen Leserbrief, in dem er die "Junge Freiheit" als Ausfüllung der publizistischen Lücke zwischen Bayernkurier und Frey-Presse begrüßt.

Die "wir selbst"-Mitbegründer Ackermann, Emmrich und Kraus sind in den 80ern wie Bahn bei der LDD (vgl. 3.4.2.4), Emmrich und Kraus bei der "Denkschrift" (vgl. 3.4.2.6), Kraus auch bei der "Koordination Friedensvertrag" (vgl. 3.4.2.9).

3.4.3.6 Der Niekisch-Schüler Wolfgang Venohr

Venohr bezeichnet sich selbst als Schüler des rassistischen Agitators Niekisch, der offen zur physischen Vernichtung von Juden und "Welschen" aufgerufen hatte. Ohne Venohr geschah auf der Rechten in den letzten Jahren deutschlandpolitisch kaum etwas. Alle nationalrevolutionären Gruppen und Zeitschriften der 70er und 80er Jahre kamen auf Venohr zu, in fast allen dieser Publikationen war er vertreten. Er konnte aber auch in der SPD-Theoriezeitschrift "Die Neue Gesellschaft" sein Konzept einer "Konföderation Deutschland" publizieren.

Der Journalist Venohr trägt vor allem durch Buchveröffentlichungen zur Verbreitung nationalrevolutionärer Ideen in der demokratischen Öffentlichkeit bei. Von ihm herausgegebene Bücher enthalten meist als Autoren einen Querschnitt durch den Rechtsextremismus. Besonders mit dem Autor der Präambel des neuen Parteiprogramms der REPs, Hellmut Diwald, publizierte Venohr öfter, daneben mit Seiffert, Schweisfurth und Ammon, Rüddenklau, Schenke, auch im "Arndt Verlag", der dem rechtsextremistischen "Bund heimattreuer Jugend" nahesteht.

In den 60er Jahren war Venohr häufig in Schenkes Zeitschrift "Neue Politik" vertreten; dort wetterte er später auch gegen den Film "Holocaust", der den Nazi-Mord an den Juden zum Inhalt hat.

Venohr schuf gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Michael Vogt von der "Danubia"-Buschenschaft (die beim REP-Hochschulverband Geburtshilfe leistete) und vom in Teilen terroristischen RFS (vgl. 2.4.2.1) einen mehrteiligen Film über die Germanen, der ganz im Sinne Niekischs und der breiteren faschistischen Ideologie die Germanen jenseits des geringen historischen Wissens über sie als das bedeutendste Volk Europas idealisiert. "wir selbst"- und "MUT"-Autor Venohr ist in den 80ern beim nationalrevolutionären Aufruf "Den Frieden retten - Deutschland vereinen!" engagiert (vgl. 3.4.2.3), bei der LDD (vgl. 3.4.2.4), der "Offener Brief"-Gruppe (vgl. 3.4.2.5) und der "Denkschrift" (vgl. 3.4.2.6).
Ende der 80er Jahre publizierte er auch im Straube-Verlag des "Nouvelle Droite"-Journalisten Günther Deschner, der mit Alain de Benoist in der Zeitschrift "Nouvelle Ecole" zusammenarbeitete.

3.4.3.7 Der rechtsextreme Sektenprediger Hubertus Mynarek

Siehe auch den Text: Zu Hubertus Mynarek (87 KB).
Wie Johannes Stüttgen gehört Mynarek nicht dem engsten, sondern dem weiteren Umfeld des Spinnennetzes an.
Mynarek arbeitet eng mit der Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft" (DUR) zusammen, spricht bei ihr und schrieb "für ihre Jugendarbeit" ein Buch ("Orientierung im Dasein", München 1979). In der DUR sammelten sich nach 1945 Anhänger und enge Mitarbeiter des NSDAP-Chefideologen Alfred Rosenberg, u.a. aus der DUR entstand in den 50er Jahren das "Deutsche Kulturwerk europäischen Geistes". Wie die antifaschistische Literatur berichtet (z.B. Tauber 1967), sei die Wiking-Jugend u.a. aus der deutsch-unitarischen Jugend heraus mitbegründet worden. Die Mitarbeiterin des "Thule-Seminars" Sigrid Hunke war in den 70ern und 80ern jahrelang Vize- und Ehrenpräsidentin der DUR. U.a. von Mitgliedern der Gemeinde der "Deutschen Unitariern" wurde Anfang der 80er Jahre die rechtsextremistische "Kieler Liste für Ausländerbegrenzung" gegründet, die sich inzwischen weitgehend den REPs angeschlossen hat. Mit Peter Bahn, Henning Eichberg und Werner-Georg Haverbeck (vgl. 3.4.2.8) schrieb Mynarek gemeinsam in dem Buch "Zurück zur Natur-Religion?" (Freiburg 1986), das von dem Unitarier-Funktionär Holger Schleipp herausgegeben wurde. Mynarek stützt sich in seinen religionswissenschaftlichen Arbeiten u.a. auf die Rassisten, Nazi-Propagandisten und DUR-Vordenker Wilhelm Hauer und Sigrid Hunke. Mynarek ist mit der Hauer-Witwe persönlich bekannt und forschte nach eigener Angabe auch "im Hause Hauer".

In seinem Buch "Ökologische Religion" (München 1986) propagiert er einen biologistischen, antidemokratischen Gottesstaat, in dem die als biologisch höherstehend angesehenen "ökoreligiösen Menschen" den Willen eines "göttlichen Naturprinzips" politisch durchsetzen und in dem "Irrläufer der Evolution" (das sollen letztlich auf dem jüdisch-christlichen Weltbild basierende "technisch-utilitaristische" Menschen sein) als Naturzerstörer der Vernichtung im "Kampf ums Dasein" anheimfallen.
Mynarek ist mit Haverbeck bekannt und hielt auch in dessen "Collegium Humanum" Vorträge.
Mynarek hat auch Verbindungen zu den "Achberger Anthroposophen", bei denen er sprach und publizierte (vgl. Josewski, 3.4.2.8).

Er ist bei der Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" dabei und beim LDD-"Anstoß" (vgl. 3.4.2.4 und 3.4.2.6); von LDD-Mitgliedern wird er als linker "Freireligiöser" ausgegeben.

3.4.3.8 Der Joseph-Beuys-"Meisterschüler" Johannes Stüttgen

Der "Denkschrift"- und Memorandum-Unterzeichner Stüttgen (vgl. 3.4.2.6 und 3.4.2.15) war Anfang der 80er Jahre bekannt mit dem Sprecher des NRKA und Unterzeichner des LDD-"Anstoß", dem Nationalrevolutionär Armin Krebs. Bei dem Parteiausschlußverfahren, das der Landesvorstand der Grünen NRW 1983 wegen der Politik des NRKA gegen Krebs betrieb, vertrat Stüttgen seinen Freund Krebs als "Beistand" vor dem Parteischiedsgericht. Seine Position veröffentlichte Stüttgen anschließend in "wir selbst" (Heft August/September 1984). In "wir selbst" Nr. 1/1984, in dem auch Höffkes und der Schönhuber-Berater und REP-Parteiprogramm-Autor Diwald schrieben, ließ sich Stüttgen über das Eichberg-Thema "Deutsche Identität" und "Eigenes und Fremdes" aus. Beide Male setzte er seinem Namen hinzu: "Freie Internationale Universität" (FIU).

Die FIU war von dem Künstler Josef Beuys gegründet worden. "wir selbst" brachte im Heft Nr 1/1982, dem Heft mit der ersten Libyen-Reisegeschichte der "wir selbst"-Redaktion, eine Titelgeschichte zu Josef Beuys. Das "Hochschul- und bildungspolitische Programm" des REP-Hochschulverbandes RHV beruft sich positiv (!) und namentlich auf Beuys.
Die FIU wurde Ende der 70er Jahre von dem "Achberger Anthroposophen" Wilfried Heidt gemanagt, der zu Veranstaltungen der FIU den Alt- und Neonazi Werner-Georg Haverbeck, AUD-Haußleiter, Schenke und den Anhänger Otto Strassers Nikolaus Ryschkowsky als Referenten einlud. Für das Kulturzentrum Achberg lud Heidt auch den bereits genannten Heinrich Schirmbeck vom Schenke-Kreis ein. In dem von Heidt 1980 herausgegebenen Buch "Abschied vom Wachstumswahn" schreiben sowohl der Nationalrevolutionär Günther Bartsch als auch Hubertus Mynarek.

In "wir selbst" Mai 1986 schreibt Höffkes über den Anthroposophie-Gründer Rudolf Steiner, auf den sich die "Achberger" berufen. Steiner entstammte ursprünglich der antisemitischen "Theosophischen Gesellschaft", die in Teilen in die historische "Thule-Gesellschaft" und mit dieser in die NSDAP mündete; Steiner löste sich selbst ideologisch überwiegend von den Theosophen.

Heidt und Stüttgen betreiben heute die "Aktion Volksentscheid".

Josef Beuys war vor seinem Beitritt zu den Grünen Bundestagskandidat für die Freisoziale Union (FSU) der Anhänger Silvio Gesells. Heidt hat versucht, die abstruse ökonomische Theorie Gesells (noch abstruser) weiterzuentwickeln. Die Gesell-Anhänger hatten bereits in den 20er Jahren Verbindung zu völkischen Gruppen; das hat sich nach 1945 nicht geändert.

Die politischen Schriften des Künstlers Josef Beuys drehen sich um eine organische Gesellschaftsvorstellung, wie sie sowohl in der faschistischen Ideologie selbst als auch in den ideologischen Vorläufern und Seitensträngen der 10er und 20er Jahre zu finden ist. Die antidemokratischen Konsequenzen dieser politischen Schriften sind bisher nicht herausgearbeitet worden. Beuys gilt nach wie vor als Linker, obwohl er z.B. mit seinen politischen Aussagen gegen das staatlich organisierte Bildungswesen und zugunsten von Privatschulen Errungenschaften der Linken angriff.

Johannes Stüttgen versteht sich als Verwalter des politischen Erbes von Beuys. Er ist ein oft und gern gesehener Gast im Bundestagsbüro der Grünen Antje Vollmer. Die bisher letzte "wir selbst"-Nummer vom Dezember 1988/Januar 1989 brachte nicht nur einen von Franz Schönhuber verfaßten Kommentar, sondern auch den Nachdruck eines Artikels von Antje Vollmer aus der Zeitschrift "Kommune", in dem Vollmer sich eher positiv zur staatlichen Einheit der Deutschen äußert. Vollmer hat angeblich von dem Nachdruck in "wir selbst" nichts gewußt, jedoch kann es sich keine Zeitschrift presserechtlich erlauben, Artikel anderer ohne deren Genehmigung abzudrucken.

Antje Vollmers Bundestags-Mitarbeiter Bernd Ulrich vertritt in einem von der "taz" (14.9.89) veröffentlichten Thesenpapier die Ansicht: "Es ist nicht alles nur dumm, was die REPs sagen", während die anderen Parteien nach Ulrichs Meinung "Lügendiskurse" betrieben, insbesondere bei der "Deutschlandpolitik". Ulrich wendet sich gegen den Antifaschismus mit der Forderung "Freiheit für die Feinde der Freiheit!".

In der Bundestagsdebatte um die deutsche Einheit vom November 1989 sprach sich Vollmer als Sprecherin der Grünen-Fraktion klar für die Zweistaatlichkeit der Deutschen aus.
Am 15.11.89 berichtete die "taz", Vollmer habe mit Bernd Ulrich "ein Modell der 'sanften Zweistaatlichkeit' formuliert...Für die ist eine Konföderation bereits das Ziel und nicht ein 'Vehikel zur Einstaatlichkeit'".

Im Januar 1990 bringt die Vollmer-Gruppe "Grüner Aufbruch" ein Papier zur "Ökologischen Konföderation" heraus, in dem es heißt: "Was muß die Konföderation leisten?...Endlich einen Friedensvertrag. Mit dem konföderierten Deutschland wird er schnell geschlossen werden können".

3.4.4 "wir selbst"-Unterstützung für diese Initiativen

"wir selbst" hat die genannten Initiativen immer wohlwollend begleitet, wie bereits deutlich wurde. Das nationalistisch-faschistische Syndrom aus der Forderung nach staatlicher Einheit aller Deutschen bzw. Deutschsprachigen, aus Antiamerikanismus bzw. antiwestlichen Ressentiments allgemein, Bekämpfung der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs inklusive der Demokratisierung der Deutschen durch die Sieger über den Faschismus als "Kolonialisierung" und "Charakterwäsche", der Hinwendung zum völkisch "Eigenen", das die Deutschen von anderen unterscheide, und der Ablehnung des Antifaschismus bildete die ideale gemeinsame Basis des Spinnennetzes mit den "wir selbst"-Machern.

Außer dem Themenfeld Libyen brachte "wir selbst" seit seinem bestehen fast ausschließlich Titelgeschichten zur "deutschen Frage": "Was soll bloß aus Deutschland werden?", "Blockfreiheit oder Besatzungsstaat","Entkolonisierung der Deutschen", "Staat oder Nation - Abschied vom Vaterland?", "Neutralität für Deutschland - Versuchung oder Chance" usw. lauteten die Titelblätter der Zeitschrift.

Bereits im Oktober 1984 hatte die Zeitschrift auch ein großes Portrait und Interview mit AUD-Haußleiter gebracht, daß von der Redaktion durch eine als Sinnspruch gesetzte Aussage Alfred Mechtersheimers abgeschlossen wurde.

In "wir selbst" Mai 1986 schrieb Peter Bahn gegen die Kritik der Antifaschisten an dieser Art von "Friedensbewegung" an. Er verglich die Antifaschisten mit der EAP - was Rolf Stolz ihm sodann gleichtat.

Zum Schluß machte der Verlag eine Abo-Werbeaktion, in der er vier exemplarische Hefte aus den 80er Jahren als Paket zum Sonderpreis anbot. Es waren dies die Hefte "Deutsche Positionsbestimmungen" (11/86) mit einem Beitrag des Rassisten Lothar Penz, einem über die Friedensbewegung und Eichbergs Libyen-Artikel über den Wüsten-Mystiker Gaddafi; "Neutralität für Deutschland" (September 87) mit dem Friedmann-Papier, einem Exklusivbeitrag Günter Kießlings (auf Kießlings Buch "Neutralität ist kein Verrat" wird später ein großer Teil des deutschlandpolitischen Konzepts 1989 der REPs basieren) und einem Artikel des Generalmajors a.D. Jochen Löser, in dem dieser sich auf den Chefdenker des europäischen Neofaschismus Alain de Benoist bezog; die von Schrenck-Notzing in der WELT rezensierte Ausgabe mit dem Eichberg-Artikel über "Fremdes und Eigenes" und die Ausgabe vom Januar 87 mit dem Schöhuber-Interview als Titelgeschichte. Mit diesem Werbepaket hat "wir selbst" den ideologischen Rahmen umrissen.

Jahrelang hatte "wir selbst" eine ganzseitige Selbstanzeige des "wir selbst-Büchermarktes" im Heft. Es wurden immer dieselben acht Bücher präsentiert, darunter: Venohr und Diwalds "Dokumente deutschen Daseins", Venohrs "Ohne Deutschland geht es nicht" (mit Diwald, Seiffert), "Die deutsche Nation" von Bernhard Willms, Eichbergs "Nationale Identität" und schließlich die Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" aus Mechtersheimers ibf-Verlag. Als Werbetext zu diesem letzten Buch druckte der "wir selbst-Bücherdienst" wörtlich zwei Abschnitte aus dem Vorwort Mechtersheimers zu dieser "Denkschrift".

Wie gut man sich versteht! Man spricht dieselbe Sprache, von Gaddafi über Mechtersheimer bis Schönhuber.


4.   Gaddafi - Mechtersheimer -
       Schönhuber: 
      Eine chronologische Bilanz
   

1979: die nationalrevolutionäre Zeitschrift "wir selbst" wird von NPD-nahen Neofaschisten mit der innenpolitischen Zielrichtung auf die Friedensbewegung gegründet; man propagiert die staatliche Einheit der Deutschen als Mittel der Friedenspolitik.
In der ersten Nummer schreibt ein Vertreter der Presseabteilung der libyschen Botschaft in Bonn. Derartige Artikel finden sich jetzt kontinuierlich im Blatt. Verleger Siegfried Bublies hat in der Bundesrepublik die Alleinvertriebsrechte an Gaddafis "Grünes Buch". Später heißt es, Gaddafi habe die "wir selbst"-Gruppe direkt finanziell unterstützt.

1981: "wir selbst"-Vertreter zu Gast in Libyen;
lobender "wir selbst"-Artikel über die Arbeit Ammons und einiger Nationalrevolutionäre in der Berliner AL-Deutschland-AG, einer Keimzelle späterer "Friedensinitiativen";
Brandt/Ammons "Die Linke und die nationale Frage" erscheint mit Beiträgen des "wir selbst"-Vordenkers Eichberg und Niekischs.

1982: Venohrs Buch "Die deutsche Einheit kommt bestimmt" erscheint, eine zweite Keimzelle; Autoren sind die Personen, die in den 80er Jahren größtenteils diese Diskussion im Neofaschismus bestimmen werden: Hellmut Diwald, Venohr selbst, Theodor Schweisfurth, Herbert Ammon und Peter Brandt, Wolfgang Seiffert, Harald Rüddenklau.
"wir selbst" bringt laufend Artikel über die Friedensbewegung und die deutsche Einheit.

März 1982: Alfred Mechtersheimer und Roland Vogt treffen Gaddafi in Wien

Mai 1982: der libysche Botschafter in Bonn, Mechtersheimer und Vogt treffen sich beim "Hambacher Fest".

Juli 1982: Mechtersheimer, Vogt und Schily fahren nach Libyen und treffen Gaddafi.

Dezember 1982: Mechtersheimer gründet mit 25.000 DM das Informationsbüro für Friedenspolitik, in dem später die Ammon/Schweisfurth-"Denkschrift" erscheint;
eine erste Bilanz Eichbergs über die neofaschistischen Bemühungen um die Friedensbewegung in "wir selbst".

Januar 1983: Mechtersheimer kauft für 600.000 DM ein Haus am Starnberger See und zahlt einen Teil der Summe in bar.

1983: Mechtersheimer mietet ein Haus in Weilheim mit einem misteriösen Telefonanschluß;

eine zweite "wir selbst"-Gruppe reist zu Gaddafi nach Libyen, "wir selbst" druckt ein Gaddafi-Interview, in dem dieser hofft, "daß sich aus der grünen Bewegung auch eine Bewegung zur Befreiung ganz Deutschlands entwickelt"
weitere "wir selbst"-Artikel über Friedensbewegung und deutsche Frage;
Schweisfurth präsentiert seine deutschland- und friedenspolitischen Ideen in Mechtersheimers Zeitschrift "Mediatus";
"wir selbst" setzt seine Artikel über Friedensbewegung und deutsche Einheit fort.

November 1983: Treffen von "europäischer Friedensbewegung" und arabischen Politikern, das Mechtersheimers Institut mit vorbereitete, in Österreich, organisiert von einem österreichischen "PR-Laden für Khadhafi" (so die Grünen);
im selben Monat die nationalrevolutionär beeinflußte "Kölner Konferenz Grünalternative Bewegung und deutsche Frage".
im selben Monat Gründung der REPs durch Schönhuber u.a.

Dezember 1983: Schönhubers "Deutschlandrat" mit den "wir selbst"-Autoren Diwald, Willms und Seiffert will Friedensbewegung und "deutsche Frage" zusammenbringen und knüpft dabei an den Schenke/AUD-"Deutschland-Rat" der 60er Jahre an.

Frühjahr 1984: Mechtersheimer will 25.000 DM aus unklaren Quellen für eine von Libyen auf Malta offenbar mitveranstaltete Konferenz "für Friedens-, Befreiungs- und Alternativbewegungen" gesammelt haben. Mechtersheimer nimmt an der Konferenz teil;
Mechtersheimer bringt in die ibf-GmbH als Betriebskapital einen Mercedes im Wert von 24.000 DM ein;
die nationalrevolutionäre Anzeige in der FR u.a. mit den "wir selbst"-Autoren Schweisfurth, Venohr und Seiffert und dem "Danubia"-Sprecher und RFS-Funktionär Michael Vogt, dem "Unitarier" und späteren REP-Mitglied Bednarski sowie Kaltenbrunner von Schrenck-Notzings "Criticon" als Unterzeichnern erscheint, man beruft sich ausdrücklich auf Niekisch;
"wir selbst" bringt ein Interview mit dem libyschen Botschafter in Bonn, in dem dieser Friedensbewegung und deutsche Einheit verbindet;

Ende 1984: Die LDD des Ammon- und Mechtersheimer-Freundes Rolf Stolz wird von Nationalrevolutionären der "wir selbst"-Gruppe mitbegründet, etliche Unterstützer des LDD-"Anstoß" kommen auch aus der AUD Haußleiters;
die "Offener Brief"-Gruppe der "wir selbst"-Autoren Seiffert und Venohr wendet sich an die Grünen und will die deutsche Einheit, "wir selbst" druckt den Text;
"wir selbst" bringt ein Portrait von AUD-Haußleiter mit einem Sinnspruch Mechtersheimers.

1985: Mechtersheimer verliert durch Wertpapierbetrug 35.000 DM;
die LDD verliert Auseinandersetzungen mit Antifaschisten;
der "wir selbst"/"Mediatus"-Sonderdruck erscheint als Zusammenarbeit von Mechtersheimer und der neofaschistischen "wir selbst"-Gruppe.

März 1985: Die "Denkschrift" von Ammon und Schweisfurth erscheint hektografiert als Heft; gleichzeitig druckt "wir selbst" Auszüge und bedankt sich bei Mechtersheimer für die Abdruckgenehmigung.

Ende 1985: Der neofaschistisch beeinflußte "Initiativkreis Friedensvertrag" trifft sich, mit dabei: "wir selbst"-Autor, Stolz-Freund, "Mediatus"- und Mechtersheimer-ibf-Autor Herbert Ammon und Mechtersheimers Libyen-Begleiter Roland Vogt;
zur "Koordination Friedensvertrag" des Mechtersheimer-Freundes Stolz rufen ehemalige AUD-Mitglieder und Nationalrevolutionäre auf; u.a. unterzeichnen Mechtersheimers Libyen-Begleiter Roland Vogt und der "wir selbst"-, "Mediatus"- und Mechtersheimer-ibf-Autor Schweisfurth die Abschlußerklärung;
die "Denkschrift" erscheint mit etlichen Unterzeichnern aus der "wir selbst"-Gruppe in Mechtersheimers ibf-Verlag als Buch; mit bei den Unterzeichnern: der Alt- und Neofaschist Schenke, der 1975 in seinem Holsten-Verlag die erste Gaddafi-Biographie herausbrachte.

1986: "wir selbst" druckt die Abschlußerklärung der "Koordination Friedensvertrag" prompt;
die rechtsextreme Zeitung "student" lobt Ammon, Schweisfurth und Stolz in einem zweiseitigen Artikel.

Mai 1986: Der SPIEGEL berichtet über die Finanzierung von neofaschistischen Organisationen durch Gaddafi; zu ihnen gehört auch die britische "National Front", die mit dem deutschen GDS zusammenarbeitet, bei dem Schweisfurth 1987 sprechen wird.

1987: Mechtersheimer kommt als parteiloser Kandidat auf der baden-württembergischen Landesliste der Grünen als Abgeordneter in den Deutschen Bundestag;
er unterschreibt die "Verleumdungs und Diskussionsverbote"-Erklärung gegen die Antifaschisten, gemeinsam mit seinem Libyen-Begleiter Roland Vogt;
Eichberg schreibt in "wir selbst" über seine geistige Verwandtschaft mit Gaddafi;
"wir selbst" bringt als Titelgeschichte ein Interview mit Franz Schönhuber; die Schönhuber-Berater Willms und Diwald sind bereits "wir selbst"-Autoren;
Schweisfurth spricht beim GDS zur deutschen Einheit.

Mai 1987: Das Friedmann-Papier macht die Verbindung von Friedenspolitik und deutscher Einheit als rechtes Politikkonzept in den Massenmedien deutlich; "wir selbst" druckt das Friedmann-Papier.

1988: Mechtersheimer reist wieder nach Libyen und trifft Gaddafi;
Mechtersheimer arbeitet an einem Stiftungsprojekt, das mit 10 Millionen Dollar Gaddafi-Geldern bezahlt werden soll und Gaddafis Namen tragen soll; Mechtersheimer ist Mitglied des Stiftungsrates;
Mechtersheimer gibt der österreichischen Zeitung "moz" ein Interview, in dem er sich breit über den zwei Jahre alten Überfall der US-Army auf Libyen ausläßt; der Verlag der Zeitschirft "moz" ist in den versuchten Handel hochgiftiger Chemikalien nach Libyen verwickelt.

1989: In der "Memorandum"-Gruppe wenden sich u.a. Stolz, Ammon, Schweisfurth, Mechtersheimer und sein Mitarbeiter Schmidt-Eenboom, die allesamt bereits in "wir selbst" als Autoren vertreten waren, an Gorbatschow wegen Frieden und deutscher Einheit;
"wir selbst" läßt Schönhuber einen Kommentar schreiben und druckt einen Artikel von Antje Vollmer nach;
Schmidt-Eenboom diskutiert in Mechtersheimers "Mediatus" die Zusammenarbeit mit der "Friedensbewegung NPD" und läßt Leserbriefe von Institutsmitgliedern drucken, die diese Zusammenarbeit bis hin zur Unterstützung der NPD befürworten;
in "Mediatus" schreibt der "wir selbst"-Vordenker Eichberg und empfiehlt dabei unvermittelt ein Buch Zieglers, Mitglied in der Jury des von Gaddafi gestifteten "Menschenrechtspreises", Stiftungskapital: 10 Millionen Dollar;
Mechtersheimer reist überstürzt und als einziger Politiker der westlichen Welt zur Chemiefabrik ins libysche Rabta und erklärt nach seiner Rückkehr wahrheitswidrig, Rabta sei keine Chemiewaffenfabrik;
aus der Burschenschaft "Danubia", dem GDS, dem RFS u.a. wird der REP-Hochschulverband gegründet;

November 1989: Schweisfurth wird als der Erfinder der Idee "Konföderation Deutschland" gefeiert, die Bundeskanzler Kohl im Bundestag präsentiert; Mechtersheimer wirft seiner Fraktion vor, eine "grüne animalische Angst" vor der Wiedervereinigung zu haben und fordert diese Vereinigung vehement.

Januar 1990: Nachdem die SPD die Konföderation als Ziel ihrer Politik der staatlichen Vereinigung "Deutschlands" auf dem Berliner Parteitag beschlossen hat, darf Peter Brandt in der SPD-Mitgliederzeitschrift "Vorwärts" über "Die Linke und die nationale Frage" schreiben, als wäre er niemals Teil der Geschichte der nationalrevolutionär-neofaschistischen Deutschlandpolitik der 80er Jahre gewesen;
Rolf Stolz gründet mit der Grünen-Europaabgeordneten Eva Quistorp, dem Grünen-MdB Eckhart Stratmann und dem Libyen-Kontakter Rolnd Vogt - alle schon bei der "Verleumdungs- und Diskussionsverbote"-Erklärung von 1987 dabei - die "Initiative für eine andere Grüne Deutschlandpolitik".
 

5.    Nachwort        

Gaddafis Verwicklung in die nationalrevolutionäre Antwort auf die "deutsche Frage" könnte als Treppenwitz der Geschichte behandelt werden, wenn diese gesponserten Projekte nicht Einfluß in relevante politische Parteien wie die REPs, den Stahlhelm-Flügel der Union, aber auch die Grünen oder die SPD gewonnen hätten.

Das Aufwärmen der nationalsozialistisch-arabischen Koalition zu einem Zeitpunkt, wo das deutsche Kapital als Führungsmacht der EG sich auf einen neuen Endkampf, gegen Japan und USA, vorbereitet, wo die euro-nationalistische Ideologie der Neuen Rechten mit den Wirtschaftsinteressen der EG hervorragend übereinstimmt, wo IG-Farben-Nachfolger nicht genehmigten Chemiegift-Handel mit islamischen Giftgas-Staaten betreiben -- dies alles ergibt ein Mosaik, zu dem die Gaddafi-Mechtersheimer-Schönhuber-Linie ein paar Steinchen beiträgt. Die möglich erscheindende nazi-arabische Giftgas-Koalition gegen die Juden ist dabei nur der schamlose Gipfel der politischen Ökonomie. Das starke vereinigte Deutschland als Kern des Europa vom Atlantik bis zum Ural - wer könnte sich gegen diese Macht stellen! Der europäisch-amerikanisch-japanische Konkurrenz-Konflik ist angesagt, nicht die globale Kooperation einer von der geschundenen Natur bedrohten Menschheit. Die sozialreformerischen, nationalrevolutionären Phantasten des Faschismus wurden schon einmal erfolgreich ausgebootet, nachdem sie ihre Schuldigkeit getan hatten. Diesmal wird es nicht anders sein.

Es mag auch nur ein Treppenwitz sein, daß der langjährige Präsident der "deutschgläubigen", von Anhängern und engen Mitarbeitern des antisemitischen Nazi-Chefideologen Alfred Rosenberg gegründeten Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft", die mehrfach genannt wurde und der die herausragende deutschsprachige Ideologin der Neuen Rechten, Sigrid Hunke, fast zwei Jahrzehnte als Vize- und Ehrenpräsidentin vorstand, daß dieser Präsident Horst Prem ausgerechnet als Ingenieur in der geheimen Entwicklungsabteilung des Waffen-, Luft- und Raumfahrtkonzerns MBB Ottobrunn arbeitet. Treppenwitz oder nicht - die arabischen Interessen an Waffenkäufen sind ebenso bekannt wie der Versuch, mit Hilfe der Fusion von MBB und Daimler-Benz den führenden europäischen Weltraumkonzern zu schmieden; daran hat Daimler-Chef Edzard Reuter nie einen Zweifel gelassen. (Reuters Onkel Otto Sigfrid Reuter war übrigens ungeachtet seiner Abstammung von jüdisch glaubigen Menschen der Gründer und Führer einer deutschgläubigen, völkisch-rassistischen Sekte zu Beginn dieses Jahrhunderts - es ist ja nicht die Linke, die soviel Wert auf "Sippe" legt! Otto Sigfrid Reuters Bücher werden vom "Thule-Seminar" zum eigenen geistigen Erbe gezählt, vgl. Krebs 1988, S. 368). In demselben Buch "Mut zur Identität" des "Thule-Seminars", in dem Sigrid Hunke (die sich in ihrer Promotion bei dem SS-Rassepsychologen L.F. Clauß 1940 so häufig auf das SS-Organ "Das Schwarze Korps" bezog) über "Europas eigene Religion" schreibt, meint der Zweite Mann der französischen Nouvelle Droite, Guillaume Faye: "Es ist daher wichtig, zumal sich unsere Götter nun im Kosmos befinden, diese europäische techno-wissenschaftliche Kultur mit der Eroberung des Weltraums fortzusetzen, die für die Europäer ferner den Schlüssel zu ihrer strategischen und militärischen Unabhängigkeit bildet" (Krebs 1988, S. 250).

Unsere "eigenen" Götter, das soll die angeblich eigene (vgl. den Titel "wir selbst" und das Konzept der "nationalen Identität", zu der hier auch die "Techno-Wissenschaft" als ureuropäische Entwicklung gezählt wird), ureuropäische Gottesvorstellung sein, die z.B. von den erwähnten Henning Eichberg, Peter Bahn, Hubertus Mynarek oder Gerda Degen vertreten wird, die der von der RFS-Zeitung "student" gelobhudelte Nazi Wilhelm Hauer mitentwickelte und die gegen das jüdisch abstammende Christentum und die aus ihm abgeleiteten Gleichheitsforderungen des Liberalismus und des Sozialismus gesetzt werden soll (vgl. auch Gaddafis Position zur "Nationalreligion" in Kapitel 2.3.3). Das "Thule-Seminar" versteht sich als Keimzelle dieses "Kulturkriegs" (Pierre Krebs), der am philosophisch-weltanschaulichen Urgrund ansetzen will. Der "germanische" Antisemitismus trifft sich mit dem rechtsextrem-nationalistischen arabischen Antizionismus - und das "Thule-Seminar" hält im Juni 1988 im libyschen Benghazi eine Veranstaltung über "Les conditions et la nécessité d'une alliance euro-arabe" ab! Zufall oder Treppenwitz?

Der ehemalige Offizier der Armee des deutschen Kapitals Alfred Mechtersheimer, der vorgibt, eine Giftgasfabrik nicht von einer Arzneifabrik unterscheiden zu können und der vom "Thule-Seminar" (wie P. Brandt, Ammon, Diwald, Eichberg, Höffkes) als wichtiger "geopolitischer" Denker empfohlen wird (vgl. Krebs 1988, S. 375), mag von solchen Bezügen so wenig wissen wollen wie der Teil der Grünen-Bundestagsfraktion, der ihn und seine nationalrevolutionären Anhänger 1987 unterstütze. Das subjektive Selbst-Verständnis des Einzelnen ist geschichtlich weniger maßgeblich als die politischen Einbrüche, die der Einzelne objektiv zu erzielen vermag. Die Einbrüche, die von der Neuen Rechten in den 80er Jahren in die Linke, bei Grünen und SPD erzielt wurden, scheinen zu einem Teil die Politik der Linken in den 90ern zu bestimmen. Auch auf der Linken entdeckte man - ausgesprochen oder (noch) nicht - die internationalistische Frankfurter Schule mit ihrem liberalistischen "Verfassungspatriotismus" und ihren marxistisch fundierten sozialen Forderungen als Gegner; Fichter, Schmidt-Eenboom, Peter Brandt sind Beispiele dafür.

5.1    Am deutschen Wesen soll Europa genesen:
          Die Hegemonie der sozialdemokratischen
          Großmacht "Deutschland"

Der Bildungsreferent beim SPD-Parteivorstand Tilman Fichter ist nicht der einzige prominente Sozialdemokrat, der links und rechts verwechselte. Der deutschlandpolitische Sprecher der Berliner SPD, der Bundestagsabgeordnete Prof.Dr. Gerhard Heimann, fühlte sich genötigt, die unter Kapitel 3.4.2 dargestellten nationalrevolutionären "Friedensinitativen" in Schutz zu nehmen. Sein Artikel "Die Last der Geschichte - Die Linke darf Fragen nach der deutschen Identität und der Mitte Europas nicht ausweichen" aus dem Sozialdemokratischen Pressedienst vom 26.6.1987, in dem er die Deutschland-Vereiniger verteidigt und sich gleichzeitig für die Zweistaatlichkeit stark macht, erregte die Konservativen wegen des letzteren Teils (vgl. FAZ 2.7.1987). Laut FAZ vom 1.7.87 teilte der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Steinke dazu mit, daß Heimann die Meinung der SPD-Bundestagsfraktion vertreten habe. Man kann zu seinen Gunsten vermuten, daß Heimann nichts, aber auch gar nichts von der Wirklichkeit dieser Initiativen wußte, nicht einmal über ihre Feindschaft gegenüber dem KSZE-Prozeß. Am 6. und 7. Dezember 1989 meldet sich Heimann am selben Ort mit aktuellen Betrachtungen über "Das Ende der Nachkriegsordnung - Gedanken zu den Veränderungen im Osten und ihre Bedeutung für Europa" zu Wort.

Man muß nicht nur die beiden Artikel im Zusammenhang sehen, sondern auch die Tatsache, daß die Zeitung "student" vor einiger Zeit eine Anzeige für die "Hamburger Burschenschaftlichen Schriften" druckte, neben Anzeigen für "MUT", für die nationalrevolutionäre Zeitschrift "Scheidewege" der Jünger-Brüder (in der z.B. Mynarek publizierte), für den "wir selbst"-Verlag Bublies und Höffkes Koblenz, das Nationaleuropäischen Jugendwerk usw. Autoren dieser "Burschenschaftlichen Schriften" waren laut dieser Anzeige u.a.: Michael Vogt von der "Danubia"-Burschenschaft, Harald Rüddenklau, Horst Groepper, Gerhard Heimann.

Angesichts der neuen Perspektive eines deutsch-vereinigt geführten Gesamteuropa läßt sich Gerhard Heimann 1989 im SPD-Pressedienst noch einmal über die Souveränitätsdefizite des Phantoms "Deutschland als Ganzes" aus und präsentiert befreiungsnationalistisches Pathos statt einer Politik der Kooperation zur Lösung der Menschheitsprobleme: Die Nachkriegsordnung sei den Europäern "aufgezwungen" worden, ein "Kondominium" der USA und der UdSSR. Die USA trügen Mitschuld an der Berliner Mauer und dem Leid, das sie verursacht habe, weil Amerika im "stillschweigenden Einverständnis" mit der UdSSR und im "diplomatischen Zusammenspiel von Chruschtschow und Kennedy" das "Kondominium" aufbauten - Besatzungskomplizen unterjochen Europa. Europa aber "ruht seither". Als hörte man Ernst Nolte sprechen, schreibt Heimann, die Völker Osteuropas seien "von der Herrschaft Hitlers unter die von Stalin" gekommen. Heimann befürchtet, die Sieger des Zweiten Weltkrieges könnten sich des Grundes erinnern, weshalb sie diesen Krieg führen mußten. Er schreibt: "In der beschriebenen offenen Lage (November/Dezember 1989, d.V.) die Einberufung einer Vier-Mächte-Konferenz über Deutschland zu fordern, ist aus deutscher Sicht wenig vernünftig; es sei denn, man will die Vier Mächte ausdrücklich auffordern, den Deutschen die Grenzen ihres Handlungsspielraumes zu zeigen, bevor sich ein neuer deutscher Größenwahn einstellt. Besser wäre es, die Deutschen wüßten selbst, was sie wollen, wollen können und was nicht". Wie schon Alain de Benoist sagte: "Auf die deutsche Frage kann es nur eine deutsche Antwort geben" (vgl. Vorwort). Heimann: "An der Frage, wie wir unser Selbstbestimmungsrecht ausüben, wird sich entscheiden, ob ganz Europa wieder über sich selbst bestimmen kann". Daß diese Art von Selbstbestimmung, das Beharren auf Souveränitäten, angesichts der nur noch in Abstimmung miteinander kooperativ zu lösenden globalen Probleme nicht mehr angesagt ist, hatte Gorbatschow im Juli 1989 vor dem Europarat in Straßburg deutlich gemacht. Heimann interpretiert dies nun befreiungsnationalistisch um und bringt die alte fixe Idee der Neofaschisten an: "die Sowjetunion spielt die deutsche Karte", als ginge es um Bube, Dame, König und nicht um die materiellen Lebensverhältnisse von Milliarden Menschen. Da scheint die Vorstellung von Politik des Absolutismus durch, während in Wirklichkeit das Volk bereits seine eigenen Karten selbst mischt, siehe DDR oder Rumänien.

Schon in seinem 1987er Artikel hatte Heimann den Kunstgriff geübt, gleichzeitig befreiungsnationalistisch und doch jenseits der Nation zu argumentieren. Blind gegenüber den Entwicklungslinien des europäischen Neofaschismus betrachtete er Nationalrevolutionäre als "Linke" und versuchte sodann, die angestrebte Hegemonie der Deutschen über Europa aus der Antinationalität des geteilten "Deutschland" zu begründen: während Franzosen, Italiener usw. noch in den nationalen Fesseln hingen, so Heimanns Idee, müßten die Deutschen die Nichtexistenz ihrer staatlichen Nation nutzen und sich voll in die übernationale europäische Einigung werfen: "Die Geschichte des mißglückten deutschen Nationalstaates sollte gelehrt haben: Nicht der einheitliche Staat als Ausdruck politischer Selbstbehauptung durch Macht ist der geeignete Identitätsfaktor der Deutschen, sondern ihre spezifische europäische Aufgabe als ein Volk in der Mitte Europas. Die Erfüllung dieser Aufgabe wird aber ersichtlich durch Mehrstaatlichkeit weniger behindert als gefördert." In Richtung "Sonderweg" abgleitend, schrieb er weiter: "Ohne einen Standpunkt, der bewußt als Mitte begriffen und gewollt wird, gibt es nur Orientierung nach der einen oder anderen Seite. Solange die Deutschen in beiden Staaten ihren Mittelpunkt nicht bewußt wieder gewonnen haben, wird es kein Europa geben, das seine Identität anders und übergreifender als die des westlichen oder des östlichen Teils definiert. Auf die Deutschen kommt es an, wenn das ganze Europa als eine in Politik, Wirtschaft und Kultur erfahrbare Realität zurückgewonnen werden soll. Aber nicht kommt es darauf an, ob die Deutschen wieder einen Staat bilden." Der inzwischen SPD-offizielle Vorschlag der deutsch-deutschen Konföderation ist gleichzeitig befreiungsnationalistisch und antinational. Heimann hat den Weg erkannt, der die Deutschen zur Hegemonie über die anderen Europäer führt: "Das Fortbestehen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik hat den unbestreitbaren Vorteil, daß die neue Mittellage der Deutschen nicht wieder zwangsläufig zu politischer Isolierung mit schwankender Orientierung führen muß. Die fortdauernde Zweistaatlichkeit erlaubt der Bundesrepublik, zwei elementare Interessen miteinander zu vereinbaren, die unter einer anderen Konstellation sich gegenseitig im Wege stehen würden. Sie kann im westlichen Bündnis bleiben, solange dies nötig ist, und, für sie noch viel wichtiger, sie kann als treibende Kraft, die mehr als andere den gemeinsamen Markt braucht, die Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft zu einer Politischen Union vorantreiben. Gleichzeitig kann sie, ohne in Widerspruch zu geraten, alle Vorteile nutzen, die sich aus ihrer Nachbarschaft zum anderen deutschen Staat und zur Sowjetunion ergeben."

In seinem chauvinistischen Höhenrausch fuhr Heimann 1987 fort: "Wenn sie (die Bundesrepublik, d.V.) es außerdem fertigbringt, die ihr damit zufallende europäische Schlüsselrolle mit der DDR so zu teilen, daß die menschenfeindliche, das Volk trennende Grenze eine Grenze gemeinsamer Sicherheit, umfassender Partnerschaft und vielfältiger Vernetzung zwischen West und Ost wird, dann wird das deutsche Volk das europäische Volk werden, auch das modernste, weil es gezwungen war, das ohnehin überholte Prinzip des Nationalstaates durch Formen zu ersetzen, die zu einem Modell systemübergreifender, gesamteuropäischer Zusammenarbeit werden können." Die Bedingung ist ja inzwischen erfüllt. Daß Heimann den Superlativ vom "modernsten" Volk Europas beim "europäischen Volk" Europas vermied, ist schon alles, was er noch an Schamgefühl zusammenbringen konnte. Seine Botschaft ist klar: am deutschen Wesen soll Europa genesen, wer als Sizilianer, als Portugiesin oder Holländer geboren wurde, kann sich vor dem eigentlichen europäischen Volk, den Deutschen nämlich, nur noch verstecken. Was Hitler, die Wehrmacht und das deutsche Kapital wohl 1945 nicht begreifen konnten, wird hier als sozialdemokratische Perspektive dargeboten: das Ergebnis des Nazi-Krieges ist nicht das Ende der deutschen Hegemonie über Europa, sondern der Anfang.

Heimann am 7.12.1989: "Ich bin dafür, daß wir unser Selbstbestimmungsrecht so und nicht anders ausüben".

Johannes Rau am 20.12.1989 vor dem Berliner Parteitag der SPD:

"Das einige Deutschland wird ein sozialdemokratisch bestimmtes Deutschland sein".
 

6.    Literatur   

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Wehner, H.: Wandel und Bewährung, Frankfurt 1976

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